Shannara IV
mehr.« Er hob den Kopf, und seine Augen leuchteten wild. »Falls es eine Magie gibt, die von den Ketten der Zeit befreit werden kann, falls es immer noch Druiden gibt, Geister oder Ähnliches, die dazu in der Lage sind, dann gibt es vielleicht eine Möglichkeit, mein Land und mein Volk zu befreien - Möglichkeiten, von denen wir bisher noch nichts ahnten. Wenn wir diese Möglichkeiten entdecken, dann müssen sie dazu benutzt werden, meinem Volk und meinem Land zu helfen.« Er schwieg. »Ich will, daß ihr ein Versprechen ablegt.«
Eine lange Stille erfüllte den Raum, während seine Zuhörer einander ansahen.
Dann sagte Par leise: »Ich schäme mich für das Südland, wenn ich sehe, was hier geschehen ist. Ich kann es einfach nicht begreifen. Falls wir irgend etwas entdecken, das den Zwergen ihre Freiheit wiedergeben könnte, werden wir davon Gebrauch machen.«
»Das werden wir«, bestätigte Coll, und auch Morgan Leah nickte.
Steff holte tief Luft. »Wir haben also eine Abmachung. Ich werde euch zu Walker Boh bringen - das heißt Teel und ich, denn wo ich hingehe, geht auch sie hin.« Er sah von einem zum anderen. »Wir werden ungefähr einen Tag brauchen, um alles Notwendige zusammenzupacken und einige Erkundigungen einzuziehen. Obwohl es unnötig ist, erinnere ich euch trotzdem daran, wie schwierig und gefährlich diese Reise höchstwahrscheinlich sein wird. Geht zu Elise zurück und ruht euch aus. Teel wird euch hinbringen. Wenn alle Vorbereitungen getroffen sind, schicke ich nach euch.«
Sie erhoben sich, und der Zwerg umarmte Morgan, lächelte dann unerwartet und schlug ihm auf die Schulter. »Du und ich, Hochländer - egal, wer da draußen lauert, vor uns muß er sich hüten!« Er lachte, und sein Lachen hallte im ganzen Raum wider.
Teel beobachtete sie mit Augen, die so kalt schienen wie Eis.
Kapitel 8
Zwei Tage vergingen, ohne daß sie eine Nachricht von Steff erhielten. Par und Coll Ohmsford und Morgan Leah verbrachten ihre Zeit im Waisenhaus damit, daß sie einige notwendige Reparaturen an dem alten Haus ausführten und Elise und Jilt bei den Kindern halfen. Es waren warme Tage, gerade richtig zum Faulenzen, die vom Klang der Kinderstimmen erfüllt waren. Die Welt innerhalb der Mauern des weiträumigen Hauses und des schattigen Gartens hatte nichts gemein mit der Welt, die draußen war. Hier gab es Essen, warme Betten, Behaglichkeit und Liebe. Der Rest der Stadt verblaßte zu unangenehmen Erinnerungen - die Hütten, die gebrochenen Menschen, die verwahrlosten Kinder, die fehlenden Mütter und Väter, die niedergeschlagenen Blicke und das Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Par dachte mehrere Male daran, das Waisenhaus zu verlassen und noch einmal durch die Straßen von Culhaven zu gehen; auf keinen Fall wollte er fort, ohne sich noch einmal den Anblick eingeprägt zu haben, der, das wußte er, ihm immer im Gedächtnis bleiben würde. Aber die alten Frauen rieten ihm ab. Es war zu gefährlich, in der Stadt herumzuspazieren. Unabsichtlich hätte er Aufmerksamkeit erregen können. Es war besser, hier zu bleiben und die Welt draußen so zu belassen, wie sie war; beide Welten mußten allein ihr Bestes versuchen.
»Es gibt nichts, was wir tun könnten, um das Elend der Zwerge zu lindern«, erklärte Jilt bitter. »Denn dieses Elend hat bereits tiefe Wurzeln geschlagen.«
Par befolgte ihren Rat, fühlte sich aber unglücklich. Der innere Zwiespalt quälte ihn. Er konnte nicht so tun, als wüßte er nicht, was mit den Menschen in der Stadt geschah.
Am dritten Tag ihres Wartens marschierte frühmorgens eine Abteilung der Föderationssoldaten die Straße herauf und in den Hof herein. Ihr Führer war ein Sucher. Elise schickte die Talbewohner und den Hochländer auf den Dachboden und ging mit Jilt nach draußen, um den Besuchern entgegenzutreten. Vom Dachboden aus beobachteten die drei Versteckten, was geschah. Die Kinder mußten sich auf der Veranda in Reih und Glied aufstellen. Obwohl sie alle noch zu klein waren, als daß sie jemandem hätten von Nutzen sein können, wurden drei davon ausgesucht. Elise erhob Einwände, aber sie konnte nichts ausrichten. Sie und Jilt waren gezwungen, hilflos mitanzusehen, wie die drei fortgeführt wurden.
Danach waren alle niedergedrückt, selbst die lebhaftesten der Kinder. Jilt zog sich an ein Fenster zurück, von wo sie, während sie an ihrer Stickerei weiterarbeitete, den vorderen Teil des Hofes überblicken und die Kinder im Auge behalten konnte. Sie sprach mit
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