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Shana, das Wolfsmädchen

Shana, das Wolfsmädchen

Titel: Shana, das Wolfsmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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brauch was zu trinken.«
    Er ging an den Schrank.
    »Wo hast du den Whisky versteckt?«
    Es kam vor, dass ich Elliots Alkoholvorrat versteckte.
    Er machte mir keinen Vorwurf deswegen, aber er fand immer die Flasche, auch jetzt. Er griff unter den Ausguss und holte sie zwischen den Paketen von Seifenpulver hervor.
    »Da?«, fragte er. »Einfach da unten?«
    Es war fast ein Spiel zwischen uns. Ich biss mir auf die Lippen und schwieg.
    Er nahm zwei lange Schlucke aus der Flasche. Es wird wieder schlimmer, dachte ich.
    Er legte die Füße auf den Küchentisch. Draußen war Tauwetter und von Elliots Sohlen bröckelten kleine Stückchen getrockneter Schlamm.
    »Na sag schon, dass ich die Küche versaue«, knurrte er.
    Ich wandte den Blick ab.
    »Du änderst dich ja doch nicht.«
    Er nahm einen weiteren Schluck.
    »Aber ich habe es wenigstens versucht. Du kannst nicht behaupten, dass ich nicht alles versucht habe.«
    Ich entgegnete nichts. Er trank den Whisky in langen Schlucken. Whisky war teuer und er hatte kein Geld.
    Ich hatte Geld, aber das war gut versteckt, in der alten Blechbüchse unter meinem Bett. Das Geld würde er nie finden.
    »Und dieser Weiße da, der Jeff Morgan …«
    »Ja,« fragte ich, »was ist mit ihm?«
    »Der hat so viel Geld, dass er sich das Haus und die Sägerei leisten kann …«
    »Er trinkt wahrscheinlich nicht wie du.«
    Mein Vater schlug mich nie; ich konnte noch so frech sein, er reagierte nicht. Nur so hielt ich es bei ihm aus. Auch jetzt blieb er lange stumm. Schließlich sagte er: »Vorhin, als ich zurückkam, war mir richtig kalt … aber jetzt macht mich der Schnaps warm. Ich habe noch irgendwo eine Flasche. Wo ist sie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Er blinzelte mich mit zugekniffenen Augen an.
    »Warte du nur. Ich finde sie schon.«
    Im Wald auf der Lichtung erzählte ich der Wölfin, was ich erfahren hatte.
    »Das Haus ist verkauft, Lela. Es tut weh, weißt du. Jetzt sind andere Leute da. Weiße. Die reden anders, denken anders. Das Haus beginnt zu vergessen, wie es vorher war. Es passt sich den neuen Bewohnern an. Bald kennt es nur noch sie. Ich kann es nicht ändern, aber es macht mich traurig.«
    Lela, die Wölfin, saß nahe bei mir. Wir waren uns täglich – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Stück näher gekommen. Aber ich wagte es nicht, sie zu berühren. Der Frühlingswind zerzauste ihr Fell, ließ die einzelnen Haare in der Sonne glänzen. Aufmerksam saß sie da, die Ohren nach vorne gedreht, und lauschte. Als ich den Geigenkasten nahm und den Verschluss mit dem typischen Schnappgeräusch öffnete, zuckten die Ohren leicht hoch. Die Wölfin winselte, beklopfte den Boden mit dem Schwanz. Es sah wie eine Zustimmung aus.
    »Ich werde etwas Trauriges spielen«, sagte ich.
    »Heute kann ich nicht fröhlich sein. Das verstehst du doch?«
    Die Wölfin verfolgte wachsam jede Bewegung. Ich stimmte die Geige und spielte ein Präludium von Bach, indem ich die Töne in der Nähe des Griffbrettes spielte, wo die Klangfarbe blasser, zarter, pastellhafter tönt. Im Sonnenlicht glitzerte Blütenstaub, winzige Teilchen des Frühlings, die der Wind verstreute.
    Mich überkam ein seltsames Gefühl von Ermattung und Wehmut. Mir war, als ob die Wölfin und ich auf einer schwebenden, kreisenden Welt dahintrieben, eingeschlossen in der Lichtung wie in eine Kugel aus schillerndem Kristall. Und da, auf einmal, hob die Wölfin den Kopf und begann zu heulen. Ich fuhr zusammen, kam leicht aus dem Takt. Es war das erste Mal, dass sie in meiner Gegenwart heulte. Zuerst wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Doch mein feines Gehör übermittelte mir eine ganz erstaunliche Botschaft. Die Wölfin hatte – bewusst oder unbewusst – ihr Heulen der Musik angepasst. Sie heulte in der gleichen Tonlage, lang gezogen und weich. Ich spielte weiter, führte den Bogen sehr langsam, wendete die Arten des Vibratos in verschiedenen Abstufungen so an, dass auch ich mich der Klangfarbe ihres Gesanges anpasste. Mir kam in den Sinn, was Lela gesagt hatte: dass Geigenklänge der Tonlage heulender Wölfe am nächsten kommen. Es war eine Sache, die ich jetzt verstand. Und so musizierten wir zusammen, lange Zeit, bis ich erschöpft und aufgewühlt den Bogen senkte. Ich blickte die Wölfin an. In meinen Augen stiegen Tränen, ließen alle Umrisse nur verschwommen erkennen.
    »Lela …«, sagte ich leise. Und streckte die Hand aus. Durch den Tränenschleier sah ich, wie ein Schatten sich bewegte. Ein seltsamer Geruch

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