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Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)

Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)

Titel: Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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Volk und Vaterland« und weitere Auszeichnungen oder Geldgeschenke erhalten sollten, war Prokop für das »Ehrengeschenk des Ministers für Staatssicherheit« vorgesehen – die höchste und persönlichste Auszeichnung der gesamten Liste.
    Drei Jahre vorher war Prokop auch zur Auszeichnung »verdienstvoller Bürger« anlässlich des sechzigsten Jahrestages der Bildung der Tscheka vorgesehen. Die Tscheka ist die sowjetische Staatssicherheit (Außerordentliche Allrussische Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution, Spekulation und Sabotage). Ob Prokop die Ehrung – es handelte sich um ein Mini-Buch – annahm, ist nicht bekannt.
    Es folgten weitere Auszeichnungen. Zum 33. Jahrestag der Stasi war Prokop erneut auf der Anerkennungsliste, die diesmal noch um seine Kollegen Gunther Geserick, Georg Radam, Eberhard Lignitz, Hansjürg Strauch und Andreas Gertler erweitert war. Prokop wurde dabei immer die höchste der möglichen Auszeichnungen vor seinen Kollegen zuerkannt, hier die »Medaille der Waffenbrüderschaft in Gold«. Das ist interessant, weil Prokop und Lignitz nicht Mitglied der ostdeutschen Einheitspartei waren. Das hinderte die Stasi-Leute aber nicht daran, die Verbindung zu den Rechtsmedizinern durch Ehrungen zu suchen und zu stärken.
    Als Begründung der hohen Belobigungen gab der Leiter der Abteilung IX an, dass die »Mitarbeiter des Institutes für Gerichtliche Medizin der Humboldt-Universität zu Berlin, in Anerkennung ihrer hervorragenden Unterstützung bei der Lösung der dem Ministerium für Staatssicherheit übertragenen Aufgaben« die Auszeichnung verdient hätten. »Die Gerichtsmediziner leisteten seit mehreren Jahren durch umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen sowie die Erarbeitung umfassender gerichtsmedizinischer und kriminalistischer Gutachten einen wesentlichen Beitrag, das politisch und zentral bedeutende Ermittlungsverfahren mit hoher Qualität und Beweisführung erfolgreich abgeschlossen werden konnten.
    Im Zusammenwirken mit dem MfS und den Justizorganen haben sie durch ihre vorbildliche persönliche Initiative und umfangreiche Arbeitsleistungen zur weiteren Stärkung der sozialistischen Rechtsordnung beigetragen, sich hohe Verdienste im Kampf gegen den Feind und um die Gewährleistung der Sicherheit der DDR erworben sowie offensiv die Politik von Partei und Regierung unterstützt.«
    Dass die Ehrungen hierarchisch abgesprochen waren, ergibt sich nicht nur aus den Berichten von MfS-Mitarbeitern, die ich befragte, sondern aus dem Nachsatz im Protokoll: »Der Vorschlag [zu den Belobigungen] wurde mit dem Leiter der BV fS [Bezirksverwaltung für Staatssicherheit] Berlin und dem Leiter der Abteilung XX [Abwehr] abgestimmt.« Diese streng hierarchischen Abstimmungen waren bei der Stasi üblich.
    Erich Fritz Emil Mielke (1907–2000)
    Mielke war ab 1957 Minister für Staatssicherheit der DDR. Er trieb die flächendeckende Überwachung im Staat weit voran und gilt als »der Mann, der die Stasi war«.
    Als Jugendlicher trat Mielke kommunistischen Organisationen bei. Am 9. August 1931 erschoss er als Mitglied des »Parteiselbstschutzes« der KPD auf dem Berliner Bülowplatz zwei Polizisten, wofür er trotz eines ersten Verfahrens im Jahr 1934 erst sechzig Jahre später (1993) zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde.
    1932 bis 1936 besuchte Mielke in Moskau die Lenin-Schule, in der internationale Gäste ideologisch geschult wurden. Im Zweiten Weltkrieg wirkte er in Frankreich in der verbotenen Kommunistischen Partei. Ende 1943 wurde er von den Nazis gefasst und musste das folgende Jahr Zwangsarbeit für die Bauorganisation für militärische Anlagen leisten (»Organisation Todt«, benannt nach ihrem Leiter Fritz Todt).
    Mitte 1945 wurde Mielke Polizeichef im Abschnitt Berlin-Lichtenberg, das im sowjetischen Sektor lag. Von dort aus stieg er zum Leiter des Ministeriums für Staatssicherheit auf.
    Die auch jüngeren Menschen heute noch bekannteste Aussage Mielkes ist der 1989, im Jahr des Mauerfalls, hilflos gestammelte und mit allgemeinem Gelächter quittierte Ausspruch: »Ich liebe … Ich liebe doch alle … Alle Menschen … Na ich liebe doch … Ich setze mich doch dafür ein!«, vor der damals noch existierenden Volkskammer, dem Parlament der DDR .

    Runde Geburtstage nahm das MfS ebenfalls zum Anlass, sich gegenüber Prokop wohlwollend zu zeigen. Zu seinem 60. Geburtstag am 29. September 1981 fand im Gebäude der ehemaligen Volkskammer vom 28. bis 30. September 1981 ein

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