Shannara VIII
an. Bek konnte die Augen des Gestaltwandlers in der dunklen Kapuze nicht sehen, aber er spürte den harten Blick. Eine Weile lang antwortete Truls nicht, sondern schaute Bek nur an.
»Tu das nicht«, sagte er schließlich.
Bek schüttelte den Kopf. »Ich muss. Das weißt du.«
»Du wirst das nicht überleben.«
»Dann kannst du endlich mit meiner Schwester machen, was du willst, Truls.« Er sah den Gestaltwandler trotzig an. »Ich werde dich nicht mehr zurückhalten.«
Erneut verstrichen lange Sekunden des Schweigens. Bek schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und spürte, wie ihm eine Schweißperle über die Stirn lief. Ihm war heiß geworden.
Der Gestaltwandler verharrte noch einen Moment still und starrte Bek an. »Also schön«, sagte er schließlich, heiser vor Wut. »Ich habe alles gesagt, was ich zu sagen hatte. Wenn du bei ihr bleiben willst, bitte schön.« Er wandte sich ab. »Ich werde den Caull ablenken. Vielleicht hilft dir das, allerdings bezweifle ich es. Viel Glück, Junge.«
Bek beobachtete Truls Rohk, der nun im Zickzack den flachen Hang hinunterlief, mit der Grazie und der sicheren Bewegung einer Moorkatze. Obwohl eigentlich verunstaltet und ein Irrtum der Natur, bot er nichtsdestoweniger einen wunderschönen Anblick. Bek konnte sich nicht vorstellen, dass der Gestaltwandler ihn wirklich im Stich lassen würde. Seit Beginn dieser Reise im fernen Wolfsktaag hatten sie sich nicht mehr getrennt. Truls hatte ihn aus mehreren Notsituationen gerettet, Bek vermochte sie kaum zu zählen, und er hatte ihm dabei geholfen, sein Erbe und sein Schicksal zu finden und es für sich zu akzeptieren. Gewiss waren sie nicht immer einer Meinung gewesen, und zwischen ihnen hatte auch häufig ein gewisses Misstrauen bestanden, aber ihr Bündnis hatte sich für beide ausgezahlt. Es war erschütternd, nun das Ende dieses Paktes mitzuerleben. Bek sah zu, wie Truls davonging, und konnte es dennoch nicht fassen. Es fühlte sich an, als würde der Gestaltwandler einen Teil von ihm mitnehmen. Seine Zuversicht. Seinen Mut.
Truls, hätte er ihm am liebsten hinterhergerufen, geh nicht. Der Caull fuhr herum und schaute dem Gestaltwandler zu; den kräftigen Körper hielt er geduckt und angespannt. Bek setzte Grianne vorsichtig hinter sich auf der Erde ab, dann drehte er sich wieder um und machte sich bereit, sie zu verteidigen. Wenn der Caull zuschlagen wollte, würde er es bald tun. Bek würde nur eine einzige Chance erhalten.
Und selbst die bekam er nicht. Ehe er so weit war, griff der Caull an, sprang mit unglaublicher Geschwindigkeit auf, setzte über den Bach hinweg und preschte den Hang hinauf. Bek wäre im nächsten Augenblick tot gewesen, hätte nicht Truls eingegriffen, der noch schneller war. So schnell, dass er einfach einen Ort zu verlassen und an einem anderen aufzutauchen schien. Der Gestaltwandler rammte dem Caull die Schulter in die Seite und warf ihn um.
Dann stürzte er sich auf das Untier, und, selbst wild wie ein Tier, fauchte er so wütend, dass Bek einen Augenblick nicht sicher zu sagen wusste, ob es überhaupt Truls war. Der Gestaltwandler stach mit Waffen nach dem Caull, die Bek nicht sehen konnte - Waffen, die er unter seinem Mantel verbarg oder die er aus seinen groben und verdrehten Knochen bildete, aus denen sein verunstalteter Körper zusammengesetzt war. Wie auch immer, sie zeigten jedenfalls Wirkung. Fetzen und Teile des Caulls flogen durch die Luft, tintengrünes Blut spritzte in alle Richtungen. Die Rivalen bewegten sich ringend durch das ganze Tal, ließen nicht voneinander ab und hatten beide nur ein einziges Ziel: In diesem verzweifelten Kampf den anderen zu töten.
Bek erhob sich wieder und erinnerte sich daran, das Wunschlied einzusetzen, aber ihm fiel keine Möglichkeit ein, es sinnvoll zu verwenden. Der Gestaltwandler und der Caull waren so ineinander verknäult, dass Bek beide treffen würde, wenn er seine Magie benutzte. Also rannte Bek rechts und links neben den Streithähnen her und suchte nach einer Chance einzugreifen, die sich ihm jedoch nie bot.
»Truls!«, schrie er hilflos.
Rote Blutfontänen spritzten aus dem Gewirr hervor, das menschliche Blut des Gestaltwandlers kam aus einer Wunde irgendwo unter dem alles verhüllenden Mantel hervor, wo Bek sie nicht sehen konnte. Er hörte jedoch, wie Truls vor Schmerz wütend fauchte und dann den Caull mit erneutem Zorn angriff und zu Boden warf. Der Caull stieß einen Schrei aus, der klang wie
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