Septimus Heap 06 - Darke
hier arbeitest, Beetle, und sogar hier wohnst. Wo dir Marcia doch einen Posten im Zaubererturm angeboten hat.«
Beetle zuckte mit den Schultern. »Ich liebe alte Handschriften und ihre eigentümlichen Sprachen. Und ich lerne hier allerhand dazu. Du würdest staunen, was die Leute alles anschleppen. Außerdem bin ich nicht magisch veranlagt. Im Zaubererturm würde ich verrückt werden.«
Jenna nickte. Der Zaubererturm würde sie ebenfalls verrückt machen. Aber bei Larry zu arbeiten auch.
Als könnte Beetle ihre Gedanken lesen, sagte er: »Weißt du, wenn man unter Jillie Djinn gearbeitet hat, ist es bei Larry gar nicht so übel. Und ich wohne gern in der Zaubererallee. Das macht Spaß. Hast du Lust auf einen Becher Fruchtblubber?«
Jenna lächelte. »Hast du einen mit Schokolade?«
Beetle sah sie geknickt an. »Nein, tut mir leid. Die gibt es nur mit Fruchtgeschmack.«
Jenna zog ihren heiß geliebten Schokoladen-Charm aus der Tasche. »Wir könnten es damit probieren.«
»Gut«, sagte Beetle etwas skeptisch und rief dann laut: »Larry! Ich mache eine Pause.«
Jenna vernahm ein barsches »Zehn Minuten und nicht länger« von der Galerie und folgte Beetle in eine kleine, unglaublich schmutzige Küche direkt hinter dem Laden.
»Alles Gute zum Geburtstag«, sagte Beetle und wurde etwas verlegen. »Ich ... ich habe etwas für dich, aber ich habe es noch nicht eingepackt. Ich habe nicht damit gerechnet, dich vor heute Abend zu sehen.«
Auch Jenna blickte verlegen. »Du liebe Zeit. Deswegen bin ich nicht gekommen. Ich habe nichts erwartet.«
»Ach, und entschuldige die Unordnung hier«, sagte Beetle, der die Küche plötzlich mit Jennas Augen sah. »Larry wird fuchsteufelswild, wenn ich hier sauber mache. Er sagt, Moder sei gesund.«
»Glibber auch?«, fragte Jenna und beäugte eine Tüte Karotten, die auf dem Fußboden in einer glitschigen Brühe lag.
Beetle schämte sich. »Lass uns ins Sandwich-Zauberland gehen«, schlug er vor. »Ich habe noch Überstunden gut.«
Zehn Minuten später – nachdem Jenna Beetle von einer neuen und eindrucksvollen Seite kennengelernt hatte, nämlich als er Larry zurief, er mache seine Mittagspause jetzt, und zwar eine komplette Stunde –, saßen die beiden an einem kleinen Fenstertisch in dem neu eröffneten Cafe im Obergeschoss des Sandwich-Zauberlands. Sie gaben ein schönes Paar ab. Beetle trug seine blaue, mit Goldtressen geschmückte Admiralsjacke, und sein volles schwarzes Haar zeigte sich ausnahmsweise einmal nicht von seiner störrischen Seite. Jennas goldenes Diadem schimmerte leicht im Schein der Kerze, die in einer Wachspfütze auf dem Tisch stand. Sie hatte noch ihren roten pelzbesetzten Mantel an, weil sie von der Kälte draußen ganz durchgefroren war, und schaute sich in dem farbenfroh gestrichenen Raum mit seinen beschlagenen Fenstern um. Erleichtert nahm sie zur Kenntnis, dass niemand sie anstarrte (die Mitglieder des Kollektivs Sandwich-Zauberland hielten nichts von einer Rangordnung unter Menschen und verhielten sich entsprechend). Sie kam sich vor wie ein ganz normaler Mensch – beinahe wie eine normale erwachsene Frau, die essen ging. Und noch besser war, dass sich ihre prickelnde Geburtstagsfreude wieder eingestellt hatte.
»Was möchtest du essen?«, fragte Beetle und reichte ihr die Karte, die voll war mit lustigen Sprüchen und bunten Zeichnungen von Sandwichs, aber keinen Hinweis darauf lieferte, womit die Sandwichs belegt waren.
Jenna entschied sich für einen hohen dreieckigen Sandwich-Stapel mit Namen »Köstlicher Turm«, Beetle für ein großes, würfelförmiges Sandwich, das »Chemiekasten« hieß. Er nahm die Karte, ging zur Theke und bestellte (im Sandwich-Zauberland hielt man auch nichts von der Versklavung von Bedienungspersonal, was nebenbei auch Lohnkosten sparen half). Beetle kam mit zwei Zauberblubber-Spezial zurück, die von allen Getränken, die auf der Karte standen, Fruchtblubber noch am nächsten kamen. Mit schwungvoller Geste stellte er ein grün-rosa Gebräu vor Jenna hin.
»Pfefferminz-Erdbeer«, sagte er. »Ganz neu.«
»Danke«, erwiderte Jenna, die auf einmal ein wenig schüchtern war. Mit Beetle auszugehen war etwas völlig anderes, als mit ihm ganz einfach so zusammen zu sein, woran sie sich gewöhnt hatte. Und offenbar ging es Beetle ebenso, denn in den folgenden Minuten sahen beide angestrengt aus dem Fenster, obwohl es draußen gar nichts zu sehen gab, bis auf eine winterliche Zaubererallee und ein paar Leute, die
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