Sexbewusstsein - So finden Sie erotische Erfuellung
weil sie Probleme damit haben, Grenzen zu ziehen, oder weil sie mit dem jetzigen oder früheren Partnern schlechte Erfahrungen gemacht haben. Bei Rita, von der nun die Rede ist, trifft alles drei zu.
«Sie konnte sich noch nie gehen lassen, aber ich werde sie dazu kriegen»
Rainer (50), seit zwei Jahren mit Rita (39) zusammen, nutzte meine Telefonberatung und stellte sein Problem so dar:
«Ich will, dass der Sex perfekt ist, und ich spüre, sie will das auch. Ich frage natürlich öfter mal: ‹Wie war ich?› ‹Gut›, sagt sie dann immer, aber ich merke doch, sie gibt nicht alles her. Sie kann nie ihren Kopf abstellen, ich sag’s mal ganz platt: Einfach nur die Beine breit machen und sich richtig schön ficken lassen, scheint nicht zu gehen. Ich habe ihr schon mehrmals gesagt: Wer dich knackt, von dem lässt du dich auch in seine Höhle schleppen.»
Mich schüttelte es innerlich ein bisschen … wenn mir ein Mann solche Sachen sagen würde, wäre er mir nicht ganz geheuer. Aber ich blieb sachlich und fragte:
«Wie oft haben Sie beide Sex?»
«Wir sehen uns alle zwei Tage und tun’s meistens morgens und abends, aber mindestens einmal pro Tag», antwortete Rainer.
«Können Sie sie fragen, ob ihr das nicht zu viel ist?»
Er ging nicht wirklich auf meine Frage ein. «Sie sagte mal, sie käme auch mit weniger aus, aber: Wozu soll das gut sein? Weniger wird es schon von allein, irgendwann.»
Ich sagte ihm, dass ich gern selbst mit Rita reden wolle; er entgegnete, sie wolle ganz sicher nicht über ihr Sexleben sprechen, sie sei viel zu schüchtern dazu. Rainer und ich führten zwei längere Telefonate. Für mich wurde sein Ehrgeiz immer stärker spürbar, sie (Zitat!) «einzunehmen wie eine Festung». Rita als Projekt. Meine Hinweise, dass genau diese Dinge ihre Hingabe behindern, selbst wenn es nur unterschwellig sei, wischte er beiseite – an
ihm
liege es nicht. Er bat mich schließlich, ihr einen Brief zu schreiben, in dem ich sie beraten sollte, wie sie beim Sex mental besser entspannen und mehr Erregung zulassen kann. Ihre Adresse wollte er mir allerdings partout nicht verraten. Stattdessen sollte ich den Brief in einem verschlossenen Umschlag an ihn senden – und er versprach mir hoch und heilig, ihn Rita ungeöffnet zu geben.
Ich schrieb ihr:
«Liebe Rita,
weil ich ja nur mit Rainer kommuniziert habe (wenn auch sehr ausführlich), ist alles, was ich Ihnen jetzt sage, unter Vorbehalt.
Ich kann viele Ihrer Reaktionen gut nachvollziehen, und meines Erachtens ist alles bei Ihnen im normalen Bereich. Sie hatten vermutlich das Pech, dass Ihnen durch Ihre Expartner kein guter Bezug zu Sexualität vermittelt wurde, sodass Sie sich sexuell eher verschlossen statt geöffnet haben; da ist anscheinend viel Unwohlsein und der Drang, sich zu schützen.
Rainer sagte mir, als er Sie kennenlernte, hätten Sie ‹total die Nase voll von dem ganzen Scheiß Sex› gehabt. Das lässt darauf schließen, dass Sie viel zu häufig beim Sex mitgemacht haben, obwohl Sie selbst gar keinen wollten – oder? Die Frage ist: Haben Sie diese Tendenz immer noch ein wenig? Denn Ihrer beider Sexfrequenz ist deutlich höher als bei anderen Paaren nach zwei Jahren. Das kann erfreulich sein, es kann aber auch bedeuten, dass der eine einen sehr starken Trieb hat, zugleich sexuell recht dominant ist und der andere (eher die Frau) eben mitzieht, weil man den Partner nicht vergraulen und geliebt werden will und weil man irgendwann im Leben gelernt hat: Will man ihn nicht verlieren, darf man ihn sexuell nicht abweisen. Doch so verliert man das Urvertrauen in die Liebe und den lustvollen Zugang zu seinem Körper.
Ob das bei Ihnen so ist, kann ich nicht wissen, aber ich formuliere es einmal so: Frauen, die auch von sich aus so viel und so oft Lust haben, haben kaum Probleme mit dem Fallenlassen.
Wie auch immer: Ich bitte Sie, beim Sex nichts zu tun, nur um Rainer einen Gefallen zu tun. Richten Sie stattdessen Ihre Aufmerksamkeit immer – bei jedem Akt, in jeder Minute – auf Ihre eigene Lust: ‹Fühle ich mich wohl, will ich das gerade, mag ich es? Wenn nein, was würde mir mehr Wohlbehagen und Erregung verschaffen?› Und das sagen Sie ihm dann bitte immer ganz deutlich.
Rainer erzählte mir ganz zu Anfang: ‹Ich bin von uns beiden derjenige, der die Entwicklung voranbringen will. Manchmal ist es vielleicht ein bisschen viel, aber Rita erkennt an, dass es gute Absichten sind und ich sage ihr, dass sie an sich arbeiten muss.›
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