Sex and Crime auf Königsthronen
für einen Konfessionswechsel zurück zum Luthertum. Himmel noch mal, das muss den Reichsfürsten in der Verwandtschaft doch gefallen!
Auch dem Kurfürst August und dessen dänischer Gattin berichtet der Prinz eifrig über seinen geplanten Glaubenswechsel. Nicht ohne dezent darauf hinzuweisen, dass er als künftiger Lutheraner auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den spanischen König setzt. Der katholische Ketzerverbrenner sei schließlich auch für Deutschlands protestantische Fürsten eine akute Gefahr. Was ein wenig weit hergeholt ist. Das Reich steht nicht auf Philipps To-do-Liste. Es wird schließlich von seinem toleranten Vetter, dem Kaiser, beherrscht.
Um sich bei den Sachsen noch beliebter zu machen, beschreibt der Prinz in Briefen wortreich, was er alles plant und vorhat, um Anna im Falle einer Witwenschaft abzusichern. De facto kann und will der Oranier weniger denn je für die Absicherung seiner Gattin tun; schließlich ist er akut pleite. Seine Versicherungen aber klingen ganz nach fürsorglichem Versorger und kapitalstarkem Fürsten. Doch um sich finanziell ein Hintertürchen offen zu lassen, streut der gewitzte Wilhelm hie und da die bewährten Klagen darüber ein, dass Anna sich als Ehefrau erneut rufschädigend verhalte und sogar Selbstmorddrohungen wiederholt habe.
Kurfürst August reagiert wie gewohnt alarmiert. Dank Wilhelms prekären Finanzen ist die Gefahr, dass er die ungezogene Gattin an Dresden zurückliefert, größer denn je. Womit die leidige Pflicht zur Unterhalts- und Witwenversorgung auf ihn als Onkel überginge. Dazu der Skandal – nicht auszudenken.
August schickt unverzüglich einen Gesandten los, um der Nichte die übliche Strafpredigt verabreichen zu lassen. Der Emissär gibt kurz später Entwarnung nach Dresden: Anna wirke fröhlich, dem Gatten sehr zugetan und habe keine Klagen. Kurz, ihr gehe es besser denn je, weshalb er auf die üblichen Ermahnungen verzichtet habe.
Da kann man nur sagen: Erwischt! Wilhelm hat anscheinend heftig übertrieben oder gar geschwindelt. Seine aus taktischen Gründen gepflegten Vorwürfe gegen Anna gehen diesmal daneben. Weshalb sich der Prinz für eine Weile negative Charakterskizzen seiner Gattin verkneift.
Stattdessen schlachtet er Annas Schwangerschaft familienpolitisch aus. Im November 1567 bringt die 24-Jährige das vierte gemeinsame Kind auf der Dillenburg zur Welt. Einen Sohn. Papa Wilhelm lädt die Sachsen und Hessen im Januar zur Taufe, die diesmal nach lutherischem Ritus vollzogen wird, in die Dillenburger Stadtkirche ein. Das Baby ist das erste von Wilhelms und Annas Kindern, das – wie von ihm bei den Eheverhandlungen zugesichert – wirklich protestantisch getauft wird. Und zwar auf den Namen Moritz, wie sein kürzlich verstorbenes Brüderchen.
Der Name ist eine Hommage an Annas längst verblichenen Vater und rundet das Schmeichelprogramm in Richtung Sachsen ab. Und, Wunder über Wunder, zur Taufe erscheint erstmals Verwandtschaft von Anna. Wenn auch nur der Landgraf von Hessen.
Das anschließende achttägige Fest ist eine Werbeveranstaltung für Wilhelm und für seine Sache. Es kann in gewohnter, wenn auch geborgter Pracht stattfinden. Dank einer Bürgschaft der Stadt Siegen hat Wilhelm sein und Annas Tafelgeschirr für die Feier kurzfristig zurückgeliehen. Er gibt noch einmal sein Bestes und hofft, dass keiner merkt, wie knapp er bei Kasse ist.
Leider platzt mitten in das Fest die Nachricht, dass Herzog Alba den gesamten niederländischen Besitz Wilhelms von Oranien eingezogen hat und Wilhelm und dessen Bruder Ludwig vor den Blutrat zitiert. Die Brüder sind als Rebellen und »Zerstörer des Friedens« angeklagt. Mit anderen Worten: Der ohnehin verschuldete Prinz ist bankrott, und in Brüssel droht das Todesurteil. Eine Rückkehr in die Niederlande ist lediglich in Kampfmontur denkbar.
Der Landgraf von Hessen drückt sein Bedauern aus, verspricht vage Hilfe und bricht eiligst auf, um dem Kurfürsten von Sachsen über die Misere des Oraniers zu berichten. Er regt an, der Kurfürst möge beim Kaiser zugunsten Wilhelms intervenieren. August reagiert mit Zurückhaltung. Er schreibt zwar an den Kaiser und schickt eine Kopie des Briefes an Wilhelm, teilt diesem aber mit: »Euer Lieben werden sich als ein Christ selbst zu trösten und … Gott um seine Hilfe zu bitten wissen.« Nur bitte nicht ihn.
Auch Annas Onkel Wilhelm, der Landgraf von Hessen, verweist in verschiedenen Schreiben an den Oranier darauf, dass sein Geldbeutel
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