Sex and Crime auf Königsthronen
die Straßenhuren von Paris werden sie es allerdings gehabt haben.
In die Geschichte geht Ludwigs Bordell als sein »Hirschpark« ein, was keine schmutzige Anspielung ist, sondern die deutsche Übersetzung für »Parc-aux-Cerfs«, den Namen des Stadtviertels.
Zu Zeiten von Ludwig XIII. (1601–1643) befand sich dort nämlich ein Hirschgehege, und Versailles war noch ein beschauliches Jagdschlösschen. Ludwig Nummer dreizehn hatte kein Interesse an einem Bordell mit minderjährigen Mädchen, er zog männliche Favoriten vor. Ob rein platonisch oder nicht, ist unklar.
Kurzer Seitensprung zu den Anfängen des geregelten Seitensprungs
Ludwig XV. ist beileibe kein Sonderfall der Geschichte.
Die meisten Monarchen Europas haben das unauflösliche, monogame christliche Ehemodell nur offiziell gelebt. Quer durch alle Epochen. Die royale Realität könnte man mit dem antiken Rhetoriker Demosthenes (4. Jahrhundert vor Christus) so umreißen: »Wir haben Hetären zum Vergnügen, Konkubinen für die Bedürfnisse des Alltags und Ehefrauen, um legitime Kinder zu zeugen.«
Ein königliches Exklusivmodell oder Vorrecht ist die ausschweifende Erotik der Mächtigen also auch nicht.
2400 Jahre nach Demosthenes, nämlich im Jahr 1986, kommt der Ethnologe Robin Fox in einer Studie über das Sexualleben verschiedener Epochen, Völker und Länder zu dem Schluss:
»Das bei den Menschen am weitesten verbreitete Heiratsmuster ist die Vielweiberei der Mächtigen. Selbst in offiziell monogamen Gesellschaften erfreuen sich die Mächtigen in der Regel eines erweiterten sexuellen Zugangs zu jungen Frauen.«
Bei Demosthenes klingt das unbekümmerter, aber das Ergebnis bleibt dasselbe.
Wobei dringend angemerkt werden muss: Der Ethnologe Fox ist kein Biologe. Er behauptet nicht , dass dieses Muster genetisch zwingend vorgegeben ist. Geschichtlich aber war es höchst beliebt – und das ist es noch.
Über die ersten königlichen Konkubinen des europäischen Mittelalters ist wenig bekannt. Nicht weil es sie nicht gab, sondern weil sie selbstverständlich waren und nicht wichtig genug, um kostbares Pergament und Tinte auf ihr Wirken zu verschwenden. Allein das mittelalterliche Wort Konkubine (»Beischläferin«) zeigt, dass die Amüsierdamen noch nicht so wichtig genommen werden wie die Mätressen späterer Jahrhunderte. Diese hübschere Bezeichnung leitet sich vom französischen maîtresse – für »Meisterin«, »Herrin« ab.
Ob die Liebesdienerin immer Herrinnen ihres Geschicks waren, muss man von Fall zu Fall beurteilen. Es gab ausgesprochen gebildete Vertreterinnen dieses Metiers, die auch politischen Einfluss gewannen. Eine angebliche »Herrschaft der Unterröcke« – wie Englands Untertanen im 18. Jahrhundert behaupten – ist aber an keinem absolutistischen Hof der Epoche nachweisbar.
So weit ging die Begierde bei Königs selten, dass sie sich und ihre Paläste ganz und gar von ihrem Lustvertreib beherrschen ließen.
Vielweiberei ist und bleibt Mode bei den Mächtigen
Schon Frankenkönig Karl der Große, der im Jahr 800 in Aachen zum Kaiser gekrönt wird, heiratet vier- oder fünfmal nacheinander, vielleicht sogar nebeneinander, offiziell. Zusätzlich beglückt er wenigstens vier – heute noch bekannte – Konkubinen mit so hübschen Namen wie Madelgard und Ethelind. Zwanzig Kinder sind diesen Verbindungen entsprungen.
Der umtriebige Superkaiser des frühen Mittelalters, den Frankreich genau wie Deutschland unter ihren bedeutendsten Monarchen auflisten, hat genug Zeit für die Reproduktion. Karl der Große beziehungsweise Charlemagne erreicht das zu seinen Zeiten biblische Alter von 70 oder 72 Jahren. Auch hier schwanken die verfügbaren Quellenangaben.
Gemunkelt wird außerdem von einer Art Harem, den der Karolinger sich an seinem Hof eingerichtet haben soll. Ein Sklave seiner Lüste war er aber keinesfalls.
Zudem wird er in der Forschung gern als – in seiner Zeit – erstklassiger Familienvater bezeichnet. Begründung: Er legt Wert auf die Bildung seiner Kinder genau wie auf die seiner Untertanen, und im Gegensatz zu ihm konnten ein paar seiner Frauen lesen und schreiben. Beherrscht wird die Welt damals allerdings mit dem Schwert, und nicht mit Feder und Tinte.
Fest steht, dass der Karolinger nicht ständig durch die Betten getollt ist. Er musste vor allem fromme Geschäfte erledigen.
Über die Hälfte seines Lebens hat der große Karl – der seine Zeitgenossen mit 1,90 Metern auch körperlich überragt, obwohl sein
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