Shanera (German Edition)
verbringen?“
Zela vermittelte den Eindruck, dass dies allerdings ein schlimmes Schicksal sei. Sie holte tief Luft und setzte an, etwas zu erwidern, doch dann warf sie die Hände in die Luft, drehte sich um und stürmte aus dem Raum. Nach kurzem Zögern folgte ihr Koras.
Die allein zurückgebliebene Shanera seufzte.
„Tut mir leid.“, sagte sie zu Rey. „Wir hatten gerade eine kleine Meinungsverschiedenheit, bevor Ihr kamt.“
Rey nickte.
„Allerdings bin ich auch nicht gerade erfreut darüber, dass Ihr uns zu Eurer Basis entführen wollt.“, fuhr Shanera fort. „Und vor allem: Was passiert, wenn die Leute dort der Meinung sind, dass wir zu viel gesehen haben? Lassen sie uns dann einfach irgendwo verschwinden?“
„Um Himmels willen, nein!“ Rey schien ehrlich entsetzt zu sein. „Selbst wenn es so sein sollte und ihr dann unbedingt wieder nach Hause zurück wollt, gibt es die Möglichkeit, ein paar Eurer Erinnerungen etwas – sagen wir mal – unscharf zu machen. Danach könnt Ihr machen, was Ihr wollt.“
„Was? Und das findet Ihr in Ordnung? Ich will auf keinen Fall, dass an meinen Erinnerungen herumgepfuscht wird! Wer weiß, was ich dabei alles vergesse!“ Sie betastete nervös ihr Armband mit den winzigen Perlen.
„Ich glaube nicht, dass es dazu kommen wird.“, warf Kessy ein. „Es ist vielleicht besser, wenn wir die Diskussion erst mal unterbrechen. Im Moment sind wir alle etwas mitgenommen von den Ereignissen bei den Waldleuten.“ Sie warf Rey und Noor einen bittenden Blick zu.
Nach kurzem Zögern standen die beiden auf und verabschiedeten sich mit einem Nicken, bevor sie den Raum verließen. Shanera und Kessy blieben allein zurück.
Kessy wollte etwas sagen, aber Shanera kam ihr zuvor.
„Natürlich wollen wir wieder nach Hause.“, stellte die Kintari fest. „Vielleicht nicht alle sofort, aber früher oder später auf jeden Fall.“
Sie schaute der Ysren in die Augen. „Du kennst mich ein bisschen, Kessy. Ich werde mit meinem Wissen keine Revolution anstiften. Dazu ist es sowieso zu wenig und wir könnten niemals daran denken, etwas von den Dingen nachzuahmen, die wir bei Euch gesehen haben. Aber es ist nichts Unrechtes daran, meinen Leuten ein wenig die Augen zu öffnen, damit sie sehen, dass die Welt größer ist, als sie denken. Wenn Ihr das nicht wollt, hättet Ihr auf Eurem Planeten bleiben müssen.“
Sie berührte Kessy an der Hand. „Kessy, Du darfst nicht zulassen, dass Deine Leute uns festhalten oder unser Gedächtnis manipulieren!“
Kessy schluckte. „Ich will das auch nicht.“, sagte sie. „Aber ich bin es nicht, die entscheidet. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es wirklich passieren soll.“
„Aber wenn doch? Wenn alles klar wäre, müssten wir doch nicht mit Euch in diese Basis kommen. Ich weiß, dass Du nicht die Entscheidung fällst, aber Du kannst für uns sprechen. Und falls es wirklich Probleme gibt, hast Du die Möglichkeiten, uns auf andere Weise zu helfen. Wir brauchen Dich!“
Kessy sah sich nervös um. „Für jemanden, der mir beinahe die Nase gebrochen hat, verlangst Du ganz schön viel.“
„Ich weiß. Und das mit der Nase tut mir inzwischen noch mehr leid, seit ich Dich kenne. Aber es wäre nicht recht, uns festzuhalten oder uns unsere Erinnerungen zu nehmen. Das weißt Du doch auch, oder?“
„Ich weiß nicht genau, was ich denken soll. Aber ich werde mir die Sache durch den Kopf gehen lassen und auf jeden Fall ein gutes Wort für Euch einlegen.“
Shanera nickte. „Danke.“
Sie stand auf. „Ich werde jetzt erst mal nach Zela sehen, ob sie sich ein bisschen beruhigt hat. Um die paar Tage bis zur Basis kommen wir ja wohl nicht herum.“ Die Hintergrundgeräusche hatten sich verändert und sie meinte, ein leichtes Ungleichgewicht zu spüren. „Ich vermute mal, wir sind schon unterwegs?“
„Ja, sieht so aus.“, bestätigte Kessy. „Bitte sag Zela, dass ich glaube, dass sie bald wieder zu Hause sein wird.“
„Die Frage ist nur, ob sie das auch glaubt.“
*
Tag 25
Nach stillschweigender Übereinkunft gehörte der Frauenschlafraum tagsüber während der Reise den Kintari. Kessy hielt sich in der Küche auf oder war in dem Teil des Schiffes beschäftigt, der den Gästen nicht zugänglich war.
Shanera hatte nach den Erfahrungen mit den kleinen Fluggeräten halb damit gerechnet, dass auch ihr Flug nach Norden zur Basis in rasender Schnelle vorbei sein würde. Noor hatte ihr jedoch erklärt, dass sie unterwegs ein
Weitere Kostenlose Bücher