Septimus Heap 06 - Darke
zweite und zwingendere Grund, den Billy allerdings zu erwähnen versäumt hatte, war, dass Feuerspei schon in seiner ersten Nacht im Drachenhaus die Türen verspeist hatte.
So kam es, dass Jenna, als sie vorsichtig die Wiese überquerte, Feuerspeis stumpfe Schnauze auf dem Rand der Rampe liegen sah, die zu dem Schuppen hinaufführte. Jenna schlang den Hexenmantel enger um sich und zog sich die Kapuze tief ins Gesicht. Sie genoss das Gefühl, in diesem Mantel mit der Umgebung zu verschmelzen. Lautlos näherte sie sich dem Drachenhaus. Sie wollte ins warme Stroh kriechen und sich an den mächtigen Leib des Drachen kuscheln.
Im Drachenhaus war es dunkel. Es roch etwas streng, und ruhig war es auch nicht. Drachen machen im Allgemeinen im Schlaf allerlei Geräusche, und Feuerspei bildete da keine Ausnahme. Er schniefte, fauchte, grunzte und schnarchte. Sein Feuermagen rumpelte, und sein normaler Magen gluckste. Von Zeit zu Zeit brachte ein gewaltiger Schnarcher das Dach zum Zittern und die Drachenmistschaufeln in Billy Pots Regal zum Klappern.
Tief im Innern des Drachenhauses lehnte Septimus an Feuerspeis warmem Feuermagen. Er hatte einen Entschluss gefasst – es wurde Zeit für ihn, in den Zaubererturm zurückzukehren. Zeit, vor Marcia hinzutreten und ihr zu erklären, warum er den wichtigsten Zauber in der Burg seit vielen Jahren versäumt hatte. Langsam stand er auf und – was war das? Ein Rascheln im Stroh wie von einer Ratte. Aber es war etwas Größeres als eine Ratte – etwas viel Größeres – es bewegte sich vorsichtig und zielstrebig – und es roch leicht nach schwarzer Magie. Es kam direkt auf ihn Septimus rührte sich nicht. Ihm fiel auf, dass Feuerspei weiterschlief. Das war merkwürdig. Er spähte angestrengt in die Dunkelheit. Das Rascheln kam näher.
Dann hörte er plötzlich ein Straucheln im Stroh, und Feuerspei schlief trotzdem weiter. Warum wachte er denn nicht auf? Der Drache ließ nicht jeden in sein Haus. In dieser Hinsicht war er sehr wählerisch. Fremde konnte er nicht leiden. Erst vor ein paar Monaten hätte er beinahe einen Urlauber gefressen, der als Mutprobe zu ihm hineingegangen war.
Im nächsten Augenblick sah Septimus, wie der Eindringling aus dem Schatten trat, und da begriff er, warum Feuerspei nicht aufwachte. Es war eine Hexe. Bestimmt hatte sie ihn mit einem Schlafzauber belegt. Und es war eine schwarze Hexe. Der an der Vorderseite geknöpfte und überall mit Symbolen bestickte Mantel war die Kluft der Mitglieder des Porter Hexenzirkels. Septimus kauerte sich hin und beobachtete, wie sich die Gestalt an Feuerspeis Stacheln entlang in seine Richtung tastete. Er zog einen sauber aufgewickelten Dunkelfaden aus der Tasche und wartete, bis ihm die Hexe so nahe war, dass sie beim nächsten Schritt auf ihn treten musste – dann schlug er zu. Er warf ihr den Faden, der ein erstaunliches Gewicht hatte, um die Fußgelenke und zog. Mit einem schrillen Schrei purzelte die Hexe auf ihn.
»Iiiih! Aua ... aua!«
»Jenna?«, stieß Septimus hervor.
»Sep? Meine Knöchel. Oh Sep, da ist eine Schlange. Nimm sie weg ... nimm sie weg. Wie das wehtut! Wie das brennt!«
»Ach, Jenna, tut mir leid, Tut mir wirklich leid! Halt still. So halt doch still!«.
Nun hielt Jenna still, so gut es eben ging, und Septimus löste den Dunkelfaden, so schnell es eben ging. Sobald er entfernt war, rieb sich Jenna zornig die Knöchel.
»Aua ... autsch!«
Septimus sprang auf. »Bin gleich zurück. Rühr dich nicht von der Stelle.«
»Wie denn!«, knurrte Jenna. »Ich glaube, mir fallen gleich die Füße ab.«
Septimus zwängte sich an Feuerspeis zusammengefalteten, lederartigen Flügeln vorbei und verschwand hinter dem stachelbewehrten Kopf des Drachen. Augenblicke später tauchte er wieder auf und kam schnell zu Jenna zurück.
»Aua ...«, stöhnte Jenna vor sich hin.
Dort, wo die Haut mit dem Dunkelfaden in Berührung gekommen war, hatten sich rote Striemen gebildet, und Jenna hatte das Gefühl, als ob ein glühend heißer Draht in ihr Fleisch schnitt.
Septimus kniete sich hin und rieb mit einem feuchten und irgendwie klebrigen Lappen vorsichtig über die Striemen. Sofort ließ der brennende Schmerz nach, und Jenna seufzte erleichtert auf.
»Ach, Sep, endlich. Es hat aufgehört. Es tut tatsächlich nicht mehr weh. Was ist das?«
»Mein Taschentuch.«
»Das weiß ich, du Dummkopf. Ich meine das klebrige Zeug darauf.«
Septimus vermied eine Antwort. »Du musst es vierundzwanzig Stunden drauflassen.
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