Shannara I
überholt. Er sank hinter ein niedriges Gebüsch und starrte hinaus. Wenn sie auf diesem Weg blieben, würden sie an einem größeren Strauchwerk weiter vorne vorbeikommen. Der Prinz von Leah sprang auf und raste davon in den Nebel, bis er die Trolle nicht mehr sehen konnte. Wenn sie ihn wahrgenommen hatten, war es aus mit ihm. Sie würden auf ihn gefaßt sein. Wenn nicht, wollte er seinen Hinterhalt in das Gebüsch verlegen und dann zum Fluß zurücklaufen. Er rannte über die Ebene zu den Sträuchern, wo er sich keuchend auf alle vier niederließ und vorsichtig durch die Zweige starrte.
Einen Augenblick lang gab es nichts zu sehen als Nebel und Regen, dann tauchten vier massige Gestalten auf und näherten sich seinem Versteck. Er warf den schweren, durchnäßten Jagdumhang ab. Er mußte schnell sein können, um den Trollen zu entwischen, sobald es ihm gelungen war, den Gefangenen zu befreien. Auch die großen Stiefel zog er aus. Das Schwert von Leah legte er neben sich auf den Boden, nachdem er es aus der Lederscheide gezogen hatte. Er griff nach dem großen Eschenholzbogen und nahm zwei lange, schwarze Pfeile aus dem Köcher. Die Trolle näherten sich rasch. Sie gingen zu zweit nebeneinander, und einer der vorderen Soldaten trug die schlaffe Gestalt des Gefangenen. Menion erhob sich langsam auf ein Knie, den Pfeil am Bogen, und wartete.
Die ahnungslosen Trolle hatten das Buschwerk fast erreicht, als der erste Pfeil sirrend von der Sehne flog und das Bein des Nordländers traf, der den Gefangenen trug. Mit einem Aufschrei ließ der Troll seine Bürde fallen und stürzte zu Boden. Im nächsten Augenblick schoß Menion den zweiten Pfeil ab und traf die Schulter des zweiten Trolls in der ersten Reihe, der herumgerissen wurde und mit den beiden anderen zusammenprallte.
Ohne Zögern sprang Menion aus dem Gebüsch und stürzte schreiend und das Schwert schwingend auf die fassungslosen Trolle zu. Sie waren von dem vorübergehend vergessenen Gefangenen ein, zwei Schritte zurückgetreten, und der wilde Angreifer wuchtete die schlaffe Gestalt mit einer Hand auf die Schulter, bevor die entgeisterten Nordländer reagieren konnten. Im nächsten Augenblick war er an ihnen vorbeigestürzt und hieb noch mit dem Schwert auf den Unterarm eines Trolls ein, der vergeblich versuchte, ihn aufzuhalten. Der Weg zum Mermidon war frei.
Zwei Trolle, der eine unverletzt, der andere leicht verwundet, nahmen sofort die Verfolgung auf und liefen durch den Regen. Ihre schwere Rüstung und deren großes Gewicht verlangsamten sie beträchtlich, aber sie waren doch schneller, als Menion erwartet hatte, und dazu frisch und ausgeruht. Selbst ohne Umhang und Stiefel konnte Menion nicht sehr schnell laufen, solange er den gefesselten Gefangenen tragen mußte. Der Regen wurde immer stärker und peitschte ihm entgegen, während er seinen schmerzenden Körper vorwärtstrieb. Mit weiten, raumgreifenden Schritten hetzte er durch das Gras, vorbei an Bäumen, um Büsche und wassergefüllte Löcher herum. Mehrmals stolperte und stürzte er auf die Knie, nur um sofort wieder aufzuspringen und weiterzulaufen.
Im weichen Gras waren scharfe Steine und dornige Pflanzen verborgen, so daß es nicht lange dauerte, bis seine nackten Füße aus Schnitt- und Stichwunden bluteten. Aber er spürte den Schmerz nicht und rannte weiter. Die weite Ebene allein war Zeugin des sonderbaren Rennens zwischen den riesigen, schwerfälligen Jägern und der schattenhaften Beute, als sie südwärts durch den strömenden Regen und eisigen Wind eilten. Sie liefen, ohne zu hören, zu sehen oder zu fühlen, und nichts störte die Stille als das Fauchen des böigen Windes in den Ohren der Laufenden.
Die Zeit hörte für den fliehenden Hochländer auf zu existieren, während er sich zwang, seine Beine anzutreiben, obwohl die Muskeln längst überfordert waren - und noch immer kein Fluß! Er schaute sich längst nicht mehr um, ob die Trolle näherkamen. Er konnte sie spüren, in seinem Inneren ihre keuchenden Atemzüge hören; sie holten rasch auf. Er mußte schneller werden! Er mußte den Fluß erreichen und Shea befreien!
In seiner fast völligen Erschöpfung betrachtete er die gefesselte, vermummte Gestalt unbewußt als seinen Freund. Er hatte, als er sie gepackt hatte, sofort gemerkt, daß sie schmächtig und klein war. Es sprach einiges dafür, daß es sich um den vermißten Talbewohner handelte. Der verschnürte Gefangene war wach und bewegte sich unruhig, während Menion
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