Sex and Crime auf Königsthronen
vornehmen Grafen Egmont und Horn, in Kampfpausen wieder Stammgäste in Brüssels Bordellen sind. Oft erscheinen sie unausgeschlafen und alles andere als nüchtern zu Sitzungen des kaiserlichen Staatsrates. Manchmal verlegt Wilhelm politische Verhandlungen gleich aufs Schlaflager. Und auf was für eins!
Meistermaler Albrecht Dürer staunt in einem Reisetagebuch über ein prachtvolles Bett, wo »fünfzig Menschen mügen inne liegen«, das in Wilhelms Brüsseler Palast steht.
Es ist als Nacht- und Massenlager für sturzbetrunkene Zecher und Freunde Wilhelms bestimmt. Gemeinsam wird dort gelegentlich der Rausch ausgeschnarcht. Am späten Vormittag werden in horizontaler Lage dann Diplomaten und Politiker empfangen. Eine leichte liegende Tätigkeit, bei der ein Katerfrühstück und Lautenklänge serviert werden.
Politik vom Prunkbett aus wird bald zur Spezialität von Monarchen. Ludwig XIV. macht daraus großes Staatstheater. Sein offizielles Schlafzimmer ist architektonischer Mittelpunkt von Versailles. Damit die Höflinge ihm beim Aufstehen, genannt Grand Levé, und beim Zubettgehen, dem Couché, zusehen können. Wer ganz nah ran darf, etwa zum Strümpfeanreichen, steht auf der Karriereleiter ganz oben. Wenn der Sonnenkönig zu Bett geht, geht Frankreichs Sonne unter, wenn er aufsteht, geht sie wieder auf.
Ganz so weit hat Wilhelm von Oranien es in seinem Massenbett zu Brüssel nicht gebracht. Außerdem ist er im Gegensatz zu Ludwig, der sich stets pünktlich erhebt und mindestens acht Stunden täglich Staatsgeschäfte erledigt, in der Jugend ein saumseliger Langschläfer.
Vielleicht haben ja wenigstens Wilhelms feste Mätressen, die er neben zahlreichen One-Night-Stands unterhält, mit dem Hallodri geschimpft. Seine erotische Unersättlichkeit ist in hochadligen Männerkreisen natürlich nicht untypisch. Seine Liebesbriefe an Anna von Buren sehr wohl, weshalb Historiker seine erste (Fern-)Ehe gern als glücklich beschreiben. Die Gattin sieht das später anders.
Eins ist die Verbindung in jedem Fall – fruchtbar. Von 1553 bis 1556 schenkt Anna Wilhelm pro Jahr ein Kind, darunter seinen ersten Sohn und designierten Stammhalter Philipp Wilhelm von Oranien. Alle drei Babys entstehen zwischen kurzen Fronturlauben und diplomatischen Missionen im Dienste seiner Majestät. Von Abstechern ins Bordell und Mätressenbesuch mal abgesehen.
Karl V. überträgt dem Prinzen 1555 das Kommando über seine gesamte Maasarmee; rund 40.000 Mann stehen damit unter dem Befehl eines 22-Jährigen. Weit erfahrenere Feldherrn werden zu seinen Gunsten übergangen. Der Kaiser ahnt nicht, dass er mit der Bevorzugung und Schulung des Militärs und Taktikers Wilhelm von Oranien seinen künftigen Feind heranzieht. Zur Verteidigung seines jungen Favoriten sei angemerkt, dass Wilhelm zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht ahnt, dass er zum Rebellen werden wird.
Einige Monate später erreicht die Karriere von Kaisers Liebling einen neuen Höhepunkt. Der gichtkranke, amtsmüde Karl V. legt im Oktober 1555 die Kaiserkrone nieder und dankt als spanischer König und Herr der Niederlande zugunsten seines jetzt 28-jährigen Sohnes Philipp in Brüssel ab. Zur feierlichen Zeremonie erscheint der gebeugte Karl gestützt auf die Schultern des Prinzen von Oranien.
Es wird ein rührender, tränenreicher Staatsakt. Vielen scheint es, als nehme man mit dem Kaiser nun tatsächlich Abschied vom allerletzten Ritter, obwohl dieser Beiname schon Karls Großvater – dem Kaiser Maximilian I. – verliehen wurde.
Manche Biografen mutmaßen, dass Karls Sohn, der neue König Philipp II. von Spanien und Staatschef der Niederlande, die Bevorzugung des sechs Jahre jüngeren Wilhelm bei der Zeremonie persönlich übel genommen und eine bösartige Eifersucht entwickelt hat.
Sicher ist nur, dass die beiden Männer charakterlich grundverschieden sind. Von Missgunst ist zunächst nichts zu spüren. Im März 1556 schlägt Philipp den Grafensohn aus Dillenburg im Auftrag seines Vaters zum Ritter des habsburgischen Hausordens »vom Goldenen Vlies«. Später macht er ihn zum offiziellen Statthalter der Provinzen Holland, Zeeland und Utrecht, wo Wilhelms riesige Erbgüter liegen.
König Philipp II. hat zwar Differenzen mit seinem Vasallen von Oranien, aber er ahnt so wenig wie sein Vater, dass er seinen gefährlichsten Gegner befördert. Und auch Wilhelm weiß es zu Zeiten der Abdankung des Kaisers noch immer nicht.
Dafür kommt seiner jungen Gattin in Breda zu Ohren, dass het
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