Sexy, süß und namenlos
sehen.“
Die Verzweiflung in ihrer Stimme überraschte sie selbst. Doch die einzigartige Nacht mit Grant hatte eine unbestreitbare Tatsache geschaffen: Wenn sie eine Zukunft mit ihm wollte, durfte sie nicht länger vor ihrer Vergangenheit fliehen. Sich zu erinnern war jetzt keine weit entfernte Möglichkeit mehr. Ihr Traum heute Morgen hatte bewiesen, dass ihr Erinnerungsvermögen allmählich zurückkehrte. Die Bilder waren zwar noch verwirrend, aber deutlich. Wahrscheinlich brauchte es nur noch einen kleinen Anstoß, damit sie ihr Gedächtnis wiedererlangte. Und diesen Anstoß konnte Moana ihr vermutlich geben. Erst dann würde sie hinsichtlich ihrer Zukunft eine Entscheidung treffen können.
9. KAPITEL
D ie Decke, die Bogengänge und die Blumenornamente in der Empfangshalle waren mit Tausenden winziger funkelnder Lichter geschmückt. Silberne Kerzenleuchter standen in der Mitte der mit weißem Leinen gedeckten Tische. Sanfte Harfenmelodien erfüllten die nach Rosen duftende Luft, und der Champagner floss in Strömen. Das vor dem Sezessionskrieg erbaute Country-Klubhaus von Citrus Hill hatte eine warme und romantische Atmosphäre, wie Harley fand, nur konnte sie sich nicht recht entspannen, weil sie sich viel zu sehr der unzähligen Augenpaare bewusst war, die sie seit ihrer Ankunft von Kopf bis Fuß musterten.
Grant deutete auf einen grauhaarigen Mann mit aufrechter Haltung, der einer ebenso beeindruckenden Frau in einem paillettenbesetzten hellgrünen Kleid ein Glas Champagner reichte. Die Frau trug einen Diamantring, der so groß war, dass Harley ihn selbst auf diese Entfernung funkeln sah.
„Mrs Phipps?“, riet Harley.
Grant nickte. „Howell und seine Frau, Amelia. Sie sprechen mit Bailey Ford, einem der Gründer von Ford, Rienholt und Long. Anwälte mit sehr guten Verbindungen. Sehr konservativ. Einer unserer größten Investoren.“
Harley lächelte einem Kellner zu, der ihr sofort Champagner anbot. Sie zupfte Grant am Ärmel, um seine Aufmerksamkeit von seinem Boss auf das Tablett mit den Champagnergläsern zu lenken. „Hier ist unsere Stärkung.“ Sie reichte ihm ein Glas, nahm sich selbst eines und stieß mit ihm an. „Ich schlage vor, wir gehen direkt auf sie zu. Das funktioniert immer. Bis jetzt habe ich immer die besten Ergebnisse erzielt, wenn ich auf direktem Weg zu bekommen versucht habe, was ich wollte.“
Grant nippte an dem sprudelnden Getränk. „Was deine Ergebnisse angeht, kann ich es nicht bestreiten.“ Ehe sie das Glas an die Lippen heben konnte, hielt er sie auf und führte sie ein paar Schritte nach links, fort von der Tür und außer Hörweite der Umstehenden. Er hob sein Glas, um ihr zuzuprosten. „Auf das, was wir wollen.“
„Und wenn das, was wir wollen, nicht das Vernünftigste ist?“
Er hob sanft ihr Glas an, damit sie trank. „Ich habe keine Lust mehr, mir deswegen Sorgen zu machen. Vernunft ist nicht alles.“
Harley leerte das Glas in einem Zug, und sofort wurde ihr warm. Grant lachte und leerte sein Glas ebenfalls. Er stellte die Gläser auf das Tablett eines vorbeieilenden Kellners und forderte Harley erneut auf, sich bei ihm unterzuhaken. Wortlos führte er sie direkt zu Mr und Mrs Phipps zu, zu denen sich inzwischen Grants Freund Mac und eine bildhübsche Rothaarige gesellt hatten, die nervös an einem Sodawasser nippte.
„Ah, Grant. Gut sehen Sie aus, mein Junge.“ Howell Phipps schüttelte Grants Hand schon fast, bevor dieser die Chance hatte, sie ihm anzubieten. „Ein großartiger Repräsentant von First Investment, findest du nicht auch, Amelia?“
Mrs Phipps richtete ihren abschätzenden Blick von Harley auf Grant und schenkte ihm ein Lächeln. „Ihnen würde ich durchaus mein Geld anvertrauen.“
Grant schüttelte der Frau höflich die Hand. „Das tun Sie bereits, Mrs Phipps. Darf ich Ihnen Ms Harley Monroe vorstellen? Harley, dies sind Amelia und Howell Phipps.“
Harley gab beiden die Hand. In Mrs Phipps kühlen grauen Augen lag ein Ausdruck, bei dem sich Harleys Nackenhaare aufrichteten. Sie versuchte, Harley zu verunsichern, sie in die Defensive zu drängen – und Harley war dieses Gefühl seltsam vertraut.
„Ich freue mich, Sie beide kennenzulernen“, sagte Harley. „Grant spricht in den höchsten Tönen von Ihnen.“
Mr Phipps grinste und winkte einen Kellner mit einem weiteren Champagnertablett heran. An seiner geselligen Art und der leicht schleppenden Aussprache merkte Harley, dass Phipps schon einige Gläser getrunken
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