SGK324 - Phantomjagd auf Morna U
aussprechen: Geh’, reise ab...«
„Josephine?“ wollte Morna fragen. Nur in
Gedanken formte sich der Name. „Was ist los? Was geht hier vor? Warum
behandelst du mich wie eine Fremde? „
Morna wußte genau, daß sie nichts sagte, und
doch verstand Josephine Tofflaine sie.
»Weil du eine Fremde für mich bist...«
„Die Zeit von damals, Josephine ... die
vielen schönen Stunden, die wir alle miteinander verbracht haben. Gemeinsame,
herrliche Erinnerungen - hast du das alles vergessen?“
»Ich weiß noch alles ...»
„Na also!“
»Aber es interessiert mich nicht mehr. Es war
zu einem bestimmten Zeitpunkt meines Lebens wichtig. Jetzt steht etwas anderes
im Mittelpunkt...«
Sie blickte die Schwedin mit eisiger Miene
an. Kein Zeichen von Freude über die zufällige Wiederbegegnung nach Jahren.
Alles in Morna Ulbrandson bebte.
Wie sehr hatte sie sich gefreut.
Josephine aber war kalt wie ein Eisberg. Sie
schien keine Gefühle mehr zu kennen...
Wie sensibel war sie früher gewesen! In
Mornas Erinnerung stiegen Bilder auf ... Gemeinsame Ausflüge mit den
Kolleginnen, mit denen sie sich am besten verstand. Josephine gehörte immer
dazu ... Ihr fröhliches, ungezwungenes Lachen, die ganze Art, wie sie sich gab
... unkompliziert, fröhlich, offen. Eine wahre Freundin .. . und nun eine
eiskalte Mörderin, die sich zudem noch weigerte, etwas von ihr wissen zu
wollen!
»Ich weigere mich nicht. Ich stelle nur
fest...« Josephine Tofflaine schien in jedem Augenblick Kontrolle über das zu
haben, was sie gerade dachte! Oder Morna sprach doch, ohne daß es ihr bewußt
wurde, ohne daß sie ihre eigene Stimme hörte .. . »Ich habe nichts mit dir zu
schaffen, nichts mit dir zu besprechen. Kehre also nach Hause zurück ... und
denke an meine Worte: Eine weitere Warnung werden wir dir nicht zukommen
lassen. Diesmal kommst du noch mit einem blauen Auge davon...«
Sie wandte sich ruckartig ab.
Der Traum aber ging weiter.
Morna konnte sich nicht mehr daran erinnern,
wie die Bilder im nächsten Augenblick ineinanderflossen. Es war so, als wenn
eine unsichtbare Hand ein riesiges Kaleidoskop drehte. Die verschiedenen Formen
griffen ineinander. So geschah es mit den Personen.
Ihre Umrisse verblaßten, es schien, als
würden sie durch den Schrank gehen, dessen Türen plötzlich sperrangelweit offen
standen.
Das Schrankinnere war wie ein Tunnel, ein
Schacht, in dem ein dunkles Glosen herrschte.
Josephine und ihr Vater gingen Arm in Arm -
wie ein engumschlungenes Liebespaar.
Vor Morna Ulbrandsons Augen verschwammen die
Bilder. Die Gestalten lösten sich auf, im nächsten Moment waren andere da.
Sie schimmerten fahlgrün wie Geister.
Und es waren welche! Lautlos wie
überdimensionale Schatten glitten sie heran, verließen das Schrankinnere und
waren im nächsten Moment im Zimmer der Schwedin.
Danach ging es drunter und drüber.
Morna wurde nur Augenzeuge und war an allem
beteiligt, ohne auch nur das geringste dagegen tun zu können.
Der sonderbare Traum, in dem sich Fiktives
mit Gehörtem und Erlebtem mischte, eilte einem neuen Höhepunkt entgegen.
Statt Josephine und ihrem Vater wirbelten nun
drei Phantomgestalten durch das Hotelzimmer.
Dies im wahrsten Sinn des Wortes ...
Ein Phantom sah aus wie ein Geißbock mit
Teufelsfratze. Sein Körper bestand aus einer ständig Form und Dichte
wechselnden Nebelmasse, die im unteren Körperdrittel fast milchig weiß war und
keinen Grünschimmer mehr aufwies.
Das unheimliche Höllengeschöpf aus der
Geisterwelt warf sich in die Vorhänge.
Mit seinen Klauenhänden bearbeitete es den
feingewebten Stoff. Im Nu hingen nur noch Fetzen an den Gardinenstangen.
Bilder wurden bearbeitet. Die Verglasung
wurde zerschmettert.
Während das Phantom mit der Geißbock-Fratze
Tapeten und Vorhänge aufriß, zerschlug ein zweites sämtliche Lampen in dem
Hotelzimmer.
Das alles mußte einen höllischen Lärm
verursachen. Aber zu Mornas Verwunderung beschwerte sich kein Mensch, klopfte
niemand an die Tür, um sich den Krach mitten in der Nacht zu verbitten.
Sonderbar...
Morna Ulbrandson aber erlebte noch mehr
Absonderlichkeiten in diesem Traum, von dem sie nicht mißte, was Wirklichkeit
war, was Einbildung. Ihr Hirn pulsierte wie ein Herz, das in Eisenbänder
geschlagen war.
X-GIRL-C konnte keinen klaren Gedanken fassen
und hatte das Gefühl, an hohem Fieber zu leiden. Sie phantasierte ... Die
seltsame Wohnung Josephine Tofflaines, die Begegnung mit ihrem seit zwanzig
Jahren toten Vater,
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