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Sex and the Office

Sex and the Office

Titel: Sex and the Office Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Sternberg
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die Arbeit im Sender konzentrieren; schließlich hatte die Giftspinne sich bereits mehrfach darüber beschwert, ich wäre zu abgelenkt und würde die mir aufgetragenen Arbeiten im Schneckentempo verrichten. Leon Wenzel, der sich inzwischen sogar meinen Namen merken konnte und mich nicht länger Karlotta nannte, schien das offenbar egal zu sein; er hatte mich infolge meines verunglückten Interviews sogar gebeten, ihn Ende August zu den Filmfestspielen nach Venedig zu begleiten. Von Sofia Coppola über Spielberg bis Tarantino würde dort alles, was Rang und Namen hatte, vertreten sein – und ich mittendrin! Ich konnte es kaum erwarten, wenngleich ein gemeinsamer Trip nach Venedig umso mehr die gegenwärtige Meinung festigte, ich hätte eine Affäre mit dem Redaktionsleiter. Doch da stand ich inzwischen drüber. Außerdem hatte Leon Wenzel seine Entscheidung, mich nach Venedig mitzunehmen, damit begründet, dass ich aufgrund des Rummels, der derzeit um meine Person herrschte, das neue Aushängeschild der Redaktion sei. Mir sollte das recht sein. Viel beunruhigender fand ich die Tatsache, dass an diesem Morgen die Schubladen meines Schreibtischs sperrangelweit offenstanden und meine Unterlagen durchwühlt worden waren. Und ich hätte schwören können, dass der Verursacher es nicht auf meine Schokoriegel abgesehen hatte, sondern auf dieses mysteriöse Kuvert. Jede Wette, dass diese Jenny Schmidt dahintersteckte, sagte ich mir und warf einen Blick auf jenes Kuvert in meiner Tasche. Es heißt, Vorfreude sei die schönste Freude, doch jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich es keine Sekunde länger aushielt. Zum Teufel mit dem Briefgeheimnis! Ich blickte mich um, um sicherzugehen, dass mich niemand beobachtete, und riss das Kuvert auf. Zu meinem Erstaunen befanden sich darin mehrere braune Scheine sowie ein Zettel, auf dem mit krakeliger Handschrift geschrieben stand: Du weißt, was zu tun ist. Nachdenklich blickte ich auf. Du weißt, was zu tun ist? Ich hatte weder einen Schimmer, was es mit den Fünfzig-Euro-Scheinen noch mit der beiliegenden Botschaft auf sich hatte. Und wer war der unbekannte Verfasser? Eingehend betrachtete ich die Handschrift, doch da ich weder grafologische noch hellseherische Fähigkeiten besaß, hätte ich nicht einmal sagen können, ob diese Sauklaue einem Mann oder einer Frau gehörte. Grübelnd steckte ich das Kuvert wieder ein, während mir dieser Satz nicht mehr aus dem Kopf ging.

15
    Montag, 2. Juli
    Ich müsste lügen, behauptete ich, meinen Triumph nicht vollends auszukosten, seit Franziska spitzbekommen hat, dass ich Leon Wenzel zu den Filmfestspielen begleiten würde, doch bis Ende August war es noch reichlich Zeit. Und zunächst galt es für mich, die bevorstehende Woche zu überstehen, was ehrlich gesagt leichter gesagt war als getan. Denn dieses Mal würde es für mich keinerlei Rettung von oben geben – im Gegenteil, für mich ging es nach ganz unten. Kaum hatte Leon Wenzel sich zu einer Pressereise verabschiedet, bekam ich einmal mehr zu spüren, zu welchen Gemeinheiten seine Stellvertreterin imstande war. Und das galt nicht nur für die Tatsache, dass unter dem strengen Regiment von Ulrike Burbach sogar der Casual Friday abgeschafft worden war, was ich natürlich wieder als Letzte erfahren hatte. Unnötig zu sagen, dass ich als Einzige ganz leger in auf Kniehöhe abgeschnittener Jeans und Flipflops im Büro aufgekreuzt war. Nach dem allmorgendlichen Kaffeekochen wurde ich in der Regel mit stumpfsinnigen Botengängen betreut, wenngleich Letzteres in Tobis Aufgabenbereich fiel. Den Großteil jener nicht enden wollender Woche war ich in das staubige Archiv im Keller des Senders verbannt worden. Und schickte die böse Stiefmutter ihr Aschenputtel doch einmal vor die Tür, dann bloß, um mir absurde Aufgaben aufzubürden, wie etwa, den chinesischen Wirtschaftsminister zu interviewen, obgleich dessen Übersetzer ausgefallen war. Obwohl die Schikanen von Ulrike Burbach stetig zunahmen, hatte ich keine Nanosekunde daran gedacht zu kapitulieren. Es brauchte schon eine ganze Armada von Giftspinnen, um mich in die Flucht zu schlagen! Davon abgesehen erinnerte ich mich nicht, wann ich zuletzt durchgeschlafen hatte, und im Keller konnte man locker den halben Vormittag vor sich hin dösen, ohne dass es auffiel. Dennoch hätte ich es nie für möglich gehalten, mich so sehr über den Anblick meines Chefs zu freuen, als dieser bei seiner Rückkehr, erholt wie nach einem Urlaub, aus dem

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