Septimus Heap 06 - Darke
auf den Gischtnebel über dem Bodenlosen Strudel zu. Nicko rannte nach hinten zum Heck, entriss Rupert, der kein geborener Schiffer war, die Ruderpinne und schrie: »An die Ruder! Alles an die Ruder!«
Sarah, Simon, Lucy und Rupert holten die vier langen Ruder der Annie vom Kajütendach, verteilten sich auf die beiden Seiten des Bootes und tauchten sie ins Wasser. Quälend langsam brachten sie das Boot zum Stehen, bevor es dem bodenlosen Strudel zu nahe kam.
Septimus stand auf. »Ich muss jetzt los, Jenna«, sagte er. »Ich bringe sonst alle in Gefahr.«
»Ach, Sep!«
Septimus nahm Jenna in die Arme, schob sie aber schnell wieder von sich. »Dieser Hexenmantel hat es wirklich in sich. Er prickelt, wenn ich ihn berühre.«
Jenna war entschlossen, das von der positiven Seite zu sehen. »Schön. Das bedeutet, dass er voller Hexenzauber ist. Er wird Nicko und mich sicher durch die Burg bringen.«
»Richtig.« Septimus zwang sich zu einem Lächeln. »Wir sehen uns dann dort.«
»An der Tür zu Verlies Nummer Eins. Wir werden auf dich warten. Wir werden dort sein, das verspreche ich.«
»Ja, ist gut. Ich muss jetzt zu Marcellus.«
»Ja. Bis dann, Septimus.«
Septimus nickte und ging übers Deck nach hinten, vorbei an Simon und Lucy, die wie traurige Möwen auf dem Kajütendach hockten.
»Viel Glück, Sep«, sagte Lucy.
»Danke.«
Simon hielt ihm einen kleinen Charm aus schwarzem Metall hin. »Nimm den, Septimus. Er wird dich durchschleusen.«
Septimus schüttelte den Kopf. Es fiel ihm schwer, in diesem Augenblick ein Hilfsangebot abzulehnen, selbst von Simon. Aber er blieb fest. »Nein danke. Ich nehme von niemandem Sicherheits-Charms an.«
»Dann lass dir einen Rat geben: Halte dich immer links.«
Marcellus tauchte gerade aus der Luke auf, als Septimus die Kajüte erreichte.
»Es wird Zeit, Lehrling«, sagte er mit einem nervösen Blick auf Sarah. Er hatte soeben ein anstrengendes Gespräch mit ihr geführt und ihr einzuschärfen versucht, dass sie Septimus gehen lassen müsse, ohne ihn aus der Fassung zu bringen. Er war sich nicht sicher, ob sie das beherzigen konnte.
Sie konnte – so einigermaßen. Sie nahm ihren Jüngsten verzweifelt in die Arme. »Oh, Septimus! Sei vorsichtig.«
»Ganz bestimmt, Mom«, sagte Septimus. »Wir sehen uns bald wieder. In Ordnung?«
»In Ordnung, mein Schatz.« Damit rannte Sarah nach unten in die Kajüte.
Nicko und Rupert holten das kleine Beiboot vom Mast herunter und setzten es, die Leine fest in den Händen, ins Wasser. Das runde Boot, das aus leichtem Weidengeflecht bestand und mit Häuten bespannt war, tanzte auf der Wasseroberfläche wie ein Blatt. Septimus wusste, dass alle außer Sarah ihn beobachteten, und so rang er sich ein Lächeln ab und kletterte die Leiter hinab ins Boot.
Nicko reichte ihm das einzige Paddel. »Alles klar?«, fragte er heiser.
Septimus nickte.
Nicko hatte das Gefühl, seinen kleinen Bruder dem Tod zu überlassen, als er die Leine ins Boot warf. Das Schiffchen löste sich von der Annie, trieb ohne bestimmte Richtung davon und schaukelte fröhlich auf den Wellen wie bei einer sommerlichen Ruderpartie auf einem ruhigen See. Nach einer Weile begann es sich zu drehen, ganz langsam noch, als wäre es von einer sanften Brise erfasst worden, und bewegte sich auf die Dunstglocke in der Mitte des Strudels zu. Dann nahm es Fahrt auf wie ein Karussell und wurde, sich schneller und immer schneller drehend, zum Rand des Wirbels gezogen.
Von da gab es kein Zurück mehr. So plötzlich, dass allen auf der Annie ein Schreckensschrei entfuhr, wurde das Boot in den Sog des Wirbels gerissen und jagte in immer engeren Bahnen im Kreis herum, und Septimus’ grüner Mantel bildete die Achse, um die es wie ein Kreisel wirbelte. Ein letztes Mal beschleunigte das kleine schwarze Boot, dann kippte es in das Auge des Strudels und war verschwunden.
Auf dem Wasser war es still. Auf der Annie war es still. Keiner konnte glauben, was sie soeben getan hatten.
* 42 *
42. In den Finsterhallen
S e ptimus legte den Dunkelschleier genau im richtigen Moment an. Als das Boot in das Auge des Strudels kippte, murmelte er »Edielk Sum«, und sofort spürte er, wie der kühle Dunkelschleier ihn überzog. Er saß perfekt wie eine zweite Haut. Was danach kam, war nicht ganz so perfekt.
Septimus wurde in den tosenden Strudel gesaugt, wie ein Stück Treibgut herumgewirbelt und in seinen Schlund hinabgezogen. Tiefer, tiefer, immer tiefer fiel er, wirbelte so schnell, dass
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