Sexpertin in Mord
»Da ihr alle so freundlich wart,
die Kostüme anzuziehen, die ich ausgesucht habe, so meine ich, ihr solltet auch
erfahren, was sie darstellen. Ich habe mir einige Freiheiten hinsichtlich der
Geschichte erlaubt, was Ereignisse und Zeitpunkt angeht, aber in gewissem Sinne
gehören wir alle zusammen. Ich...« — er verneigte sich tief — »...bin der
Kaiser Tiberius. Sagen wir also, ich habe mich vierzig Jahre früher als geplant
nach Capri zurückgezogen. Die Contessa ist Julia, meine zweite Frau. Meine
erste Gemahlin, von mir geschieden, aber immer noch voll Ehrgeiz, ist Agrippina
— sie steht dort drüben .« Er wies auf die ehrenwerte
Pamela, die darob ein wenig schnaubte. »Wir fühlen uns ferner geehrt durch die
Gegenwart des großen römischen Geschichtsschreibers Tacitus, den ihr
wahrscheinlich besser unter dem Namen Mr. Amalfi kennt .«
»Ich hoffe, Sie werden
freundlich mit mir umgehen, Sir, wenn Sie dieses Ereignis beschreiben ?« Die Contessa lächelte zu Mr. Amalfi hinüber.
»Das dürfte schwierig sein,
Madame«, antwortete er betrübt. »Die lüsterne und verworfene Julia, Witwe des
Agrippa, dem Tiberius von den dynastischen Plänen des Augustus aufgezwungen,
war im ganzen Römischen Reich ihrer infamen Untaten wegen berüchtigt.«
»Ha!« Harry lachte beifällig.
»Ich sehe, ich habe bezüglich des Historikers eine gute Wahl getroffen .«
»Und auch bei Julia eine gute
Wahl ?« sagte die Contessa eisig.
»Es ist ja alles nur Maskerade,
Carla .« Er drehte sich um und sah Peter an. »Da steht
mein verdienstvoller Präfekt Sejanus. Jedenfalls halte ich ihn im Augenblick
noch für verdienstvoll, später wird er mich freilich hintergehen. Unser Freund,
der Künstler« — er nickte in Martys Richtung —, »ist von nun an Caligula, der
Sohn des Germanicus , der mir eines Tages als Kaiser
von Rom nachfolgen wird. Aber bis dahin hat es noch gute Weile, will ich hoffen !«
Er ließ die Contessa stehen,
kam zu Jackie und mir herüber und legte uns die Arme um die Schultern. »Hier«,
sprach er und strahlte die anderen leutselig lächelnd an, »haben wir die beiden
für jede ernstzunehmende römische Orgie unerläßlichen Zutaten. Ich erlaube mir, euch die beiden schönsten aller Sklavinnen
vorzustellen, die Tiberius auf der Insel Capri gefangenhielt !«
»Heißt das etwa, wir kriegen
nichts zu essen ?« fragte die praktisch veranlagte
Jackie.
»Aber natürlich bekommt ihr
beide zu essen und zu trinken«, sagte Harry. »Ihr seid Sklavinnen der Liebe,
nicht der Arbeit. Ihr seid hier, um euren Kaiser zu unterhalten und zu
erfreuen, und natürlich auch seine männlichen Gäste. Aber vergeßt nie, zuerst
kommt der Kaiser. Im übrigen haben die Herren ihre Verehrung vornehmlich meiner
lieben Julia zu widmen .«
Er schritt zur Contessa zurück
und bot ihr den Arm. »Jetzt wollen wir uns zweitausend Jahre zurückversetzen«,
sagte er, und seine Stimme klang plötzlich nüchtern. »Die beiden Sklavinnen
werden uns in den Hof vorangehen, Caligula und Sejanus folgen ihnen; dann kommt
Agrippina am Arm von Tacitus, und schließlich Tiberius und Julia. Heil, Cäsar,
dir!«
Niemand lachte. In diesem
Moment schien jeder irgendwie benommen. Ich selber wandelte mit einem Male fast
automatisch in Richtung Hof, mit Jackie an meiner Seite, während die übrigen
sich hinter uns einreihten, wie es ihnen gesagt worden war, und uns folgten.
Und dann, beim Eintritt in den Hof, wäre ich beinahe gestolpert; ich hörte, wie
Jackie neben mir scharf den Atem anhielt.
»Beim Geist des großen Cäsar !« flüsterte sie. »Wo kommt das bloß alles her ?«
Der Hof war eine matt erhellte
phantastische Kulisse. Ein riesiger niedriger Tisch, fast so lang wie der mit
Platten belegte Hofraum, war von kostbaren schlanken Kerzen beleuchtet und mit
gewaltigen Platten voll Speisen bedeckt. Hohe silberne Pokale randvoll mit Wein
standen daneben bereit, und der ganze Tisch war von niedrigen Couches umgeben,
auf denen pralle Kissen verstreut waren. Ringsum auf allen vier Seiten ragten
die Mauern der Villa gen Himmel und trennten uns völlig von der Wirklichkeit,
und über unseren Häuptern strahlten die Sterne am samtenen nächtlichen Himmel.
Von irgendwoher erklang antike Musik, auf einer Harfe gezupft, und das ließ es
mir eiskalt über den Rücken rieseln.
»Meine Gemahlin wird mir am
Kopf der Tafel Gesellschaft leisten«, sagte Harry und geleitete die Contessa
dort zur Couch. »Caligula und eine Sklavin auf dieser Seite...« Er
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