Septimus Heap 01 - Magyk
hervorschlüpfte und zu dem bequemsten Sessel am Kamin hinübersegelte, noch das Rascheln der Seiten, als das Buch sich gehorsam aufschlug und bis zu der Seite blätterte, die Marcia lesen wollte.
Er hörte nicht einmal Marcias spitzen Schrei, als sie auf dem Weg zu dem Sessel beinahe auf ihn trat, zurückprallte und stattdessen auf Berta trat. Im tiefsten Schlaf hatte er einen seltsamen Traum. Er träumte von einer Schar zorniger Enten und Katzen, die ihn durch einen unterirdischen Gang hetzten, dann in die Lüfte trugen und das Fliegen lehrten.
In seinem Traum entrückt, lächelte Junge 412. Er war frei.
* 21 *
21. Rattus Rattus
» W i e bist du denn so schnell zurückgekommen, Junge 412?«, fragte Jenna.
Sie und Nicko hatten den ganzen Nachmittag gebraucht, um zur Hütte zurückzufinden. In den Stunden, die sie im Nebel umherirrten, hatte Nicko zuerst darüber nachgedacht, was seine zehn Lieblingsboote waren, und dann, als er Hunger bekam, was seine absolute Leibspeise war. Jenna hingegen hatte sich die meiste Zeit Sorgen um Junge 412 gemacht und sich fest vorgenommen, in Zukunft viel netter zu ihm zu sein. Vorausgesetzt natürlich, er war nicht in den Mott gefallen und ertrunken.
Deshalb war sie nicht ganz so sauer wie Nicko, als sie durchgefroren und durchnässt, den Nebel noch in den Kleidern, endlich in die Hütte zurückkamen und Junge 412 putzfidel und irgendwie selbstzufrieden neben Tante Zelda auf dem Sofa sitzen sahen. Nicko brummte nur etwas vor sich hin und verschwand, um in der heißen Quelle ein Bad zu nehmen. Jenna ließ sich von Tante Zelda das Haar trocken rubbeln, dann setzte sie sich neben Junge 412 und stellte ihm die Frage: »Wie bist du denn so schnell zurückgekommen?«
Junge 412 sah sie verlegen an, sagte aber nichts.
Jenna versuchte es noch einmal. »Ich hatte Angst, dass du in den Mott gefallen bist.«
Junge 412 sah sie leicht überrascht an. Er hätte nicht erwartet, dass es der Prinzessin etwas ausmachte, ob er in den Kanal fiel oder in ein Loch.
»Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist«, fuhr Jenna fort. »Nicko und ich haben eine Ewigkeit gebraucht. Wir haben uns ständig verlaufen.«
Junge 412 lächelte. Am liebsten hätte er Jenna alles erzählt und den Ring gezeigt, doch jahrelang hatte er Dinge für sich behalten müssen, und das hatte ihn vorsichtig gemacht. Der einzige Mensch, dem er jemals seine Geheimnisse anvertraut hatte, war Junge 409 gewesen. Und obwohl Jenna nett war und ihn irgendwie an Junge 409 erinnerte, war sie doch eine Prinzessin und, was noch schlimmer war, ein Mädchen. Deshalb schwieg er.
Jenna bemerkte das Lächeln und freute sich darüber. Sie wollte gerade noch eine Frage stellen, als Tante Zelda so laut, dass die Flaschen mit den Zaubertränken klirrten, schrie: »Eine Botenratte!«
Marcia, die Tante Zeldas Schreibtisch am anderen Ende des Raums mit Beschlag belegt hatte, schnellte in die Höhe, packte die verdutzte Jenna an der Hand und zerrte sie vom Sofa.
»He!«, protestierte Jenna, doch Marcia nahm davon keine Notiz. Sie hetzte, Jenna hinter sich herziehend, die Treppe hinauf. Auf halber Strecke stieß sie mit Silas und Maxie zusammen, die heruntergestürmt kamen, um die Botenratte zu sehen.
»Ihr sollt doch den Hund nicht nach oben lassen«, schimpfte Marcia und versuchte, sich an Maxie vorbeizuzwängen, ohne dass Hundespucke an ihrem Umhang kleben blieb.
Maxie sabberte aufgeregt auf ihre Hand und jagte Silas nach, wobei er ihr auch noch mit seinen großen Pfoten auf die Zehen trat. Marcia war für ihn praktisch Luft. Er machte sich weder die Mühe, ihr auszuweichen, noch scherte er sich darum, was sie sagte. In seiner Wolfshundwelt war Silas der Rudelchef.
Marcia ließen diese Feinheiten von Maxies Seelenleben kalt. Jenna im Schlepptau, rannte sie an dem Hund vorbei die Treppe hinauf, nur weg von der Botenratte.
»Warum ... warum haben Sie das getan?«, fragte Jenna, als sie im Obergeschoss angekommen waren. Sie rang nach Atem.
»Wegen der Botenratte«, keuchte Marcia. »Wir wissen nicht, was für eine Art von Ratte es ist. Womöglich ist es nicht mal eine amtlich zugelassene Vertrauensratte.«
»Eine was?«, fragte Jenna verwirrt.
»Schon gut«, flüsterte Marcia und sank auf Tante Zeldas schmales Bett, auf dem ein buntes Sortiment von Flickendecken lag. Sie waren das Ergebnis vieler langer, einsamer Abende am Kamin. Marcia klopfte neben sich aufs Bett, und Jenna setzte sich zu ihr.
»Weißt du nicht, was Botenratten
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