SGK240 - Blut des toten Dämons
Gefühl der
Abgeschlagenheit und Kraftlosigkeit wich.
Chantalle schlug die Augen auf. Ein
sternklarer Himmel über ihr! Sie dachte sofort daran, dass sie sich noch immer
in der Bucht befand, als es ihr plötzlich siedend heiß einfiel.
Die junge Frau schnupperte und meinte, noch
den Geruch der schweißigen, öligen Hand zu riechen, die groß auf ihrem Mund
gelegen hatte, ihn und die Nase bedeckte, so dass sie nicht atmen konnte.
Und dann war sie ohnmächtig geworden.
Angsterfüllt hielt sie den Atem an.
Was hatte man mit ihr gemacht? Wohin hatte man
sie gebracht? Was für ein Motiv lag dieser ganzen Sache zugrunde?
So sehr sich auch den Kopf
zermarterte, es fiel ihr kein plausibler Grund ein.
Was sie als erstes mit einer gewissen
Erleichterung feststellte, war die Tatsache, dass sie offensichtlich nicht
gefesselt war. Nachdem ihre Kraft zurückgekehrt war, konnte sie auch ihre Hände
wieder bewegen. Sie stützte sich ab. Der Boden unter ihr war glatt und feucht.
Sie nahm wahr, dass es sich um einen felsigen
Boden handelte, dass sich am Rand ein dicker Wulst von Korallen angesetzt
hatte, die mit Algen und Moos überwachen waren.
Sie konnte sich nicht erinnern, dass es eine
solche Stelle in der Bucht gab, wo sie sich zuletzt aufgehalten hatte.
Chantalle Rochard blickte an sich herunter.
Sie war nackt, warf einen Blick nach links und nach rechts, konnte jedoch ihre
Kleidung nicht finden.
Langsam schraubte sie sich in die Höhe und kam
etwas wackelig auf ihre Beine zu stehen.
Unruhe erfüllte sie.
Weit und breit war außer ihr kein
Mensch zu sehen.
»Hallo !« rief sie mit
schwacher Stimme, und ihr Ruf verhallte. »Ist da jemand ?« Sie blickte sich in der Runde um.
Da verengten sich ihre Augen. Vor ihr - nur
zwei oder drei Schritte von der Stelle entfernt. Wo sie zu sich gekommen war,
schwappte das Meer über die Korallen und gegen den vulkanischen Felsen und
hinter ihr - nein, das konnte doch nicht sein!
Chantalle Rochard hatte das Gefühl, als würde
ihr Herz von einer eisigen Hand zusammengepresst.
Taumelnd überquerte sie den schroffen Boden
und kam nach wenigen Schritten schon auf der anderen Seite des Eilandes an.
Sie meinte, der Himmel würde über ihr
zusammenstürzen. Grauen packte sie.
Sie war gefangen und ausgesetzt worden! Auf
eine winzige Insel - und sie ahnte auch schon auf welche.
Auf der „Knocheninsel"!
Ihr Herz begann unregelmäßig zu schlagen, und
sie meinte, dass ihr ganzer Körper von diesem Pochen erfüllt sei.
Der kalte Schweiß brach ihr aus, als sie daran
dachte, dass man auf dieser winzigen Welt, die nur wenige Schritte groß war,
straffällig Gewordene von den großen Nachbarinseln brachte, damit sie einen
elenden Tod sterben.
Chantalle riss die Augen auf und starrte auf
den Boden zu ihren Füßen, hinein in die Ritzen und Spalten dieses zerklüfteten
Eilandes, als erwarte sie dort etwas Besonderes zu sehen.
Wenn man diese Insel schon die
„Knocheninsel" nannte. Dann hatte das seine Bedeutung, dann mussten auch
Knochen von denen, die man hier ablieferte, übrig sein. Aber die Französin
entdeckte nicht einen einzigen. Auch keinen Totenschädel, von denen im Gespräch
mit furchtsamen Eingeborenen immer wieder mal die Rede gewesen war.
Der Druck auf ihrer Stirn ließ nach.
Noch während man sie ins Boot zog, so kam es
in Ihre Erinnerung zurück hatte man ihr eine Injektion mit einem betäubenden
Präparat gegeben. Dessen Wirkung war nun aufgebraucht, und die junge Frau wurde
wieder ganz Herrin ihres Willens, ihres Körpers.
Die Luft hier draußen war merklich kühler, und
über das winzige Eiland strich ständig eine Brise.
Chantalle Rochard drehte sich im Kreis wie ein
Karussell und starrte in die Ferne.
Sie nahm am Horizont weder die Umrisse einer
nahen Insel war, noch sah sie ein Schiff, das eventuell diese Route fuhr.
Was für irrsinnige Gedanken, schalt sie sich
plötzlich im stillen. Selbst wenn jetzt an der Horizontlinie ein Schiff
vorbeigefahren wäre - wieviel hundert oder gar tausend Seemeilen lagen zwischen
ihr und dem Schiff, und niemand wurde deswegen auf sie aufmerksam werden.
Sie konnte sich die Lunge aus dem Hals
schreien, ohne dass sie jemand hörte.
Was für ein verteufelter Ort war das! Die
grauenhafte Einsamkeit wurde ihr mit allen Fasern ihres Herzens bewusst.
Warum nur hatte man sie hierher
gebracht?
Nichts geschah doch ohne Sinn.
Nackte Verzweiflung packte sie, und sie begann
wie am Spieß zu schreien, bis die Stimme ihr vor
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