Shadow Falls Camp - Entführt in der Dämmerung: Band 3 (German Edition)
Tische musste etwas Lustiges gesagt habe, denn lautes Gelächter schallte durch den Speisesaal. Der Hamburgergeruch vermischte sich mit dem noch immer in der Luft liegenden Brandgeruch. Dank Burnetts Aufräumarbeiten erinnerte äußerlich nichts mehr an den Kampf – trotzdem schien das Erlebnis noch allen gegenwärtig zu sein. Die Jugendlichen waren ausgelassener als sonst, womit sicherlich auch Holidays Rückkehr zu tun hatte. Sollte die Campleiterin an ihrer Beliebtheit gezweifelt haben, so hatten ihr die Freudenschreie, begleitet von »Du bist wieder da!«-Rufen und die zahlreichen Umarmungen (sogar von ein paar Vampiren und Werwölfen, die so etwas nicht oft taten) mit Sicherheit das Gegenteil bewiesen.
Für einen Moment hatte sich Kylie Sorgen gemacht, dass sich Burnett vielleicht wie die zweite Geige fühlen konnte. Aber nach einem Blick zu dem Vampir, der Holiday und die sie begrüßenden Jugendlichen mit einem Ausdruck von Stolz und Freude beobachtete, war Kylie beruhigt. Burnett hatte Holiday so schmachtend angesehen, dass Kylie schon fast schnulzige Musik dazu hören konnte. Sie wünschte, sie hätte eine Kamera, um Holiday zu zeigen, wie er sie ansah, wenn sie es nicht bemerkte.
Die Tür zum Speisesaal ging auf, Derek und Ellie kamen herein. Sie gingen nebeneinander, hielten sich aber nicht an der Hand. Dereks Blick wanderte durch den Raum, und Kylie wusste in dem Moment, als er sie entdeckte, dass er nach ihr gesucht hatte. Sie hätte zu gern gewusst, was er mit Holiday besprechen wollte. Ging es wieder um sie? Und warum? Sollte er nicht seine ganze Aufmerksamkeit Ellie schenken?
Er nickte ihr leicht zu. Sie nickte zurück und zwang sich, einen weiteren Bissen von ihrem Hamburger zu essen. Es schmeckte wie totes Fleisch. Was es ja auch war, aber der Gedanke machte es noch unappetitlicher.
Sie musste zweimal schlucken, um den zähen Klumpen runterzubekommen, woraufhin sie ihren Teller von sich wegschob. Sie war satt.
Sie starrte ihr Glas mit Tee an und überlegte, unter welchem Vorwand sie sich aus dem Speisesaal stehlen könnte. Sie wollte sich möglichst aus dem Staub machen, bevor sie Derek und Ellie beim Turteln zuschauen musste. Obwohl es ihr natürlich egal war, was die beiden machten. Zumindest versuchte sie sich das einzureden. Und das gedachte sie so lange zu tun, bis es der Wahrheit entsprach. Was irgendwann der Fall sein musste. Und wieso auch nicht, sie war doch viel zu gern mit Lucas zusammen. Genoss seine Küsse. Genoss es, das Mädchen zu sein, dem er in aller Öffentlichkeit zuzwinkerte.
Kylies Handy klingelte und gab ihr damit die ersehnte Möglichkeit, den Speisesaal zu verlassen. Ohne aufs Display zu schauen, flüsterte sie Della zu, dass sie mal telefonieren musste. Della hatte sich sowieso nur für das Fleisch auf dem Brötchen interessiert, und das war schon längst verputzt. Jetzt schnappte sie sich ihre eigentliche Mahlzeit – ein großes Glas mit B-positiv-Blut – und folgte Kylie nach draußen.
Noch auf dem Weg durch den Speisesaal drückte Kylie auf den Knopf zum Annehmen des Gesprächs und sah erst in dem Moment aufs Display. O Mist! Es war Sara, ihre Freundin von zu Hause.
Sara, deren letzte Anrufe und SMS Kylie ignoriert hatte.
Und das aus gutem Grund. Kylie wusste, dass Sara über ihren Verdacht reden wollte, Kylie könnte etwas mit ihrer Heilung zu tun haben.
Das Problem war nur, dass Saras Verdacht genau ins Schwarze traf. Und Saras Heilung war eins der Themen, die Kylie bisher vermieden hatte, mit Holiday zu besprechen.
Also, wie konnte Kylie nur so blöd sein, nicht auf ihr Display zu schauen, bevor sie einen Anruf entgegennahm?
O ja, richtig, sie hatte eine Ausrede gebraucht, aus dem Speisesaal zu flüchten. Sie hielt sich das Handy ans Ohr.
»Hey, Sara«, flötete Kylie ins Telefon. Sie hatte soeben beschlossen, einfach zu improvisieren. Was eventuell nicht die beste Idee war, weil Kylie noch nie gut im Improvisieren gewesen war.
»Hi«, grüßte Sara zurück.
»Was gibt’s?«, fragte Kylie.
»Ich sag dir, was es gibt. Ich hab es geschafft, jeden einzelnen Krebsspezialisten in Texas zu verblüffen. Mit der Chemo bin ich nicht mal durch, und ich hatte nur eine Runde Bestrahlung, trotzdem können sie auf keiner CT-Aufnahme mehr einen Tumor entdecken! Das ist doch unfassbar, oder? Ich muss nicht sterben, Kylie!«
Sara klang so aufgeregt und fröhlich, dass Kylie der Atem stockte und ihr unwillkürlich Tränen in die Augen traten. So wie Sara gerade
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