Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
interessiert, ihn zu provozieren.
»Sind Sie Krankenschwester?«, fragte er, als er die Hand vorsichtig von ihrem Mund löste. »Können Sie mir etwas über die Frau sagen?«
»Ich bin ihre Mutter. Ich weiß alles über Ashla.«
»Das bezweifle ich, doch für ein paar Dinge wird es genügen. Was ist mit ihr passiert?«
»Ein Autounfall. Sechs Leute in einem Wagen, und sie war die Einzige, die überlebt hat.« Sophia blickte zu dem Bett, wo ihre Tochter friedlich schlief. Sie brach in Tränen aus, wie immer, wenn sie an den Unfall dachte. »Meine Cristine ist gestorben.«
»Wann war das?«, fragte er ohne ein Zeichen der Anteilnahme. Das machte Sophia wütend, weshalb in ihrer Antwort eine gewisse Schärfe lag.
»Vor zwei Jahren!«
»Und warum wacht sie nicht auf?«
»Ich habe keine Ahnung! Sie hatte eine Art Gehirnblutung und ist nach der Operation nicht mehr aufgewacht. Sie stirbt nicht, und sie wacht nicht auf, also liegt sie einfach nur da. Warum interessieren Sie sich für irgendein nutzloses Gemüse?«
»Ich kann mich nicht erinnern, dass Fragen Ihrerseits zu unserer Vereinbarung gehören«, erwiderte er. »Erzählen Sie mir von ihrer Kindheit! Erzählen Sie mir von den Heilkräften!«
* * *
Magnus hatte die Frau gegen die Tür gedrückt, weshalb er spürte, wie ihr Körper sich versteifte. Wie als Warnung presste er sie fester dagegen.
»Versuchen Sie nicht, zu lügen oder zu leugnen! Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«
»Das ist es also? Sind Sie hier, weil ich einen Teufel zur Welt gebracht habe und Sie glauben, Sie können irgendwie einen Nutzen aus ihrer sündhaften Fähigkeit ziehen? Ich hoffe, sie ist mit dem Rest ihres verfluchten Geistes gestorben! Ich hoffe, sie schmort in der Hölle dafür, dass sie mein Baby getötet hat! Ich komme jede Woche hierher und bete dafür, dass sie für ihre Sünden bezahlt!«
»Warum das denn, hmmm?«, fragte Magnus erwartungsvoll, und der leise Klang seiner Stimme bewirkte, dass die zornige Frau ihn mit weit aufgerissenen Augen anblickte. »Mit euren christlichen Wahlmöglichkeiten zwischen Himmel und Hölle, Segen und Fluch, Gut und Böse, warum rechnen Sie ihre Fähigkeiten dem Bösen zu? In Eurer Religion heilen Engel. Heilt Gott. Heilt Jesus. Warum also steht Ashla Ihrer Meinung nach nicht auf einer Stufe mit ihnen? Warum verbannen Sie sie an einen dunklen Ort?«
»Weil sie so dunkel ist wie dieser Raum hier! So schwarz wie Tinte ist ihre Seele! Ich weiß, sie kann nichts dafür! Sie ist geboren als Sünde! Sie ist geboren als Tochter des Teufels.« Die Mutter schluchzte in einer Mischung aus Aufrichtigkeit und Schauspielerei, und Magnus war belustigt von ihrer Theatralik. Er bezweifelte nicht, dass sie jedes Wort davon glaubte, doch da war noch etwas anderes. Zum Glück stand ihm die Fähigkeit zur Seite, zur Wahrheit vorzudringen. Sie wunderte sich wahrscheinlich schon, dass sie ihm so viel erzählte.
»Geboren als Sünde? In meiner Kultur kann man seine Sünden nur selbst begehen. Man kann nicht damit geboren werden. Aber es gibt die Vorstellung, dass ein Kind in Sünde gezeugt wurde. Was haben Sie getan, Mrs Townsend? Ihren Mann betrogen?«
»Ja«, gestand sie keuchend und schlug sich die Hand vor den Mund, als das Geheimnis ihr ungewollt herausgerutscht war.
»Dann sind Sie also mal eben für eine kleine Nummer aus Ihrer Ehe ausgebrochen, und das macht sie zur Sünderin?«, fragte er und blickte hinter sich zu der hilflosen jungen Ashla.
»Was fällt Ihnen ein, so mit mir zu reden!«, erzürnte sich Sophia. »Ich war das Opfer! Ich bin … bin verführt worden!« An der Art und Wiese, wie sie nach Worten suchte, erkannte Magnus, dass sie nicht die ganze Wahrheit sagte. Doch es war sinnlos, dass sie sich wehrte. Er würde die Wahrheit trotzdem herausfinden.
Und einfach so kam es heraus.
»Ich bin spät von der Arbeit nach Hause gegangen. Er war wieder da … er war immer da. In der Dunkelheit. Ich konnte seine Augen sehen und manchmal auch seine Gestalt, während er mich beobachtete. Ich habe gespürt, wie er mir jeden Abend gefolgt ist, doch er hat sich nie gezeigt. Es war eine Art Flirt. Ich wusste einfach, dass er mir nicht wehtun würde. Ich fand eine Rose auf meinem Nachhauseweg. Oder … oder irgendein Geschenk. Nette, romantische Sachen, wie mein Mann sie mir nie geschenkt hätte. Am Anfang hab ich es ignoriert, aber ich war einsam. Vernachlässigt. Und er war beängstigend und erregend.
Eines Abends dann packte er mich und zog
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