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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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vorbei. Box wußte, er wäre zu Boden gegangen, wenn dieser Haken sein Ziel gefunden hätte.
    Er streckte den Arm aus und packte ein Stück blaues T-Shirt. Er hörte noch, wie der Stoff nachgab und riß, dann fand er sich in einer engen Umklammerung wieder. Box hörte und roch den Atem des anderen Mannes: Bierhefe, Kartoffelchips, Tomatensauce. Auf einmal explodierte ein harter Schlag in Box’ Rippen, knapp über der Niere.
    Die Frau hinten schrie noch immer. Es schrillte in Box’ Ohren wie eine Luftschutzsirene.
    Box riß mit aller Kraft sein rechtes Knie hoch, zielte zwischen Johnnos Schenkel. Er hatte Glück, spürte wie seine Kniescheibe ins Schwarze traf und die Hoden des anderen gegen dessen Hüftknochen gequetscht wurden.
    Johnno heulte in Box’ Ohr: »Drecksau.« Dann ließ er Box los und sank zu Boden. Er rollte sich auf dem Kies zusammen und japste wie ein Hund.
    Box stand über ihn gebeugt. Der Adrenalinschub von der Schlägerei dauerte noch an, seine Muskeln zuckten, sein Herz schlug wie der Hammer eines irren Schmieds auf dem Amboß seiner Brust, und all das mischte sich mit der rauschhaften Wärme des Biers und dem primitiven Jubel über den Sieg. Box sah zur Seitentür der Bar; niemand war rausgekommen. Drinnen spielte noch immer die Musik, gerade lief der Party-Klassiker »Gloria« von Them, und Melodiefetzen drangen auf den Parkplatz. Von drinnen hörte er lautes Gelächter.
    Genau so, dachte er, müssen sich die Ahnen dieser Typen gefühlt haben, nachdem sie sich mit Faustkeilen und Speeren bekämpft hatten. Aber auch seine eigenen Ahnen müssen sich einst bekämpft und umgebracht haben, verdammt. Wenn man darüber nachdenkt, kann es gar nicht anders sein. Denn sonst wäre er vermutlich nicht hier.
    Der Typ, dem er die Faustschläge versetzt hatte, bewegte sich ein bißchen, versuchte aber noch nicht, sich aufzurichten. Das würde sicher noch eine Weile dauern. Box hatte den Knorpel seiner Nase an der Faust gespürt, als das Nasenbein brach. Die beiden Frauen saßen noch immer im Wagen. Gott sei Dank hatte die hinten aufgehört zu schreien. Jetzt schluchzte sie nur laut. Damit konnte er leben.
    Die Beifahrertür stand offen. Er legte eine Hand auf den Rahmen, beugte sich hinunter und sah die Frau an, die dort saß. Sie starrte geradeaus vor sich hin, auf die unbemalten Latten des Zauns.
    »Warum hast du das getan, du verdammtes Arschloch?«
    »Weißt du, wo Tipene Pitama wohnt?«
    Die Andeutung eines Nickens.
    »Ja?«
    »Ja.«
    »Ich möchte, daß du ihm das hier gibst. Heute abend noch, am besten gleich.«
    Box nahm ein zusammengefaltetes Briefkuvert aus seiner Gesäßtasche und gab es ihr. Sie warf einen Blick darauf, als sie es nahm, wandte dann aber wieder den Kopf nach vorn und starrte weiter den Zaun an.
    »Okay?«
    »Ja.«
    Vorsichtig schloß er die Tür und ging über den Parkplatz zu seinem Pickup. Schon beim Einsteigen spürte er den Schmerz in den Rippen, wo ihn Johnnos Faust getroffen hatte. Seine linke Gesichtshälfte brannte, und auf dem linken Auge sah er nur ein verschwommenes Rechteck. Wie hatte Pop das genannt, wenn man ein blaues Auge bekam? Ein Veilchen. Genau: Jemand hatte ihm ein Veilchen verpaßt. Gott weiß, warum ein blaues Auge so genannt wurde. Doch wie immer man es auch nannte, Box hoffte inständig, daß seine Augenhöhle nicht gebrochen war.
    Als er langsam an dem Subaru vorbeifuhr, warf er einen letzten Blick darauf. Die Frau aus dem Fond war ausgestiegen und beugte sich über den Typen mit der gebrochenen Nase. Die Frau auf dem Beifahrersitz hatte sich nicht bewegt. Sie starrte ihn an, als er vorbeifuhr. Das Licht reichte aus, um den lodernden Haß in ihren Augen zu erkennen.
    Irgendwann während der Schlägerei war aus dem Nieseln richtiger Regen geworden. Seine Kleider waren feucht. Box glühte noch immer; sein ganzer Körper stand unter Strom. In ihm war nichts als rasende Wut.
    Im Rückspiegel sah Box einen grinsenden Irren, blutunterlaufene, heimtückische Augen, entblößtes Zahnfleisch mit weißen Zähnen. Und für einen Moment fragte er sich, wen zum Teufel er da eigentlich ansah.
Neunzehn
    Box fuhr im Schrittempo am Tor des Marae vorbei. Seit der Schlägerei auf dem Parkplatz war eine halbe Stunde vergangen. Sein linkes Auge war so stark angeschwollen, daß er nur noch wie durch einen schmalen Sucher sah. In der Dunkelheit konnte er deshalb kaum etwas von dem Marae erkennen außer den geschnitzten Pfosten des Torbogens und einen Teil eines großen

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