SGK288 - Madame Hypno und das Höllenmonster
war es wieder ...
Es erklang ganz in der Nähe. Diesmal aber
hörte es sich dumpfer an.
Jörg Haffner blieb im Kernschatten der Mauer.
Dann sah er zwischen den zerklüfteten Felsen
auf der schmalen Galerie, die rings um das Gemäuer lief, eine schattengleiche
Gestalt.
Es handelte sich um einen Mann, der den
Versuch unternahm, einen mit Lappen umwickelten Widerhaken über die hohe Mauer
zu werfen. Die blanken scharfen Spitzen des Hakens schimmerten in der
Dunkelheit wie geschliffene Dolche.
Der Beobachter verhielt im Schritt.
Der Fremde unternahm seinen Versuch ein
drittes und viertes Mal. Dann endlich saß der Haken jenseits der Mauer fest.
Der Mann machte die Probe aufs Exempel und zog an dem Seil, das am Haken
befestigt war. Erst bei näherem Hinsehen erkannte Haffner, daß es sich um eine
Strickleiter handelte.
Da wollte noch jemand - genau wie er - die
Mauer erklimmen. Der andere hatte den Vorteil, daß er über die nötige
Ausrüstung verfügte.
Jörg Haffner machte einen Schritt nach vorn,
um besser sehen zu können. Was er die ganze Zeit über hatte vermeiden können,
passierte ihm jetzt.
Unter seinem rechten Fuß geriet ein kleiner
Stein in Bewegung.
Das leise > klack < war in der Nacht
und der ringsum herrschenden Stille nicht zu überhören.
Der Mann an der Strickleiter reagierte
sofort.
Er war erst zwei Sprossen nach oben
geklettert, hielt in der Bewegung inne und griff blitzschnell nach seinem
Gürtel.
Im nächsten Moment war der dunkle Lauf einer
Waffe auf ihn gerichtet.
Gefahr!
Da spürte Jörg Haffner auch schon den Schlag
mitten ins Gesicht.
Die Luft blieb ihm weg, und er stürzte in
eine endlose schwarze Tiefe ...
*
Die junge Inderin war allein in der Wohnung.
Der Abend war fortgeschritten.
Adida war erst seit einer Stunde in der
Wohnung. Es handelte sich um ein mit gutem Geschmack eingerichtetes Apartment
in einem modernen Hochhaus mitten in der Stadt.
Adida Modderjee alias X-GIRL-R wirkte in
ihrer Zartheit wie eine zerbrechliche Puppe. Aber der äußere Eindruck täuschte.
Die junge Frau trug ihre Auszeichnung als
PSA-Agentin zurecht . Sie beherrschte alle
Kampfsportarten wie Jiu-Jitsu, Taekwon-Do und Aikido perfekt und hatte es
selbst schon mit dem besten Taekwon-Do-Kämpfer der PSA, Iwan Kunaritschew,
aufgenommen.
Adida warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
Die junge Inderin trug im Moment außer einem
winzigen Slip nichts weiter auf der Haut. So bekleidet stand sie in der Küche
und briet in heißem Fett Chops, Bällchen aus Kartoffelteig, die mit einer
Hackfleischfüllung versehen waren. Davor aß Adida eine scharfe Suppe. Sie
konnte sich an diesem Abend - was sonst sehr selten war - Ruhe und Zeit nehmen,
da sie erst in zwei Stunden wieder das Haus verlassen mußte.
Im Moment lautete ihr Auftrag, einen Mann im
Auge zu behalten, der in der >Maharadscha-Bar< als Musiker auftrat, und
über den einige recht merkwürdige Gerüchte im Umlauf waren. Dieser Mann - ein
Europäer - war bereits das sechste Mal verheiratet. Seine bisherigen Frauen
waren alle gestorben. Auf natürliche Weise, wie die Totenscheine zum Ausdruck
brachten. Die eine erlitt einen Herzschlag, die andere starb nach
Nierenversagen, die dritte nach einer Operation, die vierte kam bei einem
Flugzeugabsturz ums Leben, und die fünfte schließlich verlor ihr Leben nach dem
Genuß eines Pilzgerichtes, das nachweislich von der Frau selbst zusammengestellt
und verspeist worden war, als ihr Mann einige hundert Meilen entfernt in einem
Kabarett auftrat.
> Einfach eine Pechsträhne ...
Schicksal... der Mann hat kein Glück, er ist zu bedauern<, sagten die einen.
>Der weiß, wie er’s macht. Jede neue Heirat
hat ihn nur reicher gemacht. Er beerbt reiche Witwen ... der Bursche ist nicht
so ohne. Und die Polizei kann ihm nur nichts nachweisen<, sagten die
anderen.
Zur Zeit hielt sich dieser Mann in Kalkutta
auf. Adida hatte einen Tip von X-RAY-1 aus New York erhalten und den Auftrag,
den Musiker unter die Lupe zu nehmen. Der trat unter dem Künstlernamen
>Chaton< auf, war Franzose und spielte hinreißend Klavier.
Seine Kleidung bestand aus Samt und Seide.
>Chaton< trat nur in Rokoko- Kleidung auf, goldverziert und
perlenbestickt. Niemand wußte, ob >Chaton< sich über seine Zuschauer und
Zuhörer lustig machte - oder sie sich über ihn. Sicher war nur, daß er es
verstand, die Leute mit dieser auffallenden Erscheinung auf sich aufmerksam zu
machen.
>Chaton< wurde derzeit von einer
Künstleragentur vertreten,
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