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Shannara III

Titel: Shannara III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Zeit kahlgefegt und zerfressen war. Dann fiel sein Blick rasch, fast ängstlich zu der Stelle, wo die Felsmassen sich vor ihm teilten. Darunter lag das Schiefer-Tal, die Schwelle zur verbotenen Halle der Könige, der Heimstatt der Geister aller Zeitalter. Er stand an dessen Rand und hielt die schwarzen Gewänder eng um seine große, magere Gestalt geschlagen. Plötzliche Wehmut zeichnete sein Gesicht. Ein Wirrwarr schwarzer Steine, die wie undurchsichtiges Glas glänzten, zog sich zermahlen und blindlings verstreut zum Talboden und bildete einen zerklüfteten Weg. Inmitten der Steinwüste lag ein See, dessen trübes Gewässer von stumpfem, grünlichem Schwarz war und dessen Oberfläche in der leeren, windlosen Stille in trägem Sog kreiste - wie ein Kessel Brühe, den eine unsichtbare Hand langsam und mechanisch rührte.
    Vater, flüsterte er lautlos.
    Ein plötzliches Scharren von Stiefeln auf losen Steinen ließ ihn sich rasch umschauen, und er dachte wieder an die beiden, die mit ihm reisten. Sie tauchten nun aus dem Schatten der Felsen unten auf und blieben neben ihm stehen. Schweigend starrten sie in das öde Tal hinab.
    »Ist es das?« fragte Rone Leah knapp.
    Allanon nickte. Mißtrauen prägte die Worte des Hochländers und lauerte in seinen Augen. Es war stets offensichtlich. Er unternahm keinen Versuch, es zu verbergen.
    »Das Schiefer-Tal«, erklärte der Druide ruhig. Er setzte sich in Bewegung, den gewundenen Pfad über den steinübersäten Hang hinabzuklettern. »Wir müssen uns beeilen.«
    Mißtrauen und Argwohn standen auch in den Blicken des Mädchens aus dem Tal, obgleich es versuchte, sich diese Gefühle nicht anmerken zu lassen.
    Jene, die mit ihm reisten, waren stets voller Mißtrauen. Shea Ohmsford und Flick hatten es empfunden, als er sie auf die Suche nach dem Schwert von Shannara geführt hatte, und es hatte auch Wil Ohmsford und das Elfenmädchen Amberle geprägt, die er das Blutfeuer suchen ließ. Vielleicht war es berechtigt. Vertrauen war etwas, das man sich erwerben mußte, das niemand blindlings schenkte, und um es zu erwerben, mußte man offen und ehrlich sein. Das war er niemals - durfte es nicht sein. Er war der Hüter von Geheimnissen, die sich mit niemandem teilen ließen, und er mußte stets die Wahrheit verschleiern, denn Wahrheit ließ sich nicht erzählen, nur erfahren. Es war schwer, das, was er wußte, für sich zu behalten, doch anderweitig vorzugehen, hätte geheißen, das Vertrauen zu verspielen, das ihm geschenkt worden war, und das zu gewinnen er hart gearbeitet hatte.
    Sein Blick wanderte kurz zurück, um sich zu versichern, daß das Talmädchen und der Hochländer ihm folgten; dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den verstreut herumliegenden Steinen zu seinen Füßen zu, und er tat jeden Schritt in wohlerwogenem Schweigen. Es wäre leicht, das Vertrauen zu vertun, alles preiszugeben, was er vom Schicksal jener wußte, die er beriet, die Geheimnisse, die er wahrte, zu offenbaren und die Ereignisse auf eine andere Art bekannt werden zu lassen, als es ihm befohlen war.
    Doch er wußte, daß er dazu niemals in der Lage war. Er gehorchte einem höheren Lebens- und Pflichtengrundsatz. Das war sein Leben und seine Bestimmung. Wenn das bedeutete, daß er ihr Mißtrauen erdulden mußte, dann war daran nichts zu ändern. So hart es war, es stellte den notwendigen Preis dar.
    Aber ich bin so müde, dachte er. Vater, ich bin so müde.
    Am Grunde des Tales blieb er stehen. Das Mädchen aus Shady Vale und der Hochländer hielten neben ihm, und er drehte sich zur Seite und sah sie an. Ein Arm hob sich im Innern des dunklen Gewandes und wies auf die Gewässer des Sees.
    »Das Hadeshorn«, flüsterte er. »Dort erwartet mich mein Vater, und ich muß seinem Ruf folgen. Ihr bleibt hier stehen, bis ich euch rufe. Bewegt euch nicht von der Stelle. Was immer geschieht, rührt euch nicht. Bis auf euch und mich leben hier nur die Toten.«
    Keiner der beiden antwortete. Sie nickten zustimmend, und ihre Augen wanderten voller Unbehagen dorthin, wo die Wasser des Hadeshorn lautlos strudelten. Er betrachtete ihre Gesichter noch einen Augenblick lang eingehend, ehe er sich umdrehte und davonschritt.
    Ein seltsames Gefühl der Erwartung durchflutete ihn, als er sich dem See näherte, fast so, als wäre er am Ziel einer langen Reise angelangt. Als er zurückdachte, fand er, daß es wohl immer so war. Es war jenes seltsame Gefühl, nach Hause zu kommen. Paranor war einst der Sitz der Druiden

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