Shakran
behaupten, der Präsident wäre der wichtigste, der mächtigste Mann auf diesem Planeten. In Wirklichkeit ist es ein Gefängnis. Ich kann nicht einmal meinen Töchtern gute Nacht sagen, ohne dass der Secret Service dabei ist. Und das nur, weil es Terroristen und Verrückte gibt. Wir werden uns nicht erpressen lassen!«
»Ist das Ihr letztes Wort, Mr President?«, fragte Ann.
»Ja.«
Mark wollte etwas sagen, aber Ann kam ihm zuvor. »Wenn Sie darauf bestehen, an diesem Empfang teilzunehmen, dann muss ich anwesend sein. Wenn er es tatsächlich schafft, durch die Sicherheitskontrollen zu kommen, dann bin ich vielleicht die Einzige, die eine Chance hat, ihn rechtzeitig zu erkennen und aufzuhalten.«
Stanton setzte seine Brille auf und sah Ann lange an. »Sie sagen also, dass Sie die einzige Person sind, die mein Leben retten kann? Dass Sie besser sind als mein Geheimdienst?«
Ann hielt seinem Blick stand. »Ja, Mr President.«
»Der spinnt«, sagte Mark, nachdem sie das Weiße Haus verlassen hatten.
»Mag sein, aber er hat auch recht«, antwortete Ann. »Man muss sich einer solchen Bedrohung stellen. Wegrennen hilft nicht.«
Mark sah auf seine Uhr. »Wir müssen zurück zur Task-Force. Mittlerweile sollte Halberg verhaftet und schon ein bisschen vorgegrillt sein. Gegen den haben wir immerhin was in der Hand.«
Er berührte sie am Arm. »Du willst das doch nicht wirklich tun, oder?«
Sie sah ihn an. »Was würdest du an meiner Stelle tun?«
Mark nickte langsam.
Sie lächelte und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Siehst du.«
96
R aoul Ramirez wusste vor lauter Freude nicht, was er tun sollte. Über einen Monat lang hatte er gehofft und gebangt. Und jetzt war es Wirklichkeit geworden.
»Kann ich schon zu ihnen?«, fragte er den Mann, der neben ihm auf der Parkbank saß. Der Mann war groß, blond, gut gekleidet. Ramirez konnte seine Augen gar nicht abwenden von seiner Frau und seiner Tochter, die gerade eben aus einem Greyhoundbus gestiegen waren und ein wenig verloren am Busbahnhof herumstanden. Seine Frau sah auf ein Stück Papier hinunter, das sie aus ihrer Handtasche geholt hatte, und blickte sich um. Ramirez hoffte, dass sie ihn entdeckte, aber er war zu weit weg.
»Noch nicht.« Der Mann neben ihm griff in seine Brusttasche. Er holte Papiere heraus und zeigte sie Ramirez. »Das hier ist die Aufenthaltserlaubnis für Ihre Frau und Ihre Tochter. Sie sehen, wir halten unser Wort. Wir haben Ihnen gesagt, wir bringen beide her.« Er lächelte beruhigend. »Und da ist auch schon Ihr Cousin Costa. Sehen Sie?«
Ramirez nickte. Mit feuchten Augen beobachtete er, wie Maria die Arme um seinen Cousin warf und vor Freude weinte.
»Sie müssen nur diesen Koffer in den Geräteraum bringen, dann bekommen Sie die Papiere. Versprochen ist versprochen.« Der Mann hielt einen kleinen schwarzen Aluminiumkoffer hoch.
»Das ist doch nichts Unrechtes, oder?«, fragte Ramirez. Mit Mühe riss er den Blick von seiner Familie los und sah den Mann neben sich an.
Der Mann lachte. »Natürlich ist es etwas Unrechtes. Sonst bräuchten wir Sie nicht. Aber, sehen Sie ...« Der Mann öffnete den Koffer und zeigte Ramirez den Inhalt. Im ersten Moment sah es aus wie eine Bohrmaschine. Aber der Einsatz mit der Bohrmaschine ließ sich herausnehmen, der Raum darunter wurde von einem Computer ausgefüllt. »Industriespionage. Jeder macht das, unsere Konkurrenz tut es auch. Aber diesmal wollen wir verhindern, dass jemand uns zuvorkommt. Stellen Sie einfach den Koffer in den Raum für die Gartengeräte. Den Rest macht der Computer. Morgen bringen Sie ihn dann wieder mit, und Sie bekommen die Papiere. Einfach, oder?«
Ramirez betrachtete den Inhalt des Koffers. Der Computer sah kompliziert aus. »Wie kann ich sicher sein, dass es keine Bombe ist oder so was?«, fragte er leise.
Der Mann sah ihn erstaunt an, dann lachte er. Er machte den Koffer wieder zu und klopfte mit der Faust darauf. Fest. »Wenn das eine Bombe wäre, würde ich das dann tun?« Er lächelte. »Nein. Wir wollen nur die Gespräche von zwei Handynummern mitschneiden. Das ist alles.« Er klopfte Ramirez auf die Schulter. »Machen Sie sich keine Sorgen.«
»Sie wissen gar nicht, was es für mich bedeutet, dass ich meine Familie hier habe«, sagte Ramirez leise.
Der Mann lächelte aufmunternd. »Nun gehen Sie schon.«
Ramirez stand auf, nahm den Koffer und ging auf seine Familie zu. Der Mann beobachtete, wie Ramirez seine Frau umarmte und seine Tochter durch die
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