Septimus Heap 01 - Magyk
unternahm in der Nacht gerne Streifzüge, und so verschloss Tante Zelda die Tür stets mit einem Einwegzauber. So konnte Berta hinaus, aber niemand hinein. Auch Berta nicht. Tante Zelda war vor herumstrolchenden Braunlingen und Marschgespenstern auf der Hut.
Als nun alle bis auf den Lehrling eingeschlafen waren und Berta zu ihrem nächtlichen Ausflug aufbrach, kam der Lehrling auf die Idee, ihr zu folgen. Die Klappe war sehr eng, doch der Lehrling, der dünn wie eine Schlange und doppelt so wendig war, zwängte sich durch den schmalen Durchschlupf und hob dabei mit der schwarzen Magie, die in seinen Kleidern hing, Tante Zeldas Einwegzauber auf. Bald streckte er aufgeregt den Kopf in die kalte Nachtluft.
Berta empfing ihn mit einem scharfen Schnabelhieb auf die Nase, doch davon ließ er sich nicht abschrecken. Seine Angst davor, in der Klappe stecken zu bleiben, mit den Füßen drinnen und dem Kopf draußen, war größer als seine Angst vor Berta. Sein Gefühl sagte ihm, dass es niemand sonderlich eilig haben würde, ihn herauszuziehen, falls er stecken blieb. Daher beachtete er die rabiate Ente nicht und stemmte sich mit aller Kraft ins Freie.
Er lief schnurstracks zum Landungssteg, und Berta setzte ihm nach. Wieder versuchte sie, ihn am Kragen zu packen, doch diesmal war er darauf gefasst. Er schlug nach ihr. Sie stürzte zu Boden und quetschte sich einen Flügel.
Der Magog lag schlafend im Kanu und verdaute die sechsundfünfzig Panzerkäfer. Der Lehrling stieg vorsichtig über ihn hinweg. Zu seiner Erleichterung rührte sich die Kreatur nicht – Magogs nahmen ihre Verdauung sehr ernst. Vom Geruch des Magogschleims musste der Lehrling würgen, doch er ergriff das von Schleim triefende Paddel, und bald war er draußen auf dem Mott und paddelte dem Labyrinth von Kanälen entgegen, die sich durch die Marram-Marschen schlängelten und ihn zum Deppen Ditch bringen würden.
Kaum hatte er die Hütte hinter sich gelassen, wurde ihm in der mondhellen Weite der Marschen mulmig zu Mute. Da der Magog schlief, fühlte er sich schrecklich schutzlos und musste an all die Schauergeschichten denken, die er über die Marschen gehört hatte. Er paddelte so leise wie möglich, um nur ja niemanden zu stören, der nicht gestört werden wollte, oder gar jemanden, der nur darauf wartete, dass er gestört wurde. Um sich herum hörte er die nächtlichen Geräusche der Marschen. Er vernahm das gedämpfte unterirdische Kreischen einer Horde Braunlinge, die eine unvorsichtige Marschkatze in den Wabberschlamm hinunterzog. Und dann ein widerliches Scharren und Glucksen, als zwei große Wassernixen versuchten, sich mit ihren Saugnäpfen an der Unterseite des Kanus festzuhalten und durch den Boden zu nagen. Sie rutschten jedoch am Magogschleim ab.
Kaum waren die Wassernixen fort, erschien ein Marschgespenst. Es war nur ein kleiner weißer Nebelschleier, doch es strömte einen modrigen Geruch aus, der den Lehrling an den Hügel in DomDaniels Versteck erinnerte. Das Gespenst hockte sich hinter ihn und stimmte einen eintönigen Singsang an. Es war das traurigste und unerträglichste Lied, das der Lehrling je gehört hatte. Die Melodie schwirrte und schwirrte ihm im Kopf herum – »Weerrghh-derr-waaah-duuuuuuuu ... Weerrghh-derr-waaah-duuuuuuuu ...«, bis er glaubte, verrückt zu werden.
Er schlug mit dem Paddel nach dem Gespenst, doch das Holz drang durch den heulenden Nebelfetzen, ohne auf Widerstand zu stoßen. Das Kanu geriet ins Schaukeln, und um ein Haar wäre der Lehrling in das dunkle Wasser gefallen. Dann setzte die grässliche Melodie wieder ein, ein wenig spöttisch, denn das Gespenst war sich der Aufmerksamkeit des Lehrlings jetzt gewiss: »Weerrghh-derr-waaah-duuuuuuuu ... Weerrghh-derr-waaah-duuuuuuuu ... Weerrghh-derr-waaah-duuuuuuuu ...«
»Aufhören!«, brüllte der Lehrling, der das Gejaule nicht mehr ertragen konnte. Er hielt sich die Ohren zu und begann mit lauter Stimme zu singen, um die Gespenstermelodie zu übertönen.
»Ich höre nicht zu, ich höre nicht zu, ich höre nicht zu«, grölte er aus vollem Hals. Unterdessen wirbelte das Gespenst triumphierend im Kanu herum. Gewöhnlich brauchte es viel länger, um einen jungen Kerl in ein Nervenbündel zu verwandeln, aber heute Nacht hatte es einen Glückstreffer gelandet. Die Mission war erfüllt, und so dehnte sich das Marschgespenst zu einem flachen Nebelstreifen und schwebte zufrieden von dannen, um den Rest der Nacht über seinem Lieblingssumpf zu hängen.
Der
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