Shannara III
Der Fremde duckte sich und fintierte mit seinem Kurzschwert. Die Gnomen warfen einander einen raschen Blick zu und wichen zurück. Dann gewahrte einer Jair, der halb hinter Spinkser versteckt stand. Er ließ seinen Kameraden im Stich und tat einen Satz auf den Talbewohner zu. Aber zu Jairs Überraschung verstellte ihm Spinkser mit einem langen Messer in der Hand den Weg. Der Gnom heulte vor Wut auf angesichts des Verrats und riß seine eigene Waffe in die Höhe. Sechs Meter davon entfernt war der Fremde als wirbelnde Bewegung zu erkennen. Sein Arm streckte sich mit der unberechenbaren Geschwindigkeit einer Schlange, stieß nach vorne zu, und der Angreifer erstarrte mitten im Schritt, als ein langes Messer sich in seine Kehle bohrte. Er brach lautlos in sich zusammen.
Das genügte dem verbliebenen Gnomen. Ohne nach rechts oder links zu sehen, rannte er von der Lichtung weg und verschwand im Wald.
Nur Jair, Spinkser und der Fremde blieben übrig. Der Gnom und der Fremde musterten einander einen Augenblick lang wortlos mit gezückten Waffen. Der Wald um sie herum war still geworden.
»Ihr auch?« fragte der Fremde gelassen.
Spinkser schüttelte den Kopf. »Ich nicht.« Die Hand mit dem langen Messer sank an seiner Seite herab. »Ich weiß, wer Ihr seid.«
Der Fremde schien nicht überrascht, sondern nickte bloß. Mit seinem Schwert wies er auf die Gnomen, die ausgestreckt zwischen ihnen lagen. »Und was ist mit deinen Freunden?«
Spinkser wandte den Blick zu Boden. »Freunde? Doch nicht diese Kerle. Die Mißgeschicke des Krieges führten uns zusammen, und wir sind schon zu lange den gleichen Weg gegangen. Sie waren ein dümmlicher Haufen.« Seine dunklen Augen suchten den Blick des Fremden. »Für mich ist die Reise zu Ende. Zeit, eine andere Richtung einzuschlagen.«
Er faßte mit dem langen Messer nach hinten und durchtrennte Jairs Fesseln. Dann schob er das Schwert in die Scheide und zog den Knebel heraus.
»Sieht aus, als hättest du heute Glück gehabt, Junge«, knurrte er. »Du bist von Garet Jax gerettet worden.«
Kapitel 8
Selbst in einem winzigen Südland-Dorf wie Shady Vale hatte man von Garet Jax gehört.
Er war der Mann, den man den Waffenmeister nannte - ein Mann, dessen Geschicklichkeit im Nahkampf so hervorragend war, daß er nicht seinesgleichen haben sollte. Gleichgültig welche Waffen man wählte oder ob man nur mit Händen, Füßen und Körper kämpfte, er war besser als jeder lebende Mensch. Manche lobten ihn sogar noch höher - er wäre der beste, der jemals gelebt hätte.
Die Geschichten waren Legende. Wann immer die Gläser in den Stunden nach vollbrachtem Tagwerk kreisten, durch Reisende von weither in Dorfgasthäusern oder an Lagerfeuern und Kaminen, wenn die Nacht über die Versammelten niedersank und die Dunkelheit ein Band knüpfte, das irgendwie durch Gespräche verstärkt schien, dann wurden immer Geschichten von Garet Jax erzählt. Niemand wußte, woher er gekommen war; jener Teil seines Lebens blieb im Dunkel von Spekulationen und Gerüchten. Aber jeder kannte zumindest einen Ort, wo er gewesen war, und wußte eine Geschichte davon zu berichten. Die meisten von ihnen entsprachen der Wahrheit und waren von mehr als einem bezeugt, der dabeigewesen war. Einige waren allgemein bekannt und wurden im Südland und auch in Gegenden anderer Länder lang und breit erzählt.
Jair Ohmsford kannte sie alle auswendig.
Eine Geschichte, die älteste vielleicht, berichtete von Gnomenüberfällen in abgelegenen Dörfern von Callahorn in den östlichen Grenzgebieten. Nachdem sie von Grenzlegionen einmal zerschlagen waren, hatten die Räuber sich in kleine Grüppchen aufgeteilt - in den meisten Fällen Überreste von jeweils höchstens einem Dutzend Männern - welche die weniger befestigten Orte und Weiler weiterhin heimsuchten. Patrouillen der Legion zogen als Spähtrupps in regelmäßigen Zeitabständen durchs Land, aber die Räuber blieben in ihren Schlupflöchern, bis sie fort waren. Dann überfiel eines Tages eine Bande von zehn Männern ein Bauernhaus direkt südlich vom Zusammenfluß des Mermidons mit dem Rabb. Es war niemand da außer der Bauersfrau, kleinen Kindern und einem Fremden - selbst kaum mehr als ein Junge -, der dort Rast gemacht und gegen notwendige Hausarbeiten ein karges Mahl und ein Bett für die Nacht bekommen hatte. Er versteckte die Familie in einem Schutzkeller gegen Unwetter und trat den Räubern entgegen, als sie ins Haus einbrechen wollten. Er tötete acht von
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