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Shannara IV

Titel: Shannara IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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vor der Zeit ihrer Großväter und Großmütter. Keiner hatte jemals einen Elfen zu Gesicht bekommen. Die meisten waren sich nicht sicher, daß es jemals welche gegeben hatte.
    Aus den Augenwinkeln gewahrte sie eine Bewegung, einen Schatten in der Schwüle der Ebene, worauf sie sich vorsichtig erhob. Regungslos verharrte sie unter der Eiche, während der Schatten Gestalt annahm und sich in Garth verwandelte. Der Fahrende, dem der Schweiß über den muskulösen Körper lief, kam auf sie zu. Er schien nicht einmal außer Atem; er glich einer niemals müde werdenden Maschine, der selbst die sengende sommerliche Hitze nichts anhaben konnte. Er machte ein kurzes Zeichen, schüttelte den Kopf. Wer sie auch verfolgte, er war ihm entkommen.
    Wren bückte sich und reichte ihm den Wasserschlauch. Während er trank, lehnte sie ihren schlanken Körper gegen die rauhe Rinde der Eiche und starrte hinaus auf die leere Ebene. In einer unbewußten Bewegung fuhr ihre Hand nach oben, um den kleinen ledernen Beutel zu berühren, den sie um den Hals trug. Gedankenverloren ließ sie den Inhalt durch ihre Finger gleiten. Die magischen Steine. Was für ein Glück würden sie ihr jetzt bringen?
    Ihr sonnengebräuntes Gesicht drückte Entschlossenheit aus, als sie ihr Unbehagen beiseite schob. Sie schätzte es nicht, wenn man sie verfolgte, und sie war entschlossen, dieser Verfolgung ein Ende zu machen. Sie würden ihre Reiseroute ändern, ihre Spuren beseitigen, ein- oder zweimal umkehren, die ganze Nacht reiten, sofern dies notwendig werden sollte, und damit ihren Schatten ein für allemal abschütteln.
     
    Vorsichtig trat Walker Boh in die Halle der Könige, zwischen den riesigen steinernen Wächtern, die den Eingang der Höhle bewachten, in die dahinterliegende Finsternis. Hier blieb er stehen, um seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Er gewahrte Licht, ein grünliches Leuchten, das von den Felsen ausging. Er würde also keine Fackel anzünden müssen, um seinen Weg zu finden.
    Einen Augenblick sah er ein Bild der Höhlen vor seinem geistigen Auge, eine Nachbildung dessen, was er zu sehen erwartete. Cogline hatte sie ihm vor langer Zeit auf Papier aufgezeichnet. Der alte Mann war nie selbst in den Höhlen gewesen, aber andere Druiden sehr wohl, darunter auch Allanon, und Cogline hatte die Karten studiert, die sie gezeichnet hatten, und seinen Schülern deren Geheimnisse offenbart. Walker war zuversichtlich, daß er den Weg finden würde.
    Er ging los.
    Der Gang war breit und glatt, und weder zu seinen Füßen noch an den Wänden sah er scharfkantige Vorsprünge oder Ritzen. In der fast vollkommenen Dunkelheit herrschte ein Schweigen, in dem nur das schwache Echo seiner Schritte zu hören war. Die Luft ließ ihn frösteln; sie strahlte eine Kälte aus, die seit Jahrhunderten in dem Felsgestein lagerte und durch nichts zu vertreiben war. Unerfreuliche Gefühle beschlichen ihn - Einsamkeit, Sinnlosigkeit. Die Höhlen gaben ihm zudem das Gefühl, winzig klein zu sein; sie machten ihn zum Nichts, zu einer Kreatur, deren bloße Anwesenheit an diesem uralten, verbotenen Ort einer Beleidigung gleichkam. Er kämpfte gegen die Gefühle an, da er begriff, wie verwundbar sie ihn machten.
    Bald darauf erreichte er die Höhle der Sphinxe. Wieder blieb er stehen, dieses Mal, um sich tief drinnen, wo die steinerne Macht ihn nicht erreichen konnte, zu sammeln. Als er bereit war, schritt er vorwärts. Er hielt seine Augen auf den staubigen Boden gerichtet.
    Im Geiste sah er, wie die Sphinxe drohend über ihm aufragten, riesige steinerne Gestalten, die von der gleichen Hand geschaffen waren wie die Wächter. Die Sphinxe, so hieß es, hatten menschliche Gesichter, aber die Leiber von Tieren, die aus einem anderen Zeitalter stammten und die kein lebendiges Wesen je zu Gesicht bekommen hatte. Sie waren alt, so unbeschreiblich alt, daß eines ihrer Leben Hunderten von Leben sterblicher Menschen gleichkam. So viele Monarchen hatten unter ihrem Blick regiert, um dann in ihren Felsengräbern zur ewigen Ruhe gebettet zu werden.
    »Sieh uns an«, flüsterten sie. »Schau, wie herrlich wir sind!«
    Er spürte ihre Augen auf sich ruhen, hörte das Flüstern ihrer Stimmen in seinem Geist, fühlte, wie sie an den Schutzschichten, die er um sich gelegt hatte, zogen und zerrten, während sie ihn anflehten, den Blick zu heben. Er bewegte sich jetzt schneller, mühte sich, das Geflüster zu verscheuchen, widerstand dem Drang, ihnen zu gehorchen. Die steinernen

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