Sexy, süß und namenlos
den Jungen finden, der auf sie wartete.
Heute Abend würde sie Abschied nehmen. Seit sie in Grants Wohnzimmer zum ersten Mal die Augen aufgeschlagen hatte, wusste sie, dass sie nicht dorthin gehörte. Nur aus reiner Verzweiflung war sie zunächst geblieben, später aus Verlangen. Doch sosehr sie Grant auch dafür liebte, dass er ihretwegen sein Leben und seine Karriere aufs Spiel gesetzt hatte, sie musste verschwinden. Solange sie bei Grant und in Sicherheit war, würde sie sich nie der Tragödie stellen, die ihre Amnesie ausgelöst hatte.
Sie beugte sich vor und schaltete das Radio ein. Grant hielt ihre Hand fest. „Du zitterst ja noch immer.“
„Es ist alles in Ordnung“, versicherte sie ihm.
Er hob ihre Hand an die Lippen und küsste sie. „Du hast dich tapfer geschlagen.“
Nur mit Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten. Die Aussicht, ihn zu verlassen und nie wieder zu sehen, brachte sie fast um. Vorsichtig zog sie die Hand zurück.
„Ich habe nur getan, was ich tun musste.“ Sie lehnte sich in den Sitz zurück und betrachtete die vorbeiziehenden bunten Neonreklamen, bis der Schlaf sie überwältigte.
„Harley, wir sind zu Hause.“
Ihre Lider flatterten, und sie sah sich um, verwirrt von dem großen Eisentor und dem gepflegten Rasen. Wo war die mit Muschelkalk bestreute Auffahrt aus Muschelkalk? Das pinkfarbene Haus mit der Stuckfassade? Die flatternde Flagge mit dem sich putzenden Flamingo?
Dann begriff sie allmählich. Dies war nicht ihr Zuhause, zu dem Grant sie gebracht hatte, sondern seines. Ein geschmackvolles, schönes Haus und völlig anders als das, in dem sie aufgewachsen war. Sie hatte im Wagen den gleichen Traum wie letzte Nacht gehabt – von dem Haus, den Kostümen und Sammys Zahnspangenlächeln.
Grant fuhr in die Garage und stellte den Motor ab. „Alles in Ordnung?“
Sie richtete sich auf, löste den Sicherheitsgurt und streckte sich. „Ich bin wie gerädert.“
Ein Grinsen erschien auf Grants Gesicht. „Dagegen habe ich ein gutes Mittel.“
Die Aussicht auf eine weitere Liebesnacht mit Grant hob Harleys Stimmung. Sie ließ sich von ihm aus dem Wagen helfen und folgte ihm wortlos ins Haus. In der Küche zog sie ihre Jacke aus und kickte die hochhackigen Pumps fort, während Grant in den Kühlschrank schaute.
„Bist du noch zu aufgeregt für Wein?“, erkundigte er sich.
Sie bewegte den Kopf hin und her, um die Nackenverspannungen zu lösen. „Kann man für Wein zu aufgeregt sein?“
Er grinste, nahm eine Flasche Rosé heraus, schob den Korkenzieher in die Tasche und holte zwei Gläser aus dem Schrank. Dann bot er Harley den Arm, und gemeinsam verließen sie die dunkle Küche.
Sie dachte, sie würden nach oben gehen, doch Grant führte sie zum Poolhaus. Er stellte die Weinflasche und die Gläser auf ein Mosaiktischchen und verschwand in einer unbeleuchteten Ecke, wo er an den Lichtschaltern hantierte. Die Terrasse, der Pool und der sprudelnde Whirlpool wurden in sanftes blaues Licht getaucht.
„Für eine Firmenwohnung ist das äußerst romantisch“, meinte Harley. „Hat einer der vorherigen Don Juans unter den Chefmanagern hier gewohnt?“
Grant entkorkte die Flasche und schenkte die Gläser voll. „Ich bin der Erste.“
Sie nahm ihr Glas mit einem skeptischen Lächeln entgegen. „Es fällt mir schwer zu glauben, dass du für diese Beleuchtung gesorgt hast.“
Er trank einen Schluck und kam zu ihr. „Ob ich dafür gesorgt habe oder der Makler, spielt doch überhaupt keine Rolle. Was zählt, ist nur, dass du in dem blauen Licht wunderschön aussiehst. Aber das tust du in jedem Licht.“
Sie ahnte seinen Kuss, noch bevor sie ihn spürte. Zärtlich und verheißungsvoll streiften seine Lippen ihre. Harley bekam kaum mit, wie Grant ihr das Weinglas aus der Hand nahm und wegstellte.
Das bläuliche Licht verlieh seinen Augen den geheimnisvollen Glanz von poliertem Onyx und ließ seine markanten Wangenknochen und das Kinn, auf dem sich winzige Bartstoppeln zeigten, schärfer hervortreten. Er wirkte auf einmal dunkel, gefährlich. Doch Harley hatte keine Angst vor ihm. Die einzige Gefahr, die ihr von ihm drohte, betraf ihr Herz.
„Ich bin mir nicht sicher, ob du mir in dem blauen Licht gefällst.“ Sie fuhr ihm mit der Fingerspitze über die Wange. „Du siehst aus, als wärst du zu allem fähig.“
„Das liegt nicht am Licht, sondern an dir. Du bringst mich auf die verbotensten Ideen.“
Sie ließ ihren Finger über seine Lippen gleiten. „Heißt das
Weitere Kostenlose Bücher