Septimus Heap 05 - Syren
du hörst mir jetzt zu. Du wirst zwei Dinge tun, bevor ich dich gehen lasse ...«
Merrin horchte auf. Die alte Hexe wollte ihn tatsächlich gehen lassen? Die Angst, auf diese blöde Insel in den Marschen zurückgebracht zu werden und bis ans Ende seiner Tage Kohlsandwichs essen zu müssen, verflog. »Was für Dinge?«, fragte er beleidigt.
»Zunächst einmal wirst du dich bei Barney dafür entschuldigen, was du ihm angetan hast.«
»Ich habe ihm nichts angetan.« Merrin blickte zu Boden.
»Schluss jetzt mit dem Theater, Merrin. Du weißt ganz genau, was ich meine. Du bist über ihn hergefallen, um Himmels willen. Und du hast seinen – vielmehr meinen – Sicherheits-Charm gestohlen.«
»Irgendeinen Charm halt«, knurrte er.
»Dann gibst du es also zu. Entschuldige dich.«
Die Menge schwoll weiter an, und Merrin wollte nur noch weg. »Tut mir leid«, murmelte er.
»Anständig«, verlangte Tante Zelda.
»Hä?«
»Ein Vorschlag: ›Barney, es tut mir sehr leid, dass ich dir so etwas Schlimmes angetan habe, und ich bitte dich um Verzeihung.‹«
Mit größtem Widerwillen wiederholte Merrin ihre Worte.
»Ist schon in Ordnung, Merrin«, erwiderte Barney fröhlich. »Ich verzeihe dir.«
»Kann ich dann jetzt gehen?«, fragte Merrin sauer.
»Ich sagte, zwei Dinge, Merrin Meredith.« Tante Zelda wandte sich an die Menge. »Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden, meine Herrschaften. Ich hätte mit diesem jungen Mann etwas Vertrauliches zu besprechen. Würden Sie uns einen Augenblick allein lassen?«
Die Schaulustigen machten enttäuschte Gesichter.
Merrin fing sich wieder. »Eine wichtige Angelegenheit des Manuskriptoriums«, setzte er hinzu. »Streng geheim und so weiter. Auf Wiedersehen.«
Widerstrebend zerstreute sich die Menge.
Tante Zelda schüttelte fassungslos den Kopf – dieser Bursche hatte vielleicht Nerven. Bevor er ausbüxen konnte, stellte sie ihren klobigen Stiefel auf den Saum seines am Boden schleifenden Umhangs. »Was?«, fragte Merrin.
Tante Zelda senkte die Stimme. »Gib mir die Flasche zurück.«
Wieder blickte Merrin zu Boden.
»Her damit, Merrin.«
Nur äußerst widerwillig zog er die kleine goldene Flasche aus der Tasche und gab sie ihr. Tante Zelda nahm sie in Augenschein und bemerkte mit Schrecken, dass das Siegel erbrochen war. »Du hast sie aufgemacht«, stieß sie zornig hervor.
Ausnahmsweise einmal machte Merrin ein schuldbewusstes Gesicht. »Ich dachte, da ist Parfüm drin. Aber es war schrecklich. Ich hätte sterben können.«
»Wie wahr«, pflichtete Tante Zelda bei und drehte die leere – und viel leichtere – goldene Flasche immer wieder in der Hand. »Weiter, Merrin, und das ist jetzt wichtig. Ich will keine Lügen hören, verstanden?«
Merrin nickte beleidigt.
»Hast du dem Dschinn gesagt, du wärst Septimus Heap?«
»Ja, natürlich. So heiße ich ja auch.«
Tante Zelda seufzte. Das war keine gute Nachricht. »Aber das ist nicht dein richtiger Name, Merrin«, sagte sie geduldig. »Es ist nicht der Name, den dir deine Mutter gegeben hat.«
»Zehn Jahre lang hat man mich aber so genannt«, sagte er. »Ich habe länger so geheißen als er.«
Trotz ihres Zorns empfand Tante Zelda ein gewisses Mitleid mit Merrin. Was er sagte, stimmte. In den ersten zehn Jahren seines Lebens hatte er Septimus Heap geheißen. Sie war sich darüber im Klaren, dass er eine schwere Zeit gehabt hatte, aber das gab ihm nicht das Recht, kleine Kinder zu erschrecken und zu bestehlen.
»Genug davon, Merrin«, sagte sie streng. »Ich muss jetzt noch etwas anderes wissen. Was hast du geantwortet, als der Dschinn dich gefragt hat: ›Was ist dein Begehr, oh Meister?‹«
»Naja...«
»Was na ja?« Tante Zelda versuchte sich vorzustellen, was er sich von dem Dschinn gewünscht haben könnte.
»Ich habe ihm gesagt, dass er weggehen soll.«
Tante Zelda fiel ein Stein vom Herzen. »Tatsächlich?«
»Ja. Er hat mich Dummkopf genannt, da habe ich zu ihm gesagt, dass er weggehen soll.«
»Und? Hat er es getan?«
»Ja. Und dann hat er mich eingesperrt. Ich bin eben erst herausgekommen. Es war furchtbar.«
»Geschieht dir ganz recht«, beschied Tante Zelda knapp. »Jetzt noch eine letzte Sache, dann darfst du gehen.«
»Was denn noch?«
»Wie sieht der Dschinn aus?«
»Wie eine Banane.« Merrin lachte. »Wie eine doofe Riesenbanane!« Damit riss er sich von Tante Zelda los und rannte in Richtung Manuskriptorium davon.
Tante Zelda ließ ihn laufen. »Nun, das dürfte die Auswahl
Weitere Kostenlose Bücher