Septembermann: Lovestory (German Edition)
agile Senioren in die sechstgrößte Stadt der USA, die doppelt so groß ist wie Berlin und will man von einem Ende an das andere, dauert das annähernd eine Stunde.
An den heißesten Tagen können die Temperaturen fün fzig Grad erreichen, dann bleiben die meisten der über drei Millionen Einwohner in ihren klimatisierten Heimen und vermeiden Anstrengungen jeglicher Art.
Debbie freut sich auf ihren Abstecher nach Deutschland. Während sie im Reiseführer blättert, sieht sie Saschas Schokoladenaugen vor sich, in die sie versinken möchte. Seinen Erzählungen nach ist vermutlich eine deutsche Lady derselben Ansicht. Dies scheint der Smarty, bewusst oder unbewusst, zu verdrängen. Denn, wenn er über diese Misses sprach, erinnert sich Debbie, lag ein eminenter respektvoller und liebenswerter Klang in seiner Stimme.
*
Peters Blut pulsiert siedendheiß bis zum Hals. Hektisch rangiert er seinen Pkw in eine Lücke auf dem Parkplatz des Klinikgeländes und eilt durch die Gänge.
„Herr Schneider, bei Ihrer Frau haben die Wehen eing esetzt. Bitte nehmen Sie Platz“, begrüßt ihn der Arzt in seinem Sprechzimmer.
„In der fünfunddreißigsten Schwangerschaftswoche? Was bedeutet das für unsere Zwilli nge?“ Er nestelt fahrig an seinem Oberlippenbart.
„Im Moment können wir davon ausgehen, dass die G eburt, als zweimaliger Vorgang, normal verläuft. Gehen Sie zu ihrer Frau, ihre Anwesenheit wird sie beruhigen. Sie liegt im Kreißsaal.“
Der Gipfelpunkt ihrer unbeschwerten Schwangerschaft, sehnsüchtig herbeigesehnt, steht bevor. Ist er fähig, seine Rolle als Geburtsbegleiter zu bewä ltigen, oder kippt er um? Reiß dich zusammen, ballert er sich an. Konzentration! Sein Kinn zuckt. Er atmet tief durch, betritt die Entbindungsstation und die Schwester steckt ihn in einen weißen Kittel.
„Diese Übe rzieher streifen sie über ihre Straßenschuhe“, weist sie ihn an.
Jane lächelt ihm verkrampft entgegen. Sie ist an einem Gurt über ihren Babybauch mit dem Wehenschreiber angeschlossen und Schläuche führen zum W ehentropf. Dunkle Ränder liegen über ihren Wangenknochen.
„Wie geht es dir, Prinzessin?“
„Bis auf die dumpfen Rückenschmerzen und in den Oberschenkeln ist es zum Aushalten.“
Wegen der En tbindung Wochen vor dem errechneten Termin ist sie in Sorge um ihre Babys. Sie könnten Anpassungsschwierigkeiten nach der Geburt haben, Atemstörungen oder Infektionen.
Gra mgebeugt drückt sie Peters Hand. In ihren grünen Augen schimmert es feucht.
„Wir haben die Herztöne Ihrer Säuglinge übers Mikro aufg ezeichnet, sie werden ausreichend mit Sauerstoff versorgt“, verkündet die forsche Hebamme und tätschelt sie auf den Oberarm.
Eine weitere Wehe überrollt sie erbarmungslos und ihr tapferes Lächeln br öckelt. Peter schiebt ihr aufmerksam ein Kissen in den Rücken.
„Warum drückst du es weg?“
„Die Seitenlage ist im Moment optimaler“, schnaubt sie, als der ziehende Geburtsschmerz verebbt.
Nach ihren unbekümmerten anderen Umständen und den schönen Kuschelstunden folgt das knüppeldicke, unerwartete Frühfinale.
Ingrids Tochter hechelt mit verzerrter Mimik.
„Ich will den dicken Bauch loswerden!“
Jane hängt weidenschlaff im Bett und mobilisiert ihre letzten Kräfte.
„Nicht schlecht, Jane , du atmest wie aus dem Lehrbuch.“ Peter ist theoretisch auf die Geburt vorbereitet, aber das praxisnahe Ausgeliefertsein an die Hebamme und des Arztes, zehrt an seinem Nervenband. Panik. Schwäche. Ungeduld. Hilflosigkeit. Freudengefühl. Heidenangst. Gleichwohl, hier und jetzt ein starker Kerl sein zu müssen, zu wollen, wird von ihm erwartet.
Plötzlich nähert sich ein Baby überstürzt dem Geburtsk anal.
„Pressen! Pressen“, animiert die Geburtshelferin und Jane kämpft mit dem Herzen einer Löwin. Sie transpiriert, schlägt mit ihrem Lockenkopf stöhnend hin und her und Peter kühlt ihre schweißgetränkte Stirn mit einem Wasc hhandschuh.
„Entspannen und hecheln“, fordert die Hebamme.
„Der Kopf ist da.“
Das schaut aus wie ein rot und blau gerädertes Etwas. Peter erschrickt.
Die nächste Wehe. Schultern, Ärmchen, Körper und Beine rutschen sekundenschnell hinterher. Timms Geburtsstunde.
Die Schwester fasst ihn unter die Achseln. Das klebrige, zappelnde Neugeb orene gibt mit einem Schrei seine Ankunft kund.
„Ist unser Sohn gesund?“, fragt Jane und hält zitternd den Atem an. Ihre Anspa nnung entlädt sich, als sie eine neue Wehe
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