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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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zur Aufführung. Das ius primae noctis wird schon vorher zum Politikum.
    Es werden sogar Urkunden und Quellen gefälscht, um das unerhörte Recht an der Zensurbehörde vorbei publik zu machen. Ganz Paris fällt auf die Beweisflut herein. Geistesgrößen verteufeln das Gesetz als besonders perfides Beispiel unmoralischer Adelsprivilegien, die abgeschafft gehören. Was eine vernünftige Idee wäre, so es das Gesetz gegeben hätte. Nein, bloße Gerüchte und Propaganda haben die Französische Revolution nicht ausgelöst, aber ständig begleitet und kräftig befeuert. Mit unschönen Folgen für Leben und Freiheit Einzelner, die nicht notgedrungen Blaublüter waren.

Todesstrafe für sexuelle Konterrevolution und ein Königsbordell
    Am Ende finden die Revolutionäre Gründe genug, um die Guillotine gegen so ziemlich jedermann einzusetzen. Geköpft wird wegen der unterschiedlichsten Delikte. Begangener und nicht begangener, adliger und nicht adliger.
    Unter anderem muss Bürgerin Marie-Jeanne Bécu, bekannter als Madame du Barry und letzte Marquise von König Ludwig Nummer 15, dem Nachfolger des Sonnenkönigs, unters Fallbeil.
    Die illegitime Tochter einer Näherin und eines Franziskanermönchs hat Frankreichs vorletztem König zwar nicht ihre erste, aber ganz viele andere Nächte gewährt. Freiwillig.
    Mit gefälschten Adelspapieren, die ein Graf du Barry ihr besorgt hatte, konnte die stadtbekannte Prostituierte 1769 zur letzten Mätresse des greisen Ludwig XV. (1710–1774) aufsteigen. Der König kannte sich nicht nur mit Brotpreisen, sondern auch dem Rest des Pariser Lebens anscheinend schlecht aus oder hatte erhebliche Informationsdefizite.
    Der Hof empfindet die Beförderung einer Dirne zur Maîtresse en titre , also der offiziellen Favoritin, als Skandal und Anmaßung.
    Statt adligen Damen oder wenigstens einer gebildeten Bürgerin wie Ludwigs fünf Jahre zuvor verstorbener Dauermätresse Marquise de Pompadour den Vortritt zu lassen, nimmt sich erstmals eine Dirne das Recht heraus, le Roi nach Kräften auszunehmen. Das ist auch eine kleine Revolution.
    Freilich mithilfe eines Aristokraten, der ränkeschmiedende, blitzgescheite Adels- oder Bürgerdamen aus dem Rennen schlagen und selber intrigieren will. Die Gossenschönheit mit den gräflichen Papieren, die gefälschte von Barry, unehelich geborene Bécu, hat ihre Chance genutzt und einen nicht gerade unschuldigen Monarchen betört. Klar ist: Bescheiden ist sie nicht gewesen und finanziell verdammt erfolgreich.
    Leider haben Frankreichs Revolutionäre knapp dreißig Jahre später kein Verständnis für eine gewiefte Proletarierin, die sich zwecks Karriere zum König hochschläft. 1793 rollt ihr Haupt ins Stroh. Bis zuletzt wundert sich Bürgerin du Barry, warum man ihr das sauer erarbeitete Schloss abnimmt. Schließlich ist tout Paris damals Europas anerkannte Metropole für das horizontale Gewerbe. Ein gewisser Napoleon, Freund der Revolution, macht dort auch seine ersten Erfahrungen mit der rein horizontalen Liebe.
    Noch absurder dürfte es der Bürgerin Bécu erschienen sein, dass man sie wegen angeblicher Pläne zur Konterrevolution anklagt. Große Politik hat sie – im Gegensatz zu Vorgängerinnen wie der Pompadour, Tochter eines in den Adelsstand erhobenen Fleischgroßhändlers – sicher nicht im Sinn gehabt. Tja, am Ende ist das eher gerissene als gebildete Mädchen aus dem Volk die Dumme. Obwohl gerade das Volk im Namen des Volkes Revolution macht. Auch so kann’s eben gehen.
    Monica Lewinsky hat im Jahr 1998 vielleicht ähnlich verwundert reagiert wie die gefälschte Gräfin, als sie zum Mittelpunkt einer internationalen Staatsaffäre um US -Präsident Bill Clinton wurde. Dabei hat die 22-jährige Praktikantin für die Schäferstündchen im Oval Office vom damals mächtigsten Mann der Welt nicht einmal Geld verlangt.
    An den Pranger gestellt wurde die Kopierkraft samt spermabeflecktem Kleidchen dennoch. Wie royale Ejakulate sind am Ende also auch demokratische Ejakulate politisch bedeutsam. Ob ihr kurzfristig weltberühmter Name, unter dem sie im Internet Handtaschen loszuschlagen suchte, für Monica eine angemessene Entschädigung für ihre Dienstleistung war, ist fraglich. Immerhin durfte sie den Kopf behalten – und Bill Clinton sein Amt.
    Madame du Barry musste ihr Haupt wohl ebenfalls für die politischen und privaten Sünden ihres Exgalans Ludwig XV. hinhalten, der schon tot und begraben ist, als mit ihr 1793 kurzer Prozess gemacht wird.
    Ludwig

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