Septimus Heap 04 - Queste
Verzückt über den Anblick der vielen Menschen, die am Boden ihrem Tagwerk nachgingen, spähte er nach unten und ließ Feuerspei selbst die Richtung wählen. Er sah Leute, die nach dem Unwetter draußen Wäsche aufhängten, ihre Dachgärten wieder in Ordnung brachten oder den Regenbogen bestaunten, der soeben über den Ackerlanden erschienen war. Beim Rauschen der Flügel weit über ihnen hielten sie inne und winkten – oder machten nur große Augen. Kinder, die aus stickigen Stuben geschickt worden waren, um in der Sonne zu spielen, rannten die offenen Fußwege der Anwanden entlang. Septimus hörte, wie sie mit aufgeregten Stimmen »Drache! Drache!« riefen. Doch Marcias Worte klangen ihm noch in den Ohren, und da er nicht viel Zeit zu vertrödeln hatte, lenkte er Feuerspei widerstrebend in Richtung Palast. Bald, allzu bald näherten sie sich Billy Pots Gemüseacker.
Septimus fand, dass er eine gute Landung hinlegte, doch Billy Pot war anderer Ansicht.
»Vorsicht! Gebt doch auf den Kopfsalat acht!«, schrie Billy, als Feuerspei die Flügel einklappte und den Schwanz auf die Salatsetzlinge plumpsen ließ.
Septimus rutschte vom Rücken des Drachens herunter. »Ich habe Feuerspei gebracht«, sagte er überflüssigerweise.
»Das sehe ich«, erwiderte Billy.
Billy Pot sah zu, wie Septimus dem Drachen den Hals tätschelte und mit der Hand über die glatten Schuppen strich, die vom Flug noch ganz kalt waren. Nach ein oder zwei Minuten fragte er: »Und? Willst du uns nicht miteinander bekannt machen?«
»Doch«, antwortete Septimus, der seinen Drachen nur ungern hier zurückließ.
»Drachen legen nämlich großen Wert auf gute Umgangsformen. Sie möchten vorgestellt werden, wie es sich gehört.«
»Tatsächlich?«, fragte Septimus überrascht. »Na schön. Feuerspei, darf ich dir Billy Pot vorstellen? Und Billy, das ist Feuerspei, der beste Drache der Welt. Das bist du doch, Feuerspei, nicht wahr?« Septimus tätschelte dem Drachen zärtlich die samtige Nase.
Feuerspei beugte den Kopf und schnaubte eine Heißluftwolke aus, die das Kraut einiger Karotten in der Nähe versengte. Billy trat näher. Er blickte in Feuerspeis linkes, rot gerändertes Drachenauge und sagte: »Es ist mir eine Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr. Feuerspei.«
Feuerspei legte den Kopf auf die Seite und sann über Billy Pots Worte nach. Dann senkte er noch einmal den Kopf und rieb seine Nase an Billys grobem Tweedmantel. Billy verlor das Gleichgewicht und fiel rücklings in ein Petersilienbeet. Doch im Nu war er wieder auf den Beinen und tätschelte, nachdem er sich die schmutzigen Hände an seiner Kordjacke abgewischt hatte, Feuerspei den Hals.
»Nun«, sagte er, »ich habe das Gefühl, dass wir gute Freunde werden.«
* 18 *
18. In Fetzen
J e nna war auf dem Weg zurück in den Palast.Die Regenbö, die Marcia und Septimus auf der Zaubererallee erwischt hatte, überraschte auch sie. Die peitschenden Tropfen brannten ihr in den Augen, und der Wind ließ den Mantel um ihre Waden schlackern, als versuche er, ihr ein Bein zu stellen. Sie zog den Kopf ein und rannte los, mit der einen Hand Ullr und den Mantel, mit der anderen Nickos Notizen und Snorris wertvolle Karte festhaltend. Sie lief am Palasttor vorbei schnurstracks zu der windgeschützten Gasse neben dem Palast, die in den Gemüsegarten führte. Als sie in die Gasse einbog, war sie schnell, so schnell, dass ihr, selbst wenn sie aufgepasst hätte, keine Zeit mehr geblieben wäre, der dunklen, schlaksigen Gestalt auszuweichen, die um die Ecke geschossen kam und ungebremst in sie hineinrauschte.
Von der Wucht des Zusammenpralls mit Merrin wurde Jenna nach hinten geschleudert und knallte gegen die Mauer, sodass ihr und Ullr die Luft wegblieb. Merrin schlug der Länge nach hin, rappelte sich aber gleich wieder auf wie eine langbeinige Spinne, funkelte Jenna zornig an und rannte weiter, denn er wollte auf keinen Fall zu spät kommen.
Benommen ließ Jenna Ullr unter ihrem Mantel hervorschlüpfen. Dann stand sie auf und rieb sich den Hinterkopf, an dem bereits eine Beule wuchs. Einen Augenblick lang war sie ganz verwirrt, dann blickte sie zu Boden und fragte sich, was da für merkwürdiges braunes Konfetti in der Pfütze vor ihr schwamm. Und dann begriff sie.
Von plötzlicher Übelkeit ergriffen, sank sie auf die Knie und blickte fassungslos. Nickos Notizen und, schlimmer noch, Nickos Karte waren bei dem Zusammenprall zerdrückt worden, das alte Papier gebrochen, und nun lag sie
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