Sex and Crime auf Königsthronen
1568. Ihr in die Ehe eingeflossenes Vermögen geht bei einem Kriegsabenteuer drauf, das zum Desaster zu werden droht. Sie ist abhängig von einem bankrotten Ehemann, dessen Ruf so gut wie ruiniert ist. Ihre Onkel sind ausgemachte Geizkragen, die sie in keinem Fall versorgen wollen.
Es ist nachvollziehbar, dass die Fürstin von Oranien sich um ihren Unterhalt Gedanken macht, die beklemmend gewesen sein müssen. Das Unterhaltungsprogramm im weiblichen Nähzirkel der Dillenburg hat kaum zu ihrer Aufmunterung beigetragen. Still zu verarmen und demütig am Spinnrad zu drehen ist nicht jedermanns Sache. Schon gar nicht, wenn man dabei zu hören bekommt, man sei an allem Unglück schuld. So einen Unsinn musste sich nicht einmal Aschenputtel anhören.
Wenn Wilhelm da war, hat die Prinzessin den Verzicht auf ein fürstliches Leben im Stile Bredas anscheinend gut verkraftet. Jetzt aber soll sie sich dem Regiment einer Schwiegermutter unterwerfen, die im Rang weit unter ihr steht und die sie verdächtig an die dänische Ziehmutter ihrer Kindheit erinnert. Eine gewisse Frustration aufseiten Annas gepaart mit Nervosität wegen der Finanzen ist nachvollziehbar.
Für die Nassauer allerdings nicht.
Die Fürstengattin berichtet in einem späteren Brief, man habe sie weitgehend ignoriert, kaum mit ihr gesprochen oder sie in ihrem Gemach besucht, wenn Schwangerschaftsmalaisen ihr zu schaffen machten. Oft habe man ihr sogar einen Trunk »geringen Weins oder Biers« verweigert.
Weil sie eine Trinkerin war? Von überhöhtem Alkoholkonsum ist in einigen Briefen der Dillenburger Verwandtschaft tatsächlich die Rede. Etwa, dass man Anna am 18. Juni des Jahres bei Tisch drei Maß Wein serviert habe, Wilhelm hingegen nur zwei. Wer da wohl so eifrig mitgezählt hat? Heute würde man sagen, dass beide Ehepartner gern und öfter zu viel gebechert haben, wobei Wilhelm seiner Anna im Training weit voraus ist.
Ein Maß bedeutet damals übrigens je nach Landstrich einen oder 1,7 Liter Flüssigkeit. Nun, wer Sorgen hat, hat auch Likör, um es mit Wilhelm Busch zu sagen, und Wein (meist mit Wasser verdünnt) gilt damals als Grundnahrungsmittel. Bier übrigens heute noch.
Nichtsdestotrotz deutet sich bei Anna auf der Dillenburg ein Hang zu Trinkexzessen an, die allerdings erst Jahre später und dank Mitwirkung ihrer lieben Verwandten gravierende Ausmaße annehmen. Ihre Briefe aus jenen Tagen sprechen für einen klaren Kopf und – seit Wilhelms Abmarsch – von ihrer altbekannten Verzweiflung. Nach dem Motto: Dein ist mein ganzes Herz, wo du nicht bist, kann ich nicht sein, verzehrt sich Anna nach ihrer besseren Hälfte oder nach dem, was sie dafür hält.
Die Prinzessin ist – modern gesprochen – ein Suchtcharakter, doch abhängig ist sie zu diesem Zeitpunkt nach wie vor von der Droge »unsterbliche Liebe«. Eine Droge, die bei Entzug depressiv macht. Was wiederum schnell dazu führt, dass man nach Ersatzdrogen greift.
Eine Methode mit Geschichte auch in besseren Kreisen.
Viele royale und adlige Zweckbräute, die sich nach der Liebe ihres Angetrauten verzehrten, sind für Suchtmittelkonsum bekannt geworden und konnten es sich leisten. Sie gestatten einen kleinen Schlenker, bevor es zu depressiv wird?
Shopping, Schuhe und zu viel Schokolade
Maria Theresia von Spanien, verliebt in und verheiratet mit Frankreichs Sonnenkönig, tröstet sich rund hundert Jahre nach Anna von Sachsen mit heißer Schokolade über Ludwigs mäßiges Interesse an ihr und über seine Vorliebe für aufregende Mätressen hinweg.
Die Königin schlürft täglich um die zwanzig Tassen. Das damals sündteure Vergnügen und sieben Pflichtschwangerschaften kosten sie fast alle Zähne und die ohnehin schon üppige, aber in Teeniejahren reizvolle Figur. Kunstfreunde begeistert die Spanierin übrigens noch heute als zauberhaftes kleines Mädchen auf Velázquez’ Gemälde »Die Infantin«. (Schnell mal googeln!)
Ihr Gemahl teilt diese Begeisterung nicht, und Maria Theresia hat nicht das Zeug zur Verführerin. »Königinnen haben keine Beine!« heißt das lustfeindliche Motto weiblicher Sexualkunde in Spanien. Soll heißen: Spaß bei der Fortpflanzung ist unerwünscht.
Weshalb Maria sich neben Kakao auf Affenliebe verlegt. Ohne einen Pulk von Meerkatzen geht sie nirgends hin; nebenher sammelt die selbst recht klein gewachsene Königin »Zwerge«. Mehr als ein Dutzend Liliputaner gehören als Spaßmacher zur Entourage der Monarchin.
Immerhin behandelt Ludwig seine
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