Shannara V
Getreidemühlenkeller erstreckte sich niedrig und eng zu der dunklen Öffnung hin, Staubteilchen tanzten in der dämmrigen Luft wie ein Nebel und verwandelten alles in Schatten. Par schaute erneut zu der Falltür hinauf und dann zurück zum Keller.
Er war gefangen.
Er preßte seine Lippen fest zusammen. Schweiß rann von der Anstrengung und der Angst seinen Körper hinab, und seine Haut zog sich zusammen.
Wer war dort hinten?
Wer war es, der seinen Namen kannte?
Er dachte wieder an Damson und fragte sich, wo sie war, was aus ihr geworden und ob sie in Sicherheit war. Wenn sie gefangengenommen worden war, dann war er der einzige, mit dem sie noch rechnen konnte. Er konnte sich nicht fangen lassen, denn dann wäre niemand mehr da, der ihr helfen konnte. Oder ihm. Damson. Er sah ihr flammend rotes Haar vor sich, den besonderen Zug um ihren Mund, wenn sie ihn anlächelte, und das Strahlen ihrer grünen Augen. Er konnte ihre Stimme und ihr Lachen hören. Er konnte spüren, wie sie ihn berührte. Er erinnerte sich daran, wie sie darum gekämpft hatte, sein Leben zu retten und ihn dem Wahnsinn zu entreißen, der sich nach Colls Tod seiner bemächtigen wollte.
Die Gefühle, die ihn in diesem Augenblick überwältigten, waren so intensiv, daß er sie fast hinausgeschrien hätte.
Zorn und Entschlossenheit traten an die Stelle seiner Angst. Er griff hinter sich und begann das Schwert von Shannara herauszuziehen, ließ es dann aber wieder in seine Scheide zurückgleiten. Das Schwert war für andere Dinge gedacht. Er würde seine Magie gebrauchen, obwohl sie ihn jetzt ängstigte wie ein alter Freund, der plötzlich fremd und unvertraut geworden ist. Die Magie war unzuverlässig, phantastisch und gefährlich.
Und völlig nutzlos, wie er plötzlich erkannte, wenn sein Gegner ein Mensch war.
Seine Gedanken zerstreuten sich und ließen ihn ohne Hoffnung zurück. Er griff ein zweites Mal hinter sich und zog das Schwert heraus. Es war immerhin seine einzige Waffe.
Ein Schatten erschien am Eingang des Tunnels, und Atem wurde in der plötzlichen Stille leise hörbar. Dort erschien eine verhüllte Gestalt dunkel und ohne bestimmte Züge im schwächer werdenden Licht. Anscheinend war es ein Mann, größer als Par und auch breiter.
Der Mann trat aus der Dunkelheit heraus und richtete sich auf. Er ging weiter und blieb dann plötzlich stehen, sah Par auf der Kellertreppe, mit der Waffe in der Hand. Das lange Messer in seiner eigenen Hand schimmerte dumpf. Einen Moment lang standen sie einander gegenüber, ohne sich zu bewegen, und versuchten, den anderen zu erkennen.
Dann hob der Eindringling langsam die Hände und streifte die Kapuze seines staubigen, schwarzen Umhangs zurück.
Kapitel 57
Triss richtete sich auf. Seine Bewegungen waren auf einmal schwerfällig und steif. Sie sahen einander schweigend an, der Hauptmann der Leibgarde, Wren und Garth, ohne ihre Gesichter im Dunkel voller Vog erkennen zu können. Sie standen wie Statuen um die zusammengekrümmte Gestalt von Dal herum, als seien sie als Wachtposten um ihn herum aufgestellt worden und eingefroren in der Zeit. Sie waren die einzigen, die von jenen neun übriggeblieben waren, die aus Killeshans Schatten aufgebrochen waren, um Arborlon und die Elfen aus ihrem vulkanischen Grab wieder in ein Leben in den Wäldern des Westlandes zurückzubringen. Drei, machte sich Wren in ihrer Seelenqual deutlich, denn Gavilan war für so sicher verloren, wie sie sich ihrer eigenen Schuld bewußt war.
Wie hatte sie so dumm sein können?
Triss bewegte sich plötzlich und warf die imaginären Fesseln ab. Er machte ein paar Schritte und beugte sich hinab, um den Boden zu untersuchen. Dann richtete er sich wieder auf und schüttelte den Kopf. »Wer könnte das getan haben? Es muß Spuren geben…« Er schleppte sich davon.
Wren und Garth tauschten einen Blick. Triss wußte es offenbar noch immer nicht. »Es war Gavilan«, sagte sie leise.
»Gavilan?« Der Hauptmann der Leibgarde wandte sich um. Er sah sie offen an.
»Gavilan Elessedil«, wiederholte sie. Sie gebrauchte seinen vollen Namen in der Hoffnung, daß dadurch für sie real werden würde, was geschehen war. Faun zitterte auf ihrer Schulter noch immer. »Er hat Dal getötet und den Ruhkstab mitgenommen.«
Triss rührte sich nicht. »Nein«, sagte er sofort. »Eure Hoheit, das kann nicht passiert sein. Ihr irrt Euch. Gavilan ist ein Elf, und kein Elf würde einem anderen Schaden zufügen. Und außerdem ist er ein Prinz von
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