Septimus Heap 06 - Darke
sich alle seine Gedanken zu einem kleinen schwarzen Knäuel in seinem Gehirn verdichteten und er nur noch das Brausen des Wassers und den unerbittlichen Sog der gewaltigen Leere unter sich wahrnahm.
An diesem Punkt wäre Septimus ohne seinen Dunkelschleier ertrunken wie die meisten früheren Opfer des Strudels. Er hätte ein letztes Mal nach Luft geschnappt, hätte seine Lungen mit Wasser gefüllt und wäre durch ein Loch im Flussbett in eine große Unterwasserhöhle gezogen worden, die aus dem felsigen Grund gewaschen worden war und die Form eines dreißig Meter langen Eis hatte. Dort wäre er ein paar Wochen lang im Kreis getrieben, bis seine Knochen, einer nach dem anderen, abgefallen wären und sich zu den vielen anderen Kochen gelegt hätten, die, blank und weiß, auf dem glatten Höhlenboden verstreut waren – die einzigen Überreste derer, die der Bodenlose Strudel in all den Jahrhunderten seit dem Zweikampf der schwarzen Zauberer verschluckt hatte.
Auch der Dunkelschleier konnte es Septimus nicht ersparen, dass er durch das Loch im Flussbett gesogen wurde wie eine Nudel in einen gierigen Mund und in die Höhle darunter flutschte. Aber er schützte ihn wie eine Hülle und befähigte ihn, die schwarzmagische Kunst der Unterwassersuspendierung zu praktizieren – eine Kunst, die Atmung einzuschränken, die Simon viele Monate lang mühsam hatte üben müssen, indem er den Kopf in einen Eimer Wasser steckte, bis er sie endlich beherrschte. Als Septimus in der Unterwasserhöhle langsam im Kreis trieb, dröselten sich seine Gedanken wieder auf. Er öffnete die Augen und erkannte, dass er noch am Leben war.
Die Schwarzkunst der Unterwassersuspendierung hatte eine merkwürdig dämpfende Wirkung. Das lag daran, dass sie Ängste unterdrückte und dadurch Sauerstoff sparen half, auch wenn sich Septimus dessen gar nicht bewusst war – wie überhaupt die meisten Ausübenden dieser Kunst. Außerdem versetzte sie die Augen in die Lage, selbst in der trüben Unterwasserwelt völlig klar zu sehen, was zur Folge hatte, dass ihr Besitzer eher zu fliegen meinte als zu schwimmen. Und so stellte Septimus, als er in der kreiselnden Strömung durch die eiförmige Höhle trieb, mit Verwunderung fest, dass ihm der Aufenthalt unter Wasser richtig Spaß machte. Sein Drachenring leuchtete hell und verlieh dem Wasser ein schönes milchiges Grün, und wenn er der Höhlenwand nahe kam, brachte das Licht die Kristalle im Fels zum Glitzern.
Aber die Wirkung der Unterwassersuspendierung hält nicht ewig an. Nach mehreren langen, trägen Minuten verspürte Septimus den Drang zu atmen und wurde unruhig. Die ersten Anzeichen von Panik verdrängend, schwamm er nach oben, wo er die Wasseroberfläche und Luft zum Atmen vermutete, stieß aber mit dem Kopf so heftig gegen die Höhlendecke, dass es knackte. Jetzt ergriff ihn Panik – hier gab es keine Luft.
Er tauchte wieder etwas tiefer und schwamm, den Drachenring vor sich hin haltend, schnell weiter, den Blick nach oben gerichtet, in der Hoffnung, eine Luftglocke zu entdecken, in der er Atem schöpfen konnte. Ein einziger tiefer, herrlicher Atemzug war alles, was er brauchte ... nur einer. Er spähte so angestrengt nach oben, dass er fast die Treppe übersehen hätte, die vor ihm in den Fels gehauen war. Erst als er im Licht des Rings einen Streifen Lapislazuli bemerkte, der in die Kante einer Stufe eingesetzt war, und darüber noch einen und dann wieder einen, begriff er, dass er den Ausgang gefunden hatte. Aufgeregt hangelte er sich an den Stufen entlang, die weiter oben in einem Loch in der Felsdecke verschwanden. Mittlerweile in höchster Atemnot, zog er sich durch das Loch und tauchte japsend in der eisigen Luft der Finsterhallen auf.
Die Kälte war ein Schock. Triefend vor Nässe und mit den Zähnen klappernd, zitterte er am ganzen Leib. Bei der Vorbereitung auf seine Schwarzkunstwoche hatte er alte Beschreibungen dieses unterirdischen Ortes gelesen, den viele mittlerweile für ein bloßes Fantasiegebilde hielten, doch nun stellte er fest, dass er wirklich existierte. Was in all diesen Berichten geschildert wurde, nahm er jetzt wahr: einen modrigen Geruch von Erde, das beklemmende Gefühl, von den Felsen ringsum erdrückt zu werden, und dazu ein gespenstisches Heulen, das sich in seine Knochen zu bohren schien. Außerdem war in den Beschreibungen von einer überwältigenden Angst die Rede, doch dank dem Dunkelschleier, der ihn von Kopf bis Fuß schützte, verspürte Septimus keine
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