Shannara VII
Licht sein Gesicht. Jerle Shannara holte tief Luft. Es war der Druide Bremen.
»Ich hatte dich schon aufgegeben«, flüsterte Jerle. Es war eindeutig, welche Erleichterung er empfand. »Wir alle hatten dich aufgegeben.«
Das Lächeln des alten Mannes war bitter. »Ihr hattet Grund dazu. Es hat lange gedauert, um euch zu erreichen, beinahe so lange, wie es dauerte herauszufinden, daß du es bist, den ich suchte.« Er griff in seinen nassen Umhang und holte ein langes, schmales Bündel heraus. Es war in dunkles Tuch gewickelt. »Ich habe dir etwas mitgebracht.«
Jerle Shannara nickte. »Ich weiß.« Er steckte sein halb gezogenes Schwert in die Scheide zurück.
Überraschung trat in die scharfen Augen des Druiden. Er sah seinen Begleiter an. »Allanon.« Der Junge zog ebenfalls seine Kapuze zurück. Mit seinen dunklen Augen starrte er den Elfenkönig scharf an, aber seine Miene verriet nichts. »Zieh deinen Umhang aus und warte vor der Tür. Bitte darum, daß uns niemand stört, ehe diese Unterhaltung beendet ist. Sag ihnen, der König hat es so befohlen.«
Der Junge nickte und ließ den Umhang von den Schultern gleiten. Dann hängte er ihn an einem Kleiderständer auf, schlüpfte durch die Tür und war verschwunden.
Bremen und Jerle Shannara standen alleine im Arbeitszimmer des Königs. Die Karten lagen immer noch verstreut auf dem Boden. Sie blickten sich an. »Es war eine lange Zeit, Jerle.«
Der König seufzte. »Ich schätze, das war es. Fünf Jahre? Vielleicht länger?«
»Lange genug, um die Züge deines Gesichtes zu vergessen. Oder vielleicht bist du auch einfach nur älter geworden, wie wir alle.« Das Lächeln kam und verschwand in dem Zwielicht. »Sag mir, was du von meinem Besuch weißt.«
Jerle sah zu, wie der andere seinen Umhang abnahm und ihn müde zur Seite warf. »Ich weiß, daß du mir ein Schwert bringen wirst, das mit Magie geschmiedet wurde, und daß ich es im Kampf gegen den Dämonenlord tragen soll.« Er zögerte. »Ist das wahr? Bringst du mir eine solche Waffe?«
Der alte Mann nickte. »Ja.« Er nahm das mit Stoff umwickelte Bündel und legte es vorsichtig auf den Tisch. »Aber ich war nicht sicher, daß es für dich gedacht war. Ich wußte es erst, als ich dich dort stehen sah - bereit, mir einen Hieb mit dem Schwert zu versetzen, das zur Hälfte aus der Scheide ragte. In diesem Augenblick wußte ich, daß du derjenige sein würdest. Ich habe vor einigen Wochen am Hadeshorn eine Vision gesehen, wie du das Schwert gehalten hast, aber ich hatte dich nicht erkannt. Hat Tay Trefenwyd dir von der Vision erzählt?«
»Ja, das hat er. Aber auch er wußte nicht, daß das Schwert für mich gedacht war. Es war der Lokat Vree Erreden, der mich darüber aufgeklärt hat. Er sah in einer eigenen Vision, wie ich das Schwert hielt. Der Griff war mit dem Emblem einer brennenden Fackel versehen, die von einer Hand gehalten wird. Tay sagte, es seien die Insignien der Druiden.«
»Ein Lokat?« Bremen schüttelte den Kopf. »Ich dachte, es wäre Tay gewesen, der…«
»Nein. Tay Trefenwyd ist tot. Er wurde vor Wochen in den Grimmzacken getötet.« Die Stimme des Elfenkönigs klang jetzt hastig und erregt, und die Worte sprudelten nur so heraus. »Ich war bei ihm. Wir waren ausgezogen, um den Schwarzen Elfenstein zu suchen, wie du uns aufgetragen hattest. Wir fanden den Stein, aber die Wesen des Dämonenlords fanden uns auch. Wir waren nur zu fünft, und sie waren hundert. Auch Schädelträger waren dabei. Tay wußte, daß es unser Untergang gewesen wäre. Er hatte seine eigene Magie bereits dafür gebraucht, um den Elfenstein zu holen, und daher benutzte er…«
Dem König fehlten die Worte. Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen traten und seine Kehle sich zuschnürte. Er konnte nicht weitersprechen.
»Er benutzte den Schwarzen Elfenstein und wurde von ihm zerstört«, beendete der alte Mann den Satz. Seine Stimme war so leise, daß man sie kaum hören konnte. »Obwohl ich ihn gewarnt hatte. Obwohl er wußte, was geschehen würde.« Er verschränkte die müden, alten Hände. »Weil er es tun mußte. Weil er nicht anders handeln konnte.« Sie standen einander stumm gegenüber, den Blick abgewandt. Dann bückte Jerle sich und begann, die verstreuten Karten wieder aufzuheben und auf den Tisch neben das Bündel zu legen. Der alte Mann sah ihm einen Augenblick zu, dann bückte auch er sich, um ihm zu helfen. Als die Karten wieder an Ort und Stelle waren, umfaßte Bremen die Hände des Königs mit
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