Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
damit zufriedengeben, Euch zu befragen«, stammelte ich und wurde rot.
Mit einer weit ausholenden Geste wies er in den Saal. »Das ist es. So ist es wirklich, wenn man ein Bastard ist. Den Bösewichtern gönnt man keine Rast. Einen Tanz nach dem anderen müssen sie absolvieren, bis ihnen beinahe die Füße abfallen.«
Die Tanzenden drehten sich ein letztes Mal in die andere Richtung, und wir beide riefen uns ins Gedächtnis, weshalb wir hier waren. »Lass uns zur Sache kommen«, sagte er. »Meine Großmutter denkt vielleicht, dass es draußen im Land nichts mehr zu entdecken gibt, aber Selda und ich sind anderer Meinung.« Er beugte sich zu mir. »Mach ruhig so weiter wie geplant. Allerdings sind Selda und ich zu dem Schluss gekommen, dass wir dich nicht alleine gehen lassen können.«
Überrascht wich ich einen Schritt zurück. »Wohin könnt Ihr mich nicht alleine gehen lassen?«
»Auf die Suche nach Sir James Peascod. Das ist gefährlich«, sagte er stirnrunzelnd. »Ich vermute, du weißt nicht einmal genau, wo man ihn suchen soll. Du hast diesen beiden alten Knaben nur etwas vorgemacht, mit deiner Behauptung, du wüsstest, wo sich ihr Lager befindet, stimmt’s?«
Mein Mund klappte auf, aber mein träges Gehirn hatte sich noch keine Worte überlegt, die herauskommen sollten. Als ich ihm geschrieben hatte, man sollte eine Reise zu den Rittern ins Auge fassen, hatte ich ihn selbst damit gemeint. Von mir war nie die Rede gewesen!
Kiggs fasste mich für die letzte Promenade um die Taille. Ich fühlte seinen Atem warm an meinem Ohr. »Ich komme mit dir. Das ist mein letztes Wort. Morgen wird man uns nicht vermissen. Du musst keine Aufführungen leiten und all die wichtigen Leute werden den ganzen Tag lang mit ihren Besprechungen vollauf beschäftigt sein – sogar Selda, zu ihrem großen Verdruss. Ich schlage vor, dass wir beim Morgengrauen wegreiten, den Rittern einen Besuch abstatten und dann, je nachdem wie spät es ist …«
Ich hörte nichts mehr. In meinen Ohren rauschte es.
Wie konnte jemand auch nur im Entferntesten auf den Gedanken kommen, dass ich über Land reiten wollte – allein oder mit wem auch immer? Es war mein eigener, dummer Fehler, dass ich mir den Zugang zu den alten Rittern erschwindelt hatte. Seither hatte es mir nichts als Ärger eingebracht. Alle hegten nun eine völlig falsche Meinung von mir; sie hielten mich für waghalsig und furchtlos.
Aber wenn ich in die dunklen Augen von Kiggs blickte, dann kam ich mir wirklich ein bisschen wagemutig vor.
Besser gesagt, ein bisschen atemlos.
»Du zögerst«, sagte er. »Und ich weiß auch, warum.« Ich bezweifelte, dass er das wusste. Er lächelte, der ganze Saal um ihn her schien zu funkeln. »Du machst dir Sorgen, dass es nicht schicklich ist, wenn wir beide allein ohne Begleitung wegreiten. Ich sehe da keine Schwierigkeiten. Wenn wir zu mehreren wären, würden die Ritter sofort auf der Hut sein und wir bräuchten gar nicht erst hinzugehen. Und was das Schickliche angeht: Meine Verlobte stört sich nicht daran und meine Großmutter wird es nicht bemerken; Lady Corongi ist morgen nicht da, weil sie die nächsten paar Tage ihre kranke Cousine besucht, und sonst gibt es niemand, der wichtig genug wäre, dass wir uns nach seinem Urteil richten müssten.«
Er hatte leicht reden, er war ja schließlich ein Prinz. Was mich betraf, lag die Sache anders. Über mich würde man sich das Maul zerreißen, allen voran Lady Corongi. Dass sie nicht da war, würde sie nicht daran hindern.
Wir drehten uns noch einmal im letzten Pas de Segosh umeinander. Kiggs sagte: »Dein Galan scheint mir nicht gerade einer von den Eifersüchtigen zu sein. Unsere Chancen, einem Skandal aus dem Weg zu gehen, stehen also nicht schlecht.«
Nicht einer von den Eifersüchtigen? Von wem redete er? Ich brachte die richtigen Fragen wieder nicht über die Lippen und dann war es auch schon zu spät. Die Pavane war vorbei, die Leute klatschten Beifall.
»Beim Morgengrauen«, flüsterte er. »Wir treffen uns vor dem Studierzimmer der Königin. Dann verschwinden wir durch eine Geheimtür.«
Er ließ mich gehen. Dort, wo sein Arm gelegen hatte, fühlte sich meine Taille plötzlich sehr kalt an.
Achtzehn
B ald danach verließ ich den Ball und zog mich in die Geborgenheit meiner eigenen Räume zurück. Ich musste mich um meinen Garten kümmern und etwas schlafen, wenn ich so früh aufstehen wollte. Zwei wirklich gute Gründe also, um zu gehen.
Aber es waren nicht meine Gründe.
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