Sex and Crime auf Königsthronen
wollen mit adligem Fußvolk, Calvinisten oder etwaigen Volksunruhen nichts zu tun haben.
Wilhelm trifft sich weiter mit den Vertretern der »Kompromiss«-Bewegung und bewirtet sie auf seine unnachahmliche Weise. Ganz wie er es als Lieblingsschüler des Kaisers gelernt hat, macht er sich wieder einmal nach allen Seiten beliebt.
Das Fußvolk entschließt sich, ohne die Liga in Aktion zu treten. Am 5. April ziehen die Kleinadligen zum Palast der Generalstatthalterin von Brüssel. Anführer Heinrich von Brederode übergibt eine Massenpetition, in der das Mitspracherecht des gesamten Adels und das Ende der Ketzerverfolgung gefordert werden. Margarethe von Parma – die tatsächlich um Ausgleich bemüht ist – verspricht, die Bittschrift an Philipp weiterzuleiten. Woraufhin ein Mitglied ihres Staatsrates die Frage stellt: »Haben Ihre Hoheit etwa Angst vor diesen Bettlern?«
Der Anführer der Bittsteller – Brederode – hört die abfällige Bemerkung. Er gibt sie bei einem Essen zur Feier des Tages zum Besten und erklärt, er werde fortan Bettelsack und Trinknapf als Ehrenzeichen tragen. Das französische Wort für Bettler »gueux«, im Niederländischen: »geusen«, wird zum feierlichen Sammelnamen für alle antispanischen Widerstandskämpfer und der Bettelsack zu ihrem Markenzeichen.
»Liga«-Chef Wilhelm versucht, seine Anhänger mit denen von Brederode zusammenzubringen. Die Hocharistokraten der »Liga« lehnen es dankend ab, als »Bettler« Karriere zu machen, und setzen darauf, dass König Philipp von allein zur Vernunft kommt. Der schmettert die von den Geusen vorgetragenen Bitten jedoch ab. Daraufhin entfachen Calvinisten im August 1566 einen Bildersturm in den katholischen Kirchen der Niederlande. Es kommt zu Ausschreitungen, vor allem in Antwerpen.
Wilhelm von Oranien muss sich als königlicher Militär um die Niederschlagung des Aufstandes kümmern und die Rädelsführer hinrichten lassen. Eigenmächtig gewährt er calvinistischen, lutherischen und sogar widertäuferischen Christen jedoch an bestimmten Orten Versammlungsfreiheit.
Die Generalstatthalterin genehmigt um des lieben Friedens willen ebenfalls einige protestantische Freiheiten. Im Gegenzug verlangt sie jedoch die Auflösung des »Geusen«-Verbundes und einen neuen Treuschwur aller Hochadligen auf den König. Wilhelms »Liga«-Anhänger gehorchen. Wilhelm, der ehemalige Kaiserliebling, lehnt mit der Begründung ab, er habe seinen ersten Treueid niemals gebrochen, sondern immer im Sinne des Landesherrn gehandelt.
Auch die Geusen – so nennen sich mittlerweile alle calvinistisch geprägten Widerständler – zeigen mehr Durchhaltevermögen als der Hochadel. Der Prinz von Oranien unterstützt sie. Offiziell muss er lokal aufflammende Unruhen ablehnen, inoffiziell signalisiert er Zustimmung zur Sache der Geusen. Vor allem über seinen Bruder. Ludwig von Nassau gehört inzwischen zu den führenden Köpfen der ständeübergreifenden Bewegung. Das nennt man Familienzusammenhalt.
Anna hält sich derweil brav an die Briefzensur und sendet nur positive Mitteilungen nach Deutschland. Im Sommer 1566 bedauert sie, dass ihr hessischer Onkel Wilhelm ihr nicht den versprochenen Besuch in Brüssel abgestattet hat. Nein, einen Familienzusammenhalt wie bei den Nassauern kennt sie nicht.
Ihre Verwandten bleiben lieber auf Distanz, solange unklar ist, wie sicher Wilhelms Position als Mitglied der niederländischen Hocharistokratie noch ist. So ist auch das Fernbleiben ihres hessischen Onkels im Sommer 1566 zu verstehen. Ferien in Breda? Nein danke!
Im November des Jahres 1566 trifft dann tatsächlich eine Hiobsbotschaft in Brüssel ein. König Philipp II. hat sich entschlossen, Herzog Alba mitsamt einer Elitetruppe in die Niederlande zu entsenden. Zur Niederschlagung der lokalen Unruhen, heißt es.
Die meisten niederländischen Hocharistokraten begrüßen in Verkennung der Lage die zu erwartende Militäraktion. Selbst hochrangige Mitglieder der ehemaligen Oppositionsbewegung »Liga« sind überzeugt, dass Philipp keine Maßnahmen gegen sie plant, sondern die alte Ordnung wiederherstellen und sie in ihren Ämtern und Privilegien bestätigen wird. Wilhelm weiß es besser.
Im April des Jahres 1567 kommt es in dem Dörfchen Willebroek nahe Mecheln zu einem berühmten Treffen zwischen ihm und seinem ehemals liebsten Zechkumpan Egmont. Der Graf beschwört den Prinzen, seine Opposition gegen Philipp aufzugeben.
Wilhelm bittet seinen alten Mitstreiter, sich ihm
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