Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
dem spitzen Dorn war.
Guin achtete nicht auf die Warnung und beugte sich über die sterbende Dienerin auf dem Boden. Das Leben war schon halb aus ihrem Blick gewichen. »Sag uns, du unseliges Mädchen, wer dich dazu angestiftet hat. Ich glaube, du hast die Wahrheit gesagt, als du von deinem Zorn und von deinem Schmerz gesprochen hast. Doch irgendjemand hat davon gewusst und dich benutzt. Jemand hat leise auf dich eingeredet und deine Wut und dein Bedürfnis nach Vergeltung genährt. Wer? Wer hat dich dazu gebracht, dich von deinem Priester abzuwenden, Mädchen?«
»Ich h-habe ihn geliebt«, krächzte sie.
»Guin! Ich schwöre dir, ich verstümmle sie, wenn sie nicht aufhört!«, brach es aus Trace hervor. »Ich kann es nicht mehr ertragen, das zu hören!«
»Das war’s«, sagte Guin grimmig, als er zu den anderen aufblickte. »Ich glaube nicht, dass sie Magnus’ Namen noch einmal in den Mund nehmen wird.« Er blickte wieder hinunter zu ihr und sah, wie das Leben in ihren Augen endgültig erlosch. »Du hast Glück gehabt«, knurrte er. »Wenn ich es noch einmal tun müsste, hätte ich dich nicht so schnell ins Licht gehen lassen. Verbrenne, du verräterische Kreatur. Du sollst in der Ewigkeit verglühen.«
18
Trace glitt mit sanften Fingerspitzen über Ashlas feuchtes, graues Gesicht und runzelte voller Kummer die Stirn, als er ihren rasselnden Atem hörte.
Er wollte, dass sie in seinem Bett lag. Wenn sie starb, wollte er, dass sie hier war, hier, wo sie sich so intensiv geliebt hatten. Hier, wo er sie friedlich halten konnte. Er wollte ihr so gern helfen, doch er traute keiner der Heilerinnen. Sein Vater lag schlafend in einem anderen Raum und erholte sich. Das Sanktuarium erwartete Magnus’ Rückkehr mit stummem Zittern angesichts des gerechten Zorns, der, wie Trace wusste, darauf herniedergehen würde. Magnus würde auch jeden weiteren Betrug in seinem Haus aufdecken, daran hatte Trace keinen Zweifel.
Er schleuderte die Stiefel von sich, schnallte die Waffen ab und legte sich neben Ashla auf das Bett. Er zog ihren eiskalten Körper an sich, bettete sie an seine Brust und rollte sich unter sie. Er war jetzt ihre Matratze, seine Wärme ihre Decke. Ihr Kopf ruhte an seiner Halsbeuge, sodass er den stetig zwischen seinen Lippen dahinstreichenden Atemhauch mit ihrem teilte. Ihrer beider Herzschläge pochten gemeinsam in einer stakkatohaften Kakophonie von Leben und Tod.
»Wenn es dir wieder gut geht«, sagte er leise, »dann erzähle ich dir, wie sehr ich dich liebe, Jei li . Glaub mir, wenn es mir früher bewusst geworden wäre, hätte ich es dir gesagt, bevor das alles hier passiert ist. Seltsam, wie blind ich sein kann, obwohl ich es direkt vor mir habe. Doch ich wusste nicht, was ich mit der Art und Weise, wie du mich berührt hast, anfangen sollte. Wie konnte jemand, der so klein und so sanftmütig ist, so stark sein? Ich habe deine Angst zuerst für Feigheit gehalten. Dann wurde mir klar, dass es eine Kleinigkeit ist zu kämpfen, wenn man keine Angst hat, und dass es Mut erfordert, zu kämpfen, wenn man den absoluten Schrecken überwinden muss. Hätte ich mich mit meinem Vater darüber beraten, hätte er das bemerkt. Ganz ohne Zweifel. Er hätte mir die Augen geöffnet.
Hab ich dir erzählt, dass er mich immer mit der flachen Seite seines Übungsschwerts auf den Hintern geschlagen hat, als ich jung war? Ich habe jedes Mal versucht, ihm auszuweichen, und ich habe es nie geschafft. Er hat es immer gemacht, wenn ich begriffsstutzig oder überheblich war. Ich schwöre dir, ich spüre es heute noch manchmal, und es hält mich auf Linie.
Wenn es dir wieder gut geht«, sagte er heiser, »dann bitte ich ihn zu uns. Wenn er einverstanden ist, werde ich dich bitten, mein Segen zu sein, die Mutter meiner Kinder, mein Augenstern. Und dann will ich nichts mehr hören von diesem Unsinn, dass du ein Halbblut seist. Es wäre mir sogar egal, wenn du ein ganzer Mensch wärst und nur noch knapp ein halbes Jahrhundert zu leben hättest. Ich würde jede Minute davon wollen. Ach, mein Liebling«, seufzte er und küsste sie innig auf die Stirn, während er sie fester umklammerte. Es war, als könnte er sie allein mit Willenskraft und Stärke am Leben erhalten. »Du musst es schaffen. Vergibst du mir? Alle meine Fehler? Ich wollte dir nie wehtun.«
» Ajai Trace.«
Trace blickte auf, als die Tür aufging.
»Lass mich allein, außer du vollbringst ein Wunder«, sagte er in bitterem, emotionsgeladenem Tonfall.
»Zum
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