Sex and Crime auf Königsthronen
des Kaisers baut Wilhelm ein System der Günstlingswirtschaft auf, indem er Posten in seinen Ländereien mit Niederländern besetzt. Auch seine deutschen Brüder versorgt er mit Pfründen und Privilegien. Der fünf Jahre jüngere Ludwig von Nassau wird sein engster Vertrauter und darf – obwohl bekennender Lutheraner – bei ihm im Wasserschloss Breda leben und Karriere machen. Ludwig darf sogar lutherische Prediger beschäftigen. Das gefällt einigen kaiserlichen Räten und Bischöfen zwar nicht, aber böse Absichten gegen Kaiser oder Katholizismus traut man seinem großen Bruder Wilhelm nicht zu. Und er hegt zu dieser Zeit auch keine, schließlich geht es ihm gold. Religiös ist er nach allen Seiten offen. Dem jüngsten Spross seiner lutherischen Sippe will Wilhelm einen katholischen Bischofssitz zuschanzen.
Der achtzehnjährige Prinz kombiniert seine Vasallenpflichten weiter mit dem Leben eines Bonvivants, Verschwenders und Schürzenjägers.
Wilhelms Partys gelten als die besten. Schon sein Hochzeitsfest mit Anna von Buren ist legendär. Vier Tage wird turniert, getanzt und getafelt. Zu den opulenten Mahlzeiten gehören Schaugerichte wie »Feuer speiender Königsadler im eigenen Federkleid«. Falls Sie es – mit einem Huhn bitteschön – nachkochen wollen, hier das Rezept:
Man nehme einen Adler (Huhn), enthäute ihn ungerupft, würze ihn mit Nelken, Ingwer, Muskat und Zucker, brate ihn, streife ihm das Federkleid erneut über und stecke ihn auf Eisenstangen. Die Augen sind durch Glassteine zu ersetzen, die Gurgel wird mit einem kampfergetränkten Tuch gestopft. Kurz vor dem Servieren entzünde man dieses Tuch, damit Flammen aus dem Schnabel schlagen.
Lecker geht wahrscheinlich anders, aber pompös wird der Funken sprühende Vogel ausgesehen haben. Das Gericht wird auch gern mit Schwänen oder Pfauen zubereitet.
Wilhelms erste Ehe mit Anna von Buren ist zu Anfang glücklich. Neben Land und Gut erhält Wilhelm eine hübsche dunkelhaarige Frau von leicht melancholischem Aussehen. Über sie ist wenig bekannt. Über ihren Vater hingegen berichten Zeitgenossen, dass er fluche wie ein Pferdeknecht, unmäßig im Trinken und Essen sei, die Fasten- und Feiertage ebenso wenig achte wie die eheliche Treue und dass er das offen kundtue. Seine Tochter wird also einiges gewohnt gewesen sein – und Wilhelm blieb ihr zuliebe vielleicht eine Weile monogam.
In der Wasserburg von Breda hält das Paar nach der Hochzeit prachtvoll Hof. Schon bald füttert der Oranier 160 adlige Herren, Pagen und Höflinge durch. Dazu 18 Hellebardiere als Leibwache, Kapläne, Kammerdiener, Sekretäre, Falkner, Windhunde- und Dachshundezüchter, Stallmeister, Goldschmiede und niedere Dienstboten. Das kostet, und gefeiert wird weiterhin auf höchstem Niveau.
Kleine Kostprobe in Sachen Partyausgaben: Vor dem dreitägigen Tauffest für die erste Tochter von Wilhelm und Anna von Buren, die 1553 geboren wird und zum Kummer der Mutter ein Jahr später stirbt, schreibt der Küchenchef folgenden Einkaufszettel:
30 Lammkeulen zum Einsalzen, 18 Keulen für Pasteten, 26 Rohrdommeln, 3 Reiher, 15 Schwäne, 18 Pfauen, 1 Hirsch, 4 Kälber, 362 Regenpfeifer, 1100 Krebse, 44 Schinken …
Und so weiter und so weiter. Südfrüchte, Marzipan, sündteure Gewürze und viele Fässer Wein kommen hinzu. Bei solchen Festbanketten lässt Oranien bis zu vier Gänge servieren. Jeder Gang besteht aus vier bis 28 Gerichten. Natürlich kosten die Gäste nur von dem, was ihnen gerade vor die Nase kommt, aber in Fress- und Trinkgelage artet es jedes Mal aus. Wilhelms Festprinzip lautet »de ne boyr trop d’eau car on sèn nuge« – zu Deutsch: »Nicht zu viel Wasser trinken, das macht müde.« Um die 5000 Gulden kostet der jährliche Weinkonsum in Breda.
Ein bisschen schlecht wird dem trinkfesten Wilhelm erst angesichts der Rechnungen. Trotz hoher Einkünfte sind seine Ausgaben für das Hofleben so hoch, dass ihm kein Kaufmann und kein Bankier in Antwerpen mehr Kredit gewährt.
Sein Finanzrat empfiehlt Einsparungen. Wilhelm entlässt brav 28 Köche. Was einen Eindruck davon vermittelt, wie groß seine Küche gewesen sein muss. Von seinen Schulden kommt der junge Oranier durch den Rauswurf von Küchenpersonal nicht runter. Im Gegenteil. Statt 55.000 Gulden gibt er bald bis zu 90.000 Gulden jährlich für seine fürstliche Hofhaltung aus. Sie gilt als prunkvoller als die der kaiserlichen Statthalterin zu Brüssel. Seine Küche ist so legendär, dass Deutschlands Fürsten
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