Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
gesorgt, dass er die besten Lehrer hatte. Wir sind alle in der Ausübung des Geschlechtsverkehrs unterrichtet worden, als wir jung waren, doch eine so wertvolle Erziehung, wie Trace und die Kanzler sie genossen haben, ist nur einer Elite vorbehalten.«
Ashla wünschte, die Dienerin würde den Mund halten. Karri meinte es gut, doch je mehr sie erzählte, desto mehr wurde es zu einem Albtraum. Sie wollte nicht an all die Unterrichtsstunden und an die Frauen und an das Ansehen denken, das Trace gewonnen oder das er in seinem langen Leben anderen verschafft hatte. Was sollte er bloß von ihr denken! Mit ihren lächerlichen und peinlichen Erfahrungen und mit ihrem Eingeständnis, dass sie nicht zum Orgasmus kommen könne. Ashla wusste nicht, was schlimmer war: sich seine Belustigung auszumalen oder sich vorzustellen, wie leicht es für ihn gewesen war, seinen »Unterricht« auf sie anzuwenden, damit sie nach seinem Kommando handelte. Wie selbstgefällig und eingebildet musste er gewesen sein!
»Entschuldige, mir ist nicht gut.«
Eilends verließ Ashla den Hof. Sie wollte nicht in aller Öffentlichkeit in Tränen ausbrechen. Sie war sowieso schon eine Freakshow. Und sie würde auf gar keinen Fall zulassen, dass Trace sie sah, wie sie …
Als hätte allein der Gedanke an seinen Namen ihn heraufbeschworen! Ashla rannte in ihn hinein, und seine Arme schlossen sich augenblicklich um sie. Sie schrie erschrocken auf, als sie plötzlich dort gefangen war, wo sie am wenigsten sein wollte.
Noch schlimmer war, wie gut es sich anfühlte, seine Kraft zu spüren. Seine Hände schmiegten sich an ihre Arme und an ihren Rücken, sodass ihr ganzer Körper wie befreit aufstöhnte. Er roch außerdem noch besser als im Schattenreich. Alles wirkte klarer und intensiver, so als hätten ihre Sinne nur halb funktioniert und wären zwischen zwei Welten aufgespalten gewesen. Seine Wärme, der Geruch nach Leder und exotischem männlichem Moschus, und als sie zu ihm aufblickte, schienen sogar seine Augen von noch tieferem samtenem Schwarz zu sein.
» Jei li «, sagte er leise, während er sie so eindringlich und aufrichtig anblickte, dass sie beinahe vergaß, was sie gerade eben noch empfunden hatte. Doch es brauchte nur den einen Gedanken, dass er »gut geschult« war im Umgang mit Frauen, und sie wollte sich mit einem Aufschrei von ihm losreißen.
»Was ist mit dir, Ashla?«, verlangte er zu wissen, ohne sie loszulassen, obwohl sie sich so heftig wand, dass sie sich wahrscheinlich selbst wehtun würde.
»Lass mich los! Geh einfach weg!«
»Was hat sie dir erzählt? Ashla, erzähl mir, womit Karri dich so aus der Fassung gebracht hat!«
»Gar nichts erzähl ich dir!«, schrie sie ihm ins Gesicht. »Warum sollte ich? Was kümmert es dich? Du hast seit über zwei Wochen nicht einmal mit mir gesprochen! Du hast mich angelogen. Du … du hast mich benutzt! Ich war so dumm!«
»Es reicht!«
Das wütende Brüllen ertönte, kurz bevor Ashla vom Boden hochgehoben und über eine lederbekleidete Schulter geworfen wurde. Sie kreischte und trat um sich, ohne sich darum zu kümmern, dass sie so womöglich auf dem Kopf landen würde. Sie war noch nie so wütend gewesen, und sie war weiß Gott schon viel schlimmer verletzt worden. Und am wütendsten war sie auf sich selbst, weil sie wieder auf all die Lügen und den ganzen Schwachsinn hereingefallen war, was nur bewies, dass sie ihre Lektion niemals lernen würde.
Durch ihr wild fliegendes Haar sah Ashla, wie hinter ihnen eine Tür zugeknallt wurde. Dann merkte sie, wie sie durch die Luft flog und auf einer weichen Oberfläche landete. Sie versuchte sich aufzurappeln, doch sie spürte, wie er ihr Kinn umfasste und sie zurückstieß, wobei er ihr die Arme auf den Rücken drehte und sich auf ihre Beine setzte.
»Ich habe gesagt, es reicht! Warum beruhigst du dich nicht und sagst mir, worum es beim verdammten glühenden Licht eigentlich geht?«
»Darum, dass du ein richtiges Schwein bist! Geh runter von mir!«
Ashla hatte nie bemerkt, wie gut es tat, jemanden einfach anzuschreien. Einfach zu sagen, was sie wollte, anstatt wimmernd den Schwanz einzuziehen und wegzurennen, war eine berauschende und neue Erfahrung.
»Wie hast du mich gerade genannt?«
»Schwein! Schweinehund! Ein schmutziges, widerliches Tier!«
Trace schob ihr die wilden Haarlocken aus dem Gesicht. Sie hatte die Augen fest geschlossen, doch der kalte Zorn in dem sonst so sanften und lieblichen Gesicht war nicht zu übersehen.
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