Sex Im Busch 1-3 Sammelband
erhielten.
Der Muluglu wurde in Einzelteilen auf den Grill gelegt. Es zischte fettig, als das Fleisch auf die Flammen des Feuers traf. Barnabas wollte sich in seinem Käfig beide Ohren zuhalten. Er konnte es wegen der Handfesseln jedoch nicht. Neben ihm weinte Oke vor sich hin. Ehemals war er sein treuer Kofferträger gewesen. Nun war er, wie sein Boss auch, lebendes Fleisch in der Vorratskammer der Kannibalen. Seine breiten Schultern zuckten. Er hatte die gefesselten Hände vor den Kopf gelegt, der auf seinen angewinkelten Knien ruhte.
Barnabas fragte sich, wer wohl der Nächste von ihnen sein würde, den sie holten. Veranstalteten sie einen Festschmaus? Würde die schreckliche Prozedur bis abends oder in die späte Nacht hinein dauern, bis sie einen nach dem anderen aufgefressen hätten?
Immer noch befand sich sein kostbares, von Nashornleder geschütztes Buch der heiligen Psalmen auf seinem Rücken. Die Kannibalen hatten es ihm nicht weggenommen, es vielleicht auch gar nicht als bedeutenden Bestandteil außerhalb seiner Kleidung erkannt. Was wussten sie schon? Für sie war es womöglich irgendein Korsett oder ein religiöser Medizinbeutel, den er da trug.
Was als Einschätzung gar nicht mal so verkehrt war. Die Psalmen gaben ihm unerschöpfliche Kraft und geheimes Wissen, das er nutzte. Sie stützten ihn und gaben ihm geistigen Halt auf all seinen Wegen. Schon das reine Gewicht des schweren Buches reichte, um ihn etwas zu beruhigen. Solange er das Buch an seinem Rücken hängen spürte, war er jedenfalls ein fühlendes Lebewesen und noch nicht tot. Ein Ausweg aus der verzwickten Lage erschien zumindest nicht völlig unmöglich.
„Hab keine Angst!“ versuchte er dem weinenden Oke gut zuzureden. „Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir!“
Oke sah auf. Sein Blick war zweifelnd und ins Leere gerichtet, die Augen schreckerfüllt und angstgeweitet. „Wie sollen wir von hier wegkommen?“ fragte er mit leiser und brüchiger Stimme.
„In meiner Heimat gibt es ein kluges Sprichwort“, sagte Barnabas und bemühte sich um einen ruhigen, gemächlichen Tonfall. Das war ein beinahe heldenhafter Versuch der Beschwichtigung, denn in ihm brodelten unzählige wirre Gedanken und Befürchtungen. „Das Sprichwort heißt:
Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird!
Das bedeutet, dass man...“ Er schwieg. Seine Worte, in bemüht perfektem Kongolesisch vorgetragen, schienen dem Verängstigten nicht zu helfen, sondern eher das Gegenteil zu bewirken.
Barnabas versuchte es auf eine andere Weise: „Schau, mein guter Oke... Die Allmacht des Schicksals wacht über uns! Es gibt noch einen anderen Spruch aus meiner Heimat, der da heißt:
Viele Köche verderben den Brei!
Glaube mir, diese Kerle sind zu gierig und zu hektisch, als dass ihnen nicht ein verhängnisvoller Fehler unterlaufen wird! Du wirst schon sehen...“ Barnabas verstummte. Oke war untröstlich und hatte sich schon regelrecht in einen Zustand der Hysterie hineingesteigert.
Drei Gestalten näherten sich ihnen. In ihrer Mitte ging ein hochgewachsener Kerl mit einem Kopfschmuck aus Fischgräten, Knochen und mehreren kleinen Menschenschädeln. In deren Augenhöhlen steckten Federn, Blumen und Farne. Rechts von ihm watschelte eine kleine, dickliche Frau mit einem löchrigen Kleid aus Hyänenfell. Sie nagte an einem Stück Fleisch, welches offenbar bis vor kurzem noch der Unterarm des Muluglus gewesen war. Es war nur leicht gegart und fast roh. Dennoch grub sie ihre spitzen kleinen Zähne tief hinein und riss blutige Fetzen heraus, um sie ausgiebig durchzukauen. Links von der hochgewachsenen Gestalt ging der kleinwüchsige unheimliche Typ mit der hohen Stirn und dem roten Umhang, der Barnabas schon bei ihrem Eintreffen im Dorf aufgefallen war. Auch er kaute an etwas. Sein Schwengel, der vor kurzem noch den Umhang so steif und ordinär in die Höhe gewölbt hatte, hing nun brav herab. Nur eine Beule hinter dem roten Stoff verriet, dass er auch im schlaffen Zustand ungewöhnlich groß war.
„Das ist der König!“ wimmerte der bärtige alte Mann im Käfig ganz starr vor Entsetzen und wagte es kaum, den Mann in der Mitte anzusehen.
Barnabas sah den Dreien entgegen. Er bemühte sich um einen ruhigen und selbstsicheren, jedoch auch höflichen und friedfertigen Gesichtsausdruck. Vielleicht würde er mit Worten retten können, was zu retten war?
Als die Drei vor dem Käfig standen und die Gefangenen musterten, versuchte es Barnabas mit einem Gruß. In
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