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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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wie erstarrt - Elena war es egal, dass es gegen die Regeln verstieß, dass ihre Mutter es für schmutzig und falsch hielt. Sie musste helfen, musste einfach irgendetwas unternehmen.
    Ihre Mutter hatte zugesehen. Auf ihrem Gesicht hatte sich der Tod gespiegelt, als wäre Elena die Verkörperung des Kusses, der von einem Zombie stammte, etwas Entsetzliches, Andersartiges: Ich wusste schon, dass du eine Missgeburt bist, als du noch in meinem Bauch warst. Elena würde niemals vergessen, wie der Blick ihrer Mutter zu der Axt zuckte, die an dem Holzstapel lehnte - sie hat sie in der Hand und wie ihr Großvater aus dem Haus gelaufen kam, rannte, sich zwischen Elena und ihre Mutter stellte und sie ... wie sich ihre Mutter abwandte, umdrehte, und das Sonnenlicht auf der Schneide blitzte ...
    Ich liebe dich immer noch, dachte Elena. Zumindest hielt sie es für Liebe. Es war schon lange her, seit sie über die Emotionen nachgedacht hatte, die sich an die Erinnerungen an ihre Mutter knüpften; sie hatte sie seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr gesehen. Vielleicht machte Elenas derzeitige Lage sie ja etwas mitfühlender und bereitwilliger zu verzeihen. Vielleicht war sie ja sogar verzweifelt. Es fiel leichter, mit unschönen Erinnerungen Frieden zu schließen, wenn man kurz davor war, sein Leben zu verlieren.
    Elena schlief mit dem Gedanken an ihre Mutter ein. Sie wollte nicht schlafen, aber ihr Körper war erschöpft. Sie konnte die Augen nicht offen halten. Aber gegen den Schlaf zu kämpfen, sich nach Sekunden wieder aufzurappeln, bereitete ihr Übelkeit.
    Mami. Bring mich ins Bett. Bring mich irgendwohin, wo ich in Sicherheit bin.
    Elena träumte. Sie war wieder auf der Farm, stand in der sonnendurchfluteten Küche, mit den hellblauen Schränken, den rissigen grünen Wänden, dem alten Linoleum, das sich in den Ecken aufrollte. Im Radio spielten sie Songs aus den Achtzigern, und sie roch die Lasagne im Backofen. Warme, süße, heimelige Güte.
    Artur saß am Tisch. Immer noch nackt. Und er sah nicht gut aus.
    Es spielte keine Rolle, dass es nur ein Traum war. Elena saß ihm gegenüber, beugte sich vor und legte ihre Hand auf die seine. »Was ist los?«
    Er starrte auf ihre Hände. Ein leichtes Zittern lief durch seinen Körper. »Sie foltern mich. Ich muss das Bewusstsein verloren haben.«
    Elena sagte nichts. Sie wusste, dass es nicht real sein konnte, aber seine Stimme war so ernst und ruhig; er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Ihr Traum-Artur sah aus, als litte er, und sie konnte sich nicht vorstellen, warum ihr Geist so grausam zu jemandem sein sollte, den sie kaum kannte.
    »Es fühlt sich nicht wie ein Traum an«, sagte Artur, als könnte er ihre Gedanken lesen. Er drehte seine Hand um, sodass sich ihre Handflächen berührten und sogar wärmten. »Ich kann dich spüren, Elena.«
    »Cool.« Sie hatte keine Ahnung, wovon er redete. »Aber reg dich nicht zu sehr auf. Das hier ist mein Traum.«
    »Sicher.« Nur sah er nicht sonderlich überzeugt aus. »Und aus welchem Grund, bitte schön, glaubst du, dass ich mich in deinem Traum befinde?«
    »Weil ich dich für heiß halte.«
    »Tatsächlich.« Er wirkte amüsiert. »Heiß?«
    Elena klopfte mit einem Finger auf den Tisch und zischte leise. »Superheiß. Der Obermacker des ganzen Haufens.«
    »Vielen Dank«, erwiderte er. »Jetzt fühle ich mich schon besser.«
    Elena lachte. Der Traum gefiel ihr. Sie zog ihre Hand zurück, was überraschend schwerfiel, als wären ihre Handflächen zusammengeklebt, und stand auf. Ging zum Ofen. Nahm die Ofenhandschuhe und zog die Lasagne aus der Röhre. Sie brauchte eine anständige Mahlzeit, auch wenn es nur ein Traum war. Gute Träume bedeuteten einfache Freuden.
    »Bist du hungrig?«, fragte sie Artur. Als er nichts antwortete, drehte sie sich herum und erstickte einen Schrei. Er war bereits neben ihr, gedankenschnell, schockierend. Er fühlte sich sehr groß und sehr warm an, und er roch sehr gut. Das rot-weiß karierte Tischtuch um seine Taille kleidete ihn ausgezeichnet. Kleine weiße Enten tauchten plötzlich auf und watschelten in der Luft herum, während sie den Backgroundchor zu dem Song sangen, der gerade im Radio gespielt wurde: »Ain’t No Mountain High Enough«. Elena summte mit. Diesmal war sie nicht unmusikalisch.
    »Ich mache mir Sorgen um dich, Elena«, sagte Artur.
    »Du solltest dir lieber Sorgen um dich selbst machen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie wissen, dass der Wurm weg ist. Bis jetzt halten sie nur mich

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