Shannara IV
breiten sich mit einer Unaufhaltsamkeit in den Vier Ländern aus, die so sicher ist, wie der Tag auf die Nacht folgt.«
Die Stimme verklang, während die schmalen Hände des Geistes eine Vision seiner Worte erstehen ließen, die einen Augenblick wie ein farbiges Gemälde in der Finsternis schwebte. Die Träume, die er geschickt hatte, wurden lebendig, wurden zu Bildern alptraumhaften Wahnsinns. Dann verblaßten sie und waren verschwunden.
Die Stimme flüsterte lautlos: »So soll es sein, wenn ihr nicht auf der Hut seid.«
Par spürte, wie die Worte in seinem Körper nachhallten wie das Beben der Erde. Er wollte die anderen anschauen, wollte den Ausdruck ihrer Gesichter sehen, aber die Stimme des Geistes hielt ihn gefangen.
Nicht jedoch Walker Boh. Seine Stimme war so frostig wie die des Geistes. »Sag uns, was du willst, Allanon! Bring’s hinter dich!«
Allanons Blick wandte sich der dunklen Gestalt zu und blieb auf ihr haften. Walker Boh trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Der Geist sprach weiter.
»Vernichtet die Schattenwesen! Sie verderben die Menschen der Rassen, bemächtigen sich ihrer Körper, nehmen nach Belieben ihre Gestalt an, werden eins mit ihnen, benutzen sie, verwandeln sie in mißgestaltete Riesen und irre Waldfrauen, die ihr bereits kennt, und in noch Schlimmeres. Niemand gebietet ihnen Einhalt. Keiner wird Einhalt gebieten, wenn nicht ihr -«
»Aber was sollen wir tun?« fragte Par sogleich, fast ohne zu überlegen.
Der Geist war, als er zuerst erschienen war, stark und kräftig gewesen, ein Geist, der noch einmal des Lebens Fülle gekostet hatte. Aber jetzt begannen seine Umrisse zu verblassen, und der, der einst Allanon gewesen war, schien nur noch mit der durchscheinenden und flüchtigen Vergänglichkeit von Rauch vor ihnen zu stehen.
»Kind von Shannara. Es gibt ein Gleichgewicht, das wieder hergestellt werden muß, bevor die Schattenwesen vernichtet werden können - nicht nur für eine bestimmte Zeit, nicht nur in diesem Zeitalter, sondern für immer. Magie wird gebraucht. Magie, um dem Mißbrauch des Lebens ein Ende zu setzen. Magie, um die menschliche Existenz in der sterblichen Welt wiederherzustellen. Diese Magie ist euer Erbe - deines wie das von Wren und Walker. Ihr müßt es anerkennen und annehmen.«
Die Wasser des Hadeshorn-Sees fingen wieder an sich zu bewegen, und die Mitglieder der kleinen Gruppe wurden durch sein Schäumen und Spritzen zurückgetrieben - nicht jedoch Cogline, der mit gebeugtem Haupt wie ein Fels vor den anderen stand.
Der Schatten von Allanon schien sich noch einmal gegen die Nacht durchzusetzen und hob sich vor ihren Augen empor. Die Gewänder breiteten sich aus. Die Augen des Schattens richteten sich auf Par, und der Talbewohner spürte, wie ein unsichtbarer Finger sich in seine Brust bohrte.
»Par Ohmsford, Träger der Verheißung, Sänger des Wunschlieds, ich trage dir auf, das Schwert von Shannara zu suchen. Denn nur durch das Schwert kann die Wahrheit enthüllt werden, und nur durch die Wahrheit können die Schattenwesen überwunden werden. Nimm das Schwert, Par, und gebrauche es so, wie dein Herz es dir befiehlt - du sollst der sein, der die Wahrheit über die Schattenwesen enthüllt.«
Die Augen wanderten weiter.
»Wren, deine Aufgabe ist von gleicher Wichtigkeit. Die Länder und ihre Menschen können nicht ohne die Zauberkraft der Elfen geheilt werden. Finde sie und bring sie zurück in die Welt der Menschen. Nur dann kann die Krankheit ein Ende nehmen.«
Der Hadeshorn-See brach mit einem dröhnenden Grollen aus.
»Walker Boh, der du ohne Glauben bist, suche diesen Glauben und erhalte ihn dir. Begib dich auf die Suche nach den Heilmitteln, die nötig sind, damit die Länder gesunden. Mache dich auf die Suche nach dem verschwundenen Paranor und gib den Ländern die Druiden wieder.«
Erstaunen spiegelte sich in allen Gesichtern, und einen Augenblick erstickte es den Zweifel. Dann schrien alle wild durcheinander, aber die Schreie verstummten, als die Arme des Geistes in einer Bewegung nach oben fuhren, die die Erde erneut erzittern ließ. »Haltet ein!«
Die Wasser des Hadeshorn-Sees schäumten und spritzten hinter ihm, als er die Gruppe anblickte. Im Osten wurde es bereits hell.
Die Stimme des Geistes war wieder ein Flüstern.
»Ihr wollt mehr wissen. Aber ich habe euch gesagt, was ich weiß. Mehr kann ich euch nicht sagen. Die Macht, über die ich im Leben verfügt habe, flieht mich im Tode. Es ist mir nur gestattet, Teile der
Weitere Kostenlose Bücher