Septimus Heap 04 - Queste
ermattet.
»Kann ich den Flug-Charm jetzt wiederhaben? Bitte. Ich werde auch nicht mehr damit herumspielen, das verspreche ich.«
Marcias Antwort fiel so aus, wie er befürchtet hatte. »Nein.«
Meisterin und Lehrling legten die restlichen Meter zum Zaubererturm schweigend zurück, doch als sie den Hof überquerten, rutschte Marcia in ihren Pythonschuhen mit den neuen grünen Knöpfen in einem Drachenfladen aus. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. »Septimus«, bellte sie, »der Drache muss auf der Stelle verschwinden. Ich dulde keine Sekunde länger, dass er den Hof verschmutzt.«
»Aber...«
»Kein Aber. Ich habe bereits alles Nötige veranlasst. Er kommt auf den großen Acker neben dem Palast. Dort wird sich Mr. Pot um ihn kümmern.«
»Billy Pot? Aber ...«
»Ich sagte, kein Aber. Mr. Pot hat viel Erfahrung mit Echsen, und ich bin überzeugt, dass er blendend mit ihm zurechtkommen wird, denn letztlich ist dieser Drache doch nichts anderes als eine riesige ungezogene Eidechse. Der Regen verzieht sich. Du kannst ihn gleich hinüberbringen, bevor der nächste kommt.«
»Aber Feuerspei schläft noch«, protestierte Septimus. »Sie wissen doch, was passiert, wenn ich ihn wecke.«
Marcia wusste es – neulich erst hatte sie in alle Fenster im Erdgeschoss des Zaubererturms neue Scheiben einsetzen lassen müssen –, doch es war ihr gleich. »Keine Ausflüchte, Septimus. Du bringst ihn zu Mr. Pot. Anschließend kommst du umgehend wieder hierher und machst dich an deine erste Projektion. Es wird höchste Zeit, dass du dich wieder der Magie widmest und dir diesen Alchimistenmumpitz aus dem Kopf schlägst, ein für alle Mal. Ab sofort beschäftigst du dich nur noch mit Magie, von morgens bis abends, denn in den nächsten zwei Wochen setzt du keinen Fuß mehr vor den Zaubererturm.«
»Zwei Wochen!«, rief Septimus empört.
»Eventuell sogar vier«, drohte Marcia. »Das hängt ganz davon ab, wie du dich führst. Ich erwarte dich in einer Stunde zurück.« Damit ließ sie ihn stehen, schritt über den Hof und trippelte die Marmortreppe hinauf. Die silberne Tür des Zaubererturms schwang auf, und der Turm verschluckte sie.
Ausnahmsweise einmal wachte Feuerspei auf, ohne Schwierigkeiten zu machen. Er ließ Septimus anstandslos auf seinen Rücken klettern und seinen gewohnten Platz in der Kuhle hinter dem Drachenhals einnehmen, und er verzichtete sogar darauf, zu schnauben und mit dem Schwanz zu schlagen, was er sich neuerdings angewöhnt hatte, wenn Septimus aufstieg. Heute war er lammfromm, wenn man einmal davon absah, dass er einen glühend heißen Luftstoß auf den Mantel des zufällig vorbeikommenden Catchpole abfeuerte, mit der Folge, dass die Luft nach verbrannter Wolle und altem Toast stank.
Da die Zauberer heute zum letzten Mal die Gelegenheit bekamen, einen Start des Drachen aus nächster Nähe zu beobachten, beschloss Septimus, ihnen eine gute Vorstellung zu bieten. Auf sein Kommando »Hoch, Feuerspei!« begann der Drache, langsam und kraftvoll mit den Flügeln zu schlagen, sodass starke Abwinde über den Hof fegten. Es war ein perfekter Start. Septimus lenkte Feuerspei so nahe an den Turm heran wie nur möglich, und langsam stiegen sie höher. Stockwerk um Stockwerk zog an ihnen vorüber. Fenster wurden aufgerissen, blau gewandete Zauberer lehnten sich heraus und klatschten aufgeregt Beifall. Als sie den zwanzigsten Stock erreichten, öffnete sich ein großes Fenster, doch diesmal erhielt Septimus keinen dankbaren Applaus.
»Fünfzig Minuten!«, brüllte Marcia und knallte das Fenster wieder zu. Vor lauter Schreck drehte Feuerspei vom Turm weg, doch Septimus brachte ihn wieder auf Kurs. Sie umkreisten einmal die Spitze der goldenen Pyramide, weil das angeblich Glück brachte, und flogen dann weiter. Das Gewitter hatte sich verzogen. Von Port her klarte der Himmel auf, und die Sonne brach durch die Wolken. Tief unter ihnen glänzten regennasse Dächer, und aus den Pfützen auf den Straßen strahlte gleißendes Licht. Nachdem Septimus sechs Monate lang regelmäßig mit dem Drachen geflogen war und davor drei Monate lang Flugstunden bei Alther Mella genommen hatte, war er ein sicherer Flieger. Und da dieser Flug für eine ganze Weile sein letzter bleiben sollte, wollte er ihn voll auskosten und beschloss, die längere Route zum Palast zu nehmen.
Er flog mit Feuerspei über das Nordtor hinaus und dann über die Anwanden, den Teil der Burg, der ihm am besten gefiel, wieder zurück.
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