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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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Vormittag auf der Wache mit ihnen geredet hatte. Ein Staatsanwalt hatte ebenfalls an dem Gespräch teilgenommen. Der Vollidiot wollte ihm sicher nur noch mal weismachen, daß kein Verstoß gegen das Gesetz vorlag. Offenbar hatte ein Leichnam keinen Eigentümer, also konnte er auch nicht gestohlen werden. In zivilrechtlichen Streitfällen wie diesem empfahl die Polizei ein Mediationsverfahren – besonders dann, wenn Maori involviert waren. Wenn das nichts brachte, konnte man sich an ein Schiedsgericht wenden.
    »Wie lange würde das dauern?« hatte Box gefragt.
    »Ungefähr sechs Monate, bis der Fall verhandelt wird, aber natürlich noch wesentlich länger, bis er entschieden ist.«
    Jetzt wählte Box seine Nummer und hörte sich die lange Nachricht von Liz an. Die Aufnahmezeit reichte nicht aus, und ihre Worte wurden jäh abgeschnitten. Er schaltete das Telefon wieder aus und steckte es in die Tasche seiner Jeans. Während er zuhörte, hatte er das Bier in seiner Hand ausgetrunken. Er hatte nicht mal bemerkt, daß er trank, aber die Flasche war nun leer. Das konnte nur eines bedeuten – es wurde Zeit für eine neue.
    Er zog die Schuhe aus und legte sich aufs Bett, mit zwei Kissen unter dem Kopf starrte er an die Zimmerdecke. Irgendwann hatte offenbar das Dach geleckt. Dunkle Flecken auf dem Putz. Box stellte sich Dinge darunter vor – eine dunklere, unheimlichere Version des Spiels, das Kinder mit Wolken spielen.
    Ein Fangeisen. Ein grinsender Mund. Das ausgefranste Ende eines dicken Seils.
    Es war komisch, was man alles sehen konnte, wenn man nur richtig hinschaute.
***
    Vier leere Flaschen standen auf dem Nachttisch. »Fünf kleine Negerlein, die gingen mal zum Bier, das eine hat sich totgetrunken, da waren’s nur noch vier«, sang Box heiser vor sich hin. Er hatte mit den Formen an der Decke sämtliche Möglichkeiten durchgespielt. Seine Gedanken fuhren wie ein Wetterhahn herum zu dem Traum, den er am Morgen gehabt hatte – von seiner Mutter.
    Es war ein Traum, zugleich aber auch eine Erinnerung. Box wußte nicht sicher, ob es wirklich das allerletzte Mal gewesen war, daß er seine Mutter gesehen hatte. Es hatte vielleicht ein Wiedersehen gegeben und später dann andere Flugsteige. Aber wenn dieses wirklich das letzte Mal gewesen sein sollte, dann war er erst vier Jahre alt.
    Seine Eltern waren ständig auf Reisen, und Box und Paul kamen mit. Das spielte sich in den sechziger Jahren ab, und er vermutete, daß man sie als Hippies bezeichnet hätte, obwohl sie nicht in einer Kommune lebten oder so etwas. Ihr Vater, Dave, war das einzige Kind von Pop und Dee. Laut ihrem Paß hieß ihre Mutter Meryl Jane Redwood, doch sie bestand darauf, Sky genannt zu werden.
    Sie flogen hin und her zwischen Asien – Thailand, Indonesien, den Philippinen, sogar Afghanistan – und Australien und Neuseeland. Alle paar Monate brachen sie wieder auf. Zwischen ihren Reisen wohnten sie in Motels oder quartierten sich in irgend­einem Haus ein, das jemand anders gehörte. Vielleicht waren sie auch keine Hippies, sondern eher eine Art moderne Zigeuner.
    Box erinnerte sich nicht an sehr viel. Er war zu jung gewesen. Die Erinnerungen, die er hatte, stammten zumeist aus zweiter Hand, von Paul. Sie redeten oft darüber, als sie älter wurden und bei Pop und Dee in Governors Bay lebten.
    »Erinnerst du dich an die Affen im Park von Bangkok?« fragte Paul manchmal.
    »Einer hat Mums Tasche geklaut, und sie war furchtbar wütend«, sagte Box dann, nicht weil er sich wirklich erinnerte, sondern weil sie so oft darüber gesprochen hatten.
    »Und Dad hat sich kaputtgelacht«, setzte Paul immer hinzu. »Dann kamen die Polizisten mit ihren lustigen Hüten, und wir sind weggerannt.«
    »Bangkok war total heiß.«
    Es gab jede Menge solcher Geschichten, aufgetragene Erinnerungen, die erst Pauls waren und dann Box’ wurden. Etwa die von der Giftschlange in einem Käfig an einem der Orte, wo sie eine Zeitlang lebten, vielleicht in Australien, denn Paul meinte sich zu erinnern, daß er dort von Kakadus in den Bäumen geweckt worden war – Tiere spielten in vielen der Geschichten eine Rolle.
    »Wir durften die Schlange nicht mal richtig anschauen, weil Mum sagte, sie würde uns in die Augen spucken, und dann wären wir blind.« So hatte Paul es ihm erzählt.
    An einem anderen Ort hatten die Eltern eine ihrer ausgelassenen Partys gefeiert, bei denen überall Leute rumlagen und andere wild tanzten. Irgendein Typ war dabei vom Sprungbrett in den Pool

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