Shadow Falls Camp - Entführt in der Dämmerung: Band 3 (German Edition)
stumm.
»Herein«, sagte Holiday. Della und Miranda stürmten mit sorgenvollen Mienen ins Büro. Dahinter folgten Lucas, Perry, Helen und Jonathon.
»Es ist alles in Ordnung«, beruhigte Kylie sie. Doch sie konnte nicht verhindern, dass ihr wieder Tränen in die Augen traten. Und zwar deshalb, weil sie plötzlich wusste, dass diese Leute nicht nur ihre Freunde waren. Sie waren ihre Familie.
»Wir haben dich lieb«, brachte Miranda hervor und heulte ebenfalls los. »Und wir wollten dir sagen, dass es uns egal ist, was du bist.«
Später an diesem Abend erhielt Kylie eine weitere Bestätigung dafür, dass ihr menschliches Gehirnmuster nichts verändert hatte. Zunächst dachte sie, es wäre nur ein Traum. Sie sah Jane Doe, die im Bett lag und ihren schwangeren Kugelbauch streichelte. Dabei betrachtete sie einen schlafenden Mann neben sich. »Ich liebe dich« , flüsterte sie. »Aber ich muss das tun.«
Dann änderte sich die Situation, und Kylie war plötzlich Jane. Sie schlüpfte leise aus dem Bett. Ihr Körper fühlte sich schwerfällig an mit dem Gewicht des Ungeborenen. Kylie konnte sich nicht daran erinnern, je so viel Trauer verspürt zu haben. Es war so, als wäre sie dabei, etwas zu verlieren, das wertvoller war als ihr eigenes Leben.
Sie verließ das dunkle Zimmer, nicht ohne noch einen letzten Blick auf den schlafenden Mann zu werfen. Wer auch immer das war, Jane liebte ihn.
»Es tut mir leid.« Die Worte purzelten ohne ihr Zutun aus ihrem Mund. Der Mann drehte sich auf die andere Seite, und Kylie konnte einen kurzen Blick auf sein Gesicht erhaschen. Er hatte blasse Haut und dichtes, schwarzes Haar – nein, nicht wirklich schwarz, eher kastanienbraun.
Kylie hätte ihn gern länger angeschaut, aber sie konnte nicht kontrollieren, was in den Visionen passierte. Sie durchlebte Jane Does Vergangenheit. Also verließ sie das Zimmer und ging zu einem Schrank. Sie nahm einen langen schwarzen Mantel heraus, den sie sich überzog. Dann holte sie einen Koffer hervor – ein altmodisches Gepäckstück ohne Rollen. Mit dem Koffer in der Hand fiel es ihr noch schwerer zu laufen, als ohnehin schon in ihrem schwangeren Zustand.
Warum verlässt du ihn, wenn du ihn liebst? Die Frage ging Kylie nicht aus dem Kopf, aber die Vision ging weiter und ließ ihre Frage unbeantwortet.
Sie verließ das kleine Haus mit tränenüberströmtem Gesicht. Ein Auto mit ausgeschalteten Lichtern fuhr vor. Sie stieg ein. Kylie wollte sehen, wer der Fahrer war, aber Jane war zu sehr mit Weinen beschäftigt und damit, mit ihrem gebrochenen Herzen klarzukommen.
»Du tust das Richtige« , sagte eine Frauenstimme, als das Auto losfuhr. »Er würde es nicht verstehen.«
Auf einmal wurde alles schwarz. Kylie versuchte verzweifelt, aufzuwachen, aber sie wurde wieder hineingezogen.
Und sie war an keinem guten Ort.
Es gab kein Licht, aber das war ihr egal. Sie hatte zu viele Schmerzen. Etwas zeriss ihr die Eingeweide. Der Schmerz erinnerte Kylie an die schlimmsten Menstruationskrämpfe, die sie je gehabt hatte. Ihr Körper krümmte sich. Sie bog den Rücken durch und schrie.
»Es kommt nicht« , hörte sie eine Stimme sagen. Der Schmerz in ihrem Unterbauch ließ nach, aber der Schmerz in ihrem Herzen wurde stärker.
»Lassen Sie mein Baby nicht sterben.« Sie stützte sich auf die Ellenbogen hoch.
Der Mann zwischen ihren Knien sah Jane Doe an. »Ich müsste einen Kaiserschnitt machen.«
»Dann tun Sie es!« , schrie Jane.
»Ich bin darauf nicht vorbereitet. Ich hab keine Narkosemittel da.«
»Das ist mir egal. Lassen Sie mein Baby nicht sterben. Ich werde schon durchkommen. Ich bin immerhin kein Mensch.«
Der Mann sah die Frau neben sich an. »Holen Sie mir ein Skalpell.«
33. Kapitel
Nein! Kylie schrie in ihrem Kopf, als Jane Doe sich zurücksinken ließ und darauf wartete, ohne Betäubung aufgeschnitten zu werden.
»Kylie, wach auf!«
Kylie fühlte, wie jemand sie schüttelte. Immer noch schreiend öffnete sie die Augen und sah, wie Della und Miranda sich über sie beugten. Sie schaffte es, mit dem Schreien aufzuhören, zitterte jedoch weiter.
»Sollen wir Holiday holen?«, fragte Miranda voller Sorge.
Kylie schüttelte den Kopf. »Ist schon okay.« Sie rollte sich auf die Seite und trocknete ihre Tränen schnell am Laken. »Geht wieder ins Bett«, murmelte sie. Die Panik der Vision erfüllte sie immer noch, und sie fühlte die Kälte. Jane war hier.
Della und Miranda sahen sich an, als wüssten sie nicht, was sie tun
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