Sex and Crime auf Königsthronen
spanische Inquisition richtet sich nämlich vornehmlich gegen Juden und Moslems und dient der Re-Christianisierung der spanischen Halbinsel, was nicht minder brutal und grauenhaft ist. Die Schauverbrennungen von Andersgläubigen gehen als Autodafés (von actus fidei , das heißt »Akt des Glaubens«) in die Geschichte ein.
Es sind genau orchestrierte Veranstaltungen, bei denen die Opfer in gelbe Schandgewänder gekleidet sind und ein Kreuz vor sich hertragen müssen. An manchen Tagen werden so viele Opfer verbrannt, dass die Luft schwarz ist vom »fetten Rauch schmelzender Leiber«. Diese Bilder sind es, die sich beim Stichwort »Inquisition« über Jahrhunderte in unsere kollektive seelische Festplatte buchstäblich eingebrannt haben. Indes, schwarz vom Rauch brennender Leiber ist die Luft anno 1600 auch in anderen Gebieten Europas.
Der Höhepunkt der königlich verfügten Verfolgung Andersgläubiger in Spanien liegt zwischen 1481 und 1530. In der Forschung schwanken die Angaben über die Zahl der Todesopfer in diesem Zeitraum zwischen 1500 und 12.000. Erfinder der »schwarzen Legende« legen auch hier gern ein paar Tausend bis Zehntausende drauf.
Für jedes einzelne Opfer – ob Ketzer oder Hexe – dürften die Statistiken ziemlich uninteressant gewesen sein. Folter und Verbrennung im Namen Gottes gehören zu den besonders bestialischen Heimsuchungen der Neuzeit. Das Mittelalter – man glaubt es kaum – war in Sachen Hexen- und Ketzerverbrennung zurückhaltender. Der systematische Missbrauch der Frömmigkeit nimmt mit dem 16. Jahrhundert bis dahin nie gekannte Ausmaße an – in allen Konfessionen.
Bilder des Schreckens und fürstliche Fluchtpläne
Wie das niederländische Volk Albas Rollkommando ab 1567 erlebt hat, illustriert in eindringlicher Weise das Werk des flämischen Renaissancekünstlers Pieter van Breughel. Der als »Bauernbreughel« und »de Droll« (der Drollige) bekannte Maler, der zünftige Dorffeste und ländliche Hochzeiten in herzhafter Weise festgehalten hat, malt um 1567 sein Bild »Der bethlehemitische Kindermord«. Eine Betrachtung lohnt, um sich die Schrecken der Strafkommandos vor Augen zu führen.
Ein Trupp spanischer Schergen metzelt zusammen mit französischen und deutschen Söldnern in flämischer Winterlandschaft ein halbes Dorf nieder. Vor beschaulicher Kulisse zerstückelt die Soldateska die ihren Müttern entrissenen Kinder und dringt plündernd in Häuser ein. Erschütternder als das Geschehnis ist die arrogante Lässigkeit des schick gewandeten Überfallkommandos. Die Befehlshaber wirken nahezu gelangweilt bei der Menschenhatz mit Speer und Degen, während die Opfer vergeblich um Gnade flehen, zu fliehen versuchen oder sich verstecken wollen. Breughel zeigt Business as usual und die Banalität des Bösen. Bedrückender kann man Grausamkeit nicht illustrieren.
Die Statthalterin Margarethe von Parma, uneheliche Tochter einer niederländischen Dienstmagd, legt Ende 1567 resigniert ihr Amt nieder. Die Brutalität Albas und die Politik ihres Halbbruders Philipp II. sind ihre Sache nicht. Der spanische Herzog übernimmt die Regierungsgeschäfte und führt neben brutaler Verfolgung die Zensur des Buchdrucks und ein Steuersystem zugunsten des Königs ein, das die heimischen Ständeversammlungen vollkommen entmachtet. Jetzt bluten die Niederländer auch finanziell.
Kein Wunder, dass angesichts eines solchen Strafgerichts und Existenzvernichtungsprogramms schon 1567 etwa 60.000 Niederländer, die es sich leisten können, ihr Heil im Exil suchen. Unter ihnen ist als einer der Ersten im April 1567 der Prinz von Oranien.
Die Flucht tarnt der Prinz als private Besuchsreise nach Dillenburg. Seinen Sohn aus erster Ehe lässt Wilhelm als Garant für seine Rückkehr in der Universität von Löwen zurück, wo der dreizehnjährige Philipp seit einem Jahr zwecks Studiums weilt.
Der Verbleib des Stammhalters in den Niederlanden soll den Anspruch auf den Besitz in Holland, Zeeland und Utrecht sichern.
So wie einst Wilhelm selbst dient auch sein Sohn bereits in jungen Jahren als Objekt der Familienpolitik. Prinzenrollen sind in diesen Zeiten fürwahr kein Zuckerschlecken. Philipp von Oranien wird für sein Dableiben und für die Absentierung des Vaters büßen müssen. Doch das kommt später.
Am 23. April 1567 zieht der Prinz samt Hofstaat, verschiedenen Kaufleuten, die sich seinem Tross anschließen, mit Wandteppichen und wertvollem Silbergeschirr im Gepäck gen Deutschland. Seine Ehefrau
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