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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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Verstanden?«
    Box sah weiter durchs Zielfernrohr. »Ja.«
    Das Reh bewegte sich nach wie vor nicht. Er wartete.
    »Ist es jetzt lange genug?«
    »Ja.«
    Box stand auf und entriegelte unter der Aufsicht seines Großvaters das Gewehr und nahm die Patrone heraus. Dann schulterten er und Pop ihre Rucksäcke und gingen die hundert Meter den Hang hinab. Das Tussockgras streifte naß an Box’ Beinen oberhalb der Stiefel entlang. In der Nacht hatte es ein Unwetter gegeben, stundenlang trommelte der Regen aufs Blechdach der Jagdhütte. Er lag in seinem Schlafsack auf der oberen Pritsche des Stockbetts und schaute auf die glimmenden Holzscheite im Kamin. Er war noch wach gewesen, als sein Großvater aufstand und leise durch die unverschlossene Tür nach draußen ging. Vermutlich stand er rauchend unter dem Vordach und hielt Ausschau – wonach? Es gab keinerlei Licht, nicht einmal der Mond schien, alles war schwarz ringsum, und es regnete unaufhörlich.
    Als Pop eine halbe Stunde später wieder reinkam, legte er ein neues Holzscheit aufs Feuer. Sofort züngelten Flammen um das trockene Holz.
    Box hätte sich gewünscht, Paul wäre mitgekommen auf diesen Jagdausflug. Und auch wieder nicht. Beides zugleich. Denn es war auch schön, Pop mal ganz für sich zu haben.
    Paul sollte eigentlich mitkommen, aber Pop und er hatten sich am Tag der Abfahrt lauthals gestritten. Den Rücken gegen die Wand des Flurs gepreßt, hatte Box zugehört. Es war ein Streit, der schon die letzten Monate geschwelt hatte. Es gab da ein Mädchen, mit dem Paul nach Meinung von Pop und Dee – besonders Dee – nicht gehen sollte. Dee sagte, mit siebzehn sei Paul noch viel zu jung für etwas Ernstes. In Wahrheit aber war das Mädchen eine Fowler aus der nächsten Bucht. Aus irgendwelchen Box unbekannten Gründen mochte Dee die Fowlers nicht.
    Paul war aus dem Musikzimmer gestürmt, an Box vorbei, und hatte geschrien, daß er nicht mit auf die Jagd gehen würde. Jagen wäre »das allerletzte«, was er jetzt tun wolle.
    Box hatte schon befürchtet, das wäre das Ende des Ausflugs. Aber später an diesem Morgen hatte Pop zwei Rucksäcke hinten auf den Pritschenwagen geworfen. Keiner von ihnen hatte den Streit oder Paul in den zwei Tagen, die seither vergangen waren, auch nur erwähnt.
    »Habe ich dich geweckt?«
    »Nö.«
    »Schlaf weiter, Box. Der Regen hört bald auf.«
    Pop hatte recht. Am Morgen war der Regen vorbei, doch das Buschland, das sie durchqueren mußten, hatte mit nassen Fingern nach ihnen gegriffen.
    Nun beugte sich Box über das tote Reh. Seit zwei Tagen war er schon mit seinem Großvater auf der Jagd, und sie hatten auch anderes Rotwild gesehen, aber das war das einzige, das sie erlegt hatten. Und er hatte es geschossen. Es war seine erste Jagdbeute.
    Das Reh war nahe am Waldrand verendet, lag aber jetzt in der Morgensonne. Er sah, daß die Kugel die Halsschlagader durchtrennt hatte. Er hatte auf den Nacken gezielt, weil sein Großvater gesagt hatte, das sei besser. Außer wenn man den Kopf als Trophäe behalten wollte, dann würde man das Fell um die Schultern herum intakt lassen.
    Um Box’ Stiefel herum hatte sich braunrotes Blut auf dem Boden gesammelt. Es war ein kurzes Stück den Hang hinabgeflossen und hatte dann an einem mit Flechten überzogenen großen Stein eine Lache gebildet. Es störte ihn nicht, obwohl es eine Menge Blut war, mehr, als er erwartet hätte. Es tat ihm gut, daß es ihm nichts ausmachte. War ja nur Blut.
    Sein Großvater setzte den Rucksack ab, öffnete ihn und zog sein Messer aus der Scheide heraus. Pops Jagdmesser war aus bestem Stahl geschmiedet, der Griff mit Intarsien von Kauri­muscheln und Knochen gearbeitet. Box nahm es oft in die Hand, wenn sein Großvater nicht da war. Er mochte das Gewicht der Klinge und die Biegung des hölzernen Griffs, der in der Handfläche rasch warm wurde. Ganz ruhig stand sein Großvater in der Sonne und prüfte die Schärfe der Schneide an den Härchen auf seinem Unterarm. Für alle Fälle hatte er einen Schleifstein dabei.
    Box sah zu, wie Pop dem Reh den Hals aufschlitzte, um es ausbluten zu lassen, und ihm dann den Anus herausschnitt.
    »Das macht man, um die Eingeweide rauszukriegen.«
    »Verstehe.«
    Pop nahm aus seinem Rucksack einen kleinen Flaschenzug, einen Haken und drei Meter Nylonschnur. Er band den Haken an die Schnur, und Box versuchte, die Schnur über den Ast einer großen Bergsüdbuche zu werfen, was ihm im vierten Anlauf auch gelang.
    Als alles vorbereitet war,

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